Terrorismus

Schuld sind nicht nur Privatunis

Die Islamisten, die am 1. Juli in Dhaka 20 Geiseln getötet haben, kamen von elitären privaten Universitäten. Nun nimmt Bangladesch den privaten Bildungssektor ins Visier. Doch das Versagen staatlicher Schulen und Universitäten spielt eine ebenso große Rolle.
Der Sarg eines der italienischen Opfer der Geiselnahme im Juli in Rom. AP Photo/picture-alliance Der Sarg eines der italienischen Opfer der Geiselnahme im Juli in Rom.

Sechs junge Extremisten stürmten ein Café in Dhaka und ermordeten 20 Geiseln, darunter mehrere Italiener und Japaner. Die Terroristen selbst wurden von Sicherheitskräften getötet. Auch zwei weitere Menschen starben.

Die internationale Terrororganisation ISIS übernahm die Verantwortung für den Anschlag. Doch nach Angaben der Regierung spielt sie in Bangladesch keine große Rolle. Das Problem seien vielmehr lokale Extremisten. Regierungsvertreter wiesen außerdem darauf hin, dass die Angreifer eine elitären private Bildung genossen hatten, und forderten, gegen entsprechende Einrichtungen vorzugehen. Die Jugendorganisation der regierenden Awami-Liga kündigte an, Komitees an allen Privatunis zu gründen und dort „Militanz zu bekämpfen“.

Zum Teil ist der Fokus auf private Bildung richtig. Dass junge Männer aus privilegierten Familien, die sich Schulen und Universitäten leisten können, die nach internationalen Standards auf Englisch unterrichten, zu Extremisten werden, gibt zu denken. Auch andere extremistische Gewalttäter kamen aus dieser sozialen Schicht, beispielsweise die Mörder des Bloggers Ahmed Rajib Haider im Februar 2013. In der jungen Elite scheint ein Gefühl der Entfremdung verbreitet zu sein. Andererseits waren einige ihrer bangladeschischen Opfer ebenfalls auf Privatunis. Das zeigt die tiefe Spaltung der Gesellschaft.

Es ist wichtig, nicht nur den privaten Bildungssektor ins Visier zu nehmen. Dass er so schnell wachsen konnte, liegt an der schlechten Qualität der staatlichen Ausbildung. Obwohl die staatlichen Universitäten in Bangladesch stark subventioniert werden, gehört keine von ihnen zu den besten hundert Universitäten Asiens. Studenten lernen vor allem auswendig, und ihr Erfolg hängt mehr von privater Nachhilfe ab als von regelmäßigen Vorlesungen.

Korruption ist an staatlichen Universitäten weit verbreitet. Stipendien werden politisch untergraben, wobei die Jugendorganisation der Awami-Liga eine besonders destruktive Rolle spielt. Ihre Anführer machen mit Mord, Erpressung, Brandstiftung, sexuellen Vergehen und anderen Verbrechen von sich reden. Ihr Plan, für Sicherheit auf privatem Campus zu sorgen, klingt daher bedrohlich.

Nicht nur die Universitäten sind miserabel, sondern auch die Schulen, wie ich in einem Aufsatz mit Nazmul Chaudhury (2015) beschrieben habe. Millionen junger Menschen besuchen die Schule, ohne zu lernen. Dass sie nicht kritisch denken können, macht sie anfällig für radikales und extremistisches Gedankengut.

Trotz vieler Unzulänglichkeiten haben englische Mittelschulen das öffentliche Bildungssystem jahrzehntelang ergänzt. Sie sollten nun nicht als Bedrohung der Sicherheit diffamiert werden – die Spaltung der Gesellschaft würde nur noch größer.

Stattdessen muss die Regierung die Qualität ihrer eigenen Schulen anheben. Außerdem muss sie die Regierungsführung im Allgemeinen verbessern und Rechtsstaatlichkeit herstellen. Die Gesetzgeber halten sich oft selbst nicht an die Gesetze. Wo die Regierungsführung schlecht ist und es keine öffentliche Rechenschaftspflicht gibt, gedeiht Extremismus besonders gut.

Private Bildung ist sicherlich nicht das Hauptproblem. Dennoch muss man klären, welchen Anteil an der Radikalisierung der Jugend sie hat. Einige Experten und Verfechter des freien Marktes befürworten private Bildung generell. Der Economist aus London schreibt zum Beispiel, der Privatsektor fülle die Lücke, wenn Staaten jungen Menschen keine gute Bildung böten. Vor dem Hintergrund des Anschlags von Dhaka ist es fraglich, ob die Wirkungen tatsächlich durchweg positiv sind. Noch bedeutsamer ist jedoch die Tatsache, dass der Ansatz zu teuer ist, um Millionen junger Bangladescher die Bildung zukommen zu lassen, die sie verdienen.

 

M Niaz Asadullah ist Professor für Entwicklungsökonomie und stellvertretender Direktor des Zentrums für Armuts- und Entwicklungsstudien an der Universität Malaya.
m.niaz@um.edu.my

 

Literatur
Asadullah, M. N., und Chaudhury, N., 2015: The dissonance between schooling and learning. In: Comparative Education Review. Vol. 59(3), p. 447-472.

 

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