Entwicklungshilfe

Ein „pathologisches Gleichgewicht“ zwischen Mosambik und…

Auf die Frage, ob die mosambikanische Regierung verantwortungsvoll mit der ihr gewährten Budgethilfe umgehe, reagierte der Vertreter einer ausländischen Entwicklungsorganisation mit einem gequälten Lächeln. „Ich fürchte, die lachen sich schlapp hinter unserem Rücken“, lautete die Antwort während eines Treffens letztes Jahr in einer Hotelbar in der Hauptstadt Maputo. Was so viel heißen sollte wie: Die Geber überweisen das Geld, können letztlich aber nicht kontrollieren, was der mosambikanische Partner im Detail damit anstellt.

Aber wollen die Geber es so genau überhaupt wissen? Nein, behauptet eine neue Studie der Fakultät für Internationale Beziehungen an der Oxford University. Das Verhältnis zwischen Mosambik und seinen Förderern ist komplizierter, als es auf den ersten Blick scheint, heißt es darin. Die Geber brauchen Mosambik als Erfolgsgeschichte. Um den Partner nicht zu vergrätzen, übersehen sie es auch schon mal, wenn bestimmte Cliquen innerhalb der mosambikanischen Regierungspartei Frelimo in die eigene Tasche wirtschaften. Die Frelimo-Elite wiederum macht im Großen und Ganzen das, was die Geber ihr sagen, solange nur die Entwicklungshilfe fließt und zu ihrem guten Auskommen beiträgt. Die Autoren der Studie, Paolo de Renzio und Joseph Hanlon, bezeichnen das als „pathologisches Gleichgewicht“ zwischen Gebern und mosambikanischer Regierung.

Mosambik ist seit Jahrzehnten eines der Lieblingskinder internationaler Entwicklungshilfe (siehe dazu den Beitrag auf S. 92 in diesem Heft). Die Frelimo habe schon in ihrer Zeit als Befreiungsbewegung gelernt, Unterstützer zu gewinnen und durch Verhandlungsgeschick an sich zu binden. Die Fähigkeit der Frelimo, sich den wandelnden Wünschen ihrer Geldgeber anzupassen, zeigt sich für de Renzio und Hanlon zum Beispiel im plötzlichen Schwenk von einem sozialistischen zu einem kapitalistischen Wirtschaftsmodell nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.

Seitdem folgt die Regierung weitgehend dem von den Gebern vorgezeichneten marktwirtschaftlichen Entwicklungspfad. Einen eigenen Plan habe sie nicht; Beleg dafür, so die Studie, seien zum Beispiel die beiden bisher vorgelegten Strategiepapiere zur Armutsbekämpfung, die ziemlich genau den jeweiligen Stand der internationalen Entwicklungsdebatte widerspiegelten. Die Mächtigen in der Frelimo nähmen diesen Souveränitätsverlust in Kauf, da er sich für sie persönlich auszahle. Innerhalb der Partei gibt es laut der Studie durchaus Streit über das korrupte Verhalten einzelner Mitglieder. Aber der Zwang, einheitlich aufzutreten, verhindere, dass solche Konflikte offen ausgetragen oder gar gelöst werden. Und die Opposition sowie die mosambikanische Zivilgesellschaft, einschließlich der Medien, seien zu schwach, um Druck auszuüben.

Die Geber wiederum, so de Renzio und Hanlon, haben bislang eher halbherzig auf wirksame Korruptionsbekämpfung gedrängt. Das zeige sich beispielsweise am Umgang mit dem Bankenskandal Ende der 1990er Jahre: Mitglieder der mosambikanischen Elite mit Verbindungen zum Staatsapparat hatten die beiden größten Banken Mosambiks geplündert, kurz nachdem sie auf Druck der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds privatisiert worden waren. Ein Journalist und ein Mitarbeiter der Zentralbank, die den Tätern auf der Spur waren, wurden kurz hintereinander erschossen. Die Untersuchung der Morde war immer wieder verzögert worden. Die Geber, so die Studie, überhörten die Rufe der mosambikanischen Zivilgesellschaft, der Regierung die Hilfe zu entziehen, wenn sie sich nicht ernsthaft um Aufklärung bemühe.

Die teilweise Umstellung der Entwicklungszusammenarbeit auf Budgethilfe hat laut de Renzio und Hanlon die wechselseitige Abhängigkeit zwischen Gebern und mosambikanischer Regierung nicht grundlegend geändert. Der Erfolgsdruck für beide Seiten sei nach der Einführung des neuen Instruments größer denn je. Die Verantwortlichkeit (ownership) Mosambiks sei nicht etwa gestiegen, lediglich die Form der Einflussnahme durch die Geber habe sich gewandelt: Sie stellten keine Konditionen mehr, sondern regierten über die Mechanismen zur Verwaltung der Budgethilfe unmittelbar mit. Die Autoren sprechen von einem „post-conditionality regime“, in dem nicht mehr eindeutig zwischen den Interessen der Geber und der Partnerregierung unterschieden werden könne. Ein solches Regime sei typisch für Länder, die stark von Entwicklungshilfe abhängen und die bei den Gebern beliebt seien. In diesen Ländern, so die Studie, „haben die Geber sich die schwierige Aufgabe gestellt, ,Partnerschaft‘ und ,ownership‘ zu fördern und zugleich sicherzustellen, dass solche ownership weiterhin strikt mit dem von ihnen bevorzugten Entwicklungsparadigma vereinbar ist“.

Zugleich zeige sich die Regierung in Maputo weiterhin widerspenstig in Sachen Korruptionsbekämpfung und Rechtsreformen. Zwar hätten die Geber im vergangenen Jahr den Druck etwas erhöht, räumen die Autoren ein. So habe eine mit der Regierung gemeinsam verfasste Bilanz die Anstrengungen gegen Korruption als „nicht befriedigend“ beurteilt. Doch insgesamt hätten beide Seiten die Regierungsleistung mit „befriedigend“ benotet – und so ihr „pathologisches Gleichgewicht“ aufrechterhalten. (ell)

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