Lebensmittel

Transatlantische ­Zusammenarbeit

Ernährungssicherheit steht in vielen Weltregionen durch Klimawandel oder politische Umstände auf dem Spiel. Zwei Forschungsinstitute machen sich in einer Kurzstudie Gedanken darüber, wie die globale Nahrungsversorgung durch eine bessere trans­atlantische Kooperation verbessert werden kann – ohne den Klimawandel zu beschleunigen.
Maisernte in Äthiopien. Koene/Lineair Maisernte in Äthiopien.

Im Süden und im Osten Afrikas droht derzeit eine Hungerkatastrophe ungeahnten Ausmaßes. Dort sorgt das Klimaphänomen El Niño, das durch den Klimawandel verschlimmert wird, für eine der schlimmsten Dürren seit Jahrzehnten. Hilfsorganisationen und UN rechnen damit, dass mehr als 45 Millionen Menschen jetzt oder schon bald auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind.

Auch dem Konflikt in Syrien ging eine schlimme Dürre voraus, schreiben Michael Werz vom US-Forschungsinstitut Center for American Progress und Benjamin Pohl vom deutschen Thinktank adelphi. Die Autoren der Studie sehen die Nahrungsmittelknappheit als Mitauslöser der Aufstände in Syrien.

Ernährungskrisen seien nicht nur ein humanitäres Problem. „Sie führen auch zu politischer und wirtschaftlicher Instabilität auf der ganzen Welt und tragen zu sozialen Unruhen bei“, warnen die Autoren. Verursacht oder verstärkt würden Dürren und Wasserknappheit durch den Klimawandel. Zur Bewältigung dieser Probleme sei eine verstärkte internationale Zusammenarbeit und besonders eine innovative und vorausschauende transatlantische Politik vonnöten, finden Werz und Pohl.

Politiker aus Europa und den USA begännen erst damit, Maßnahmen und Programme zur Bewältigung dieser Probleme zu gestalten und internationale Kapazitäten bereitzustellen. Da die Risiken miteinander verbunden seien, beträfen Lösungen alle Politikfelder. In den Kernbereichen – Klimaschutz, humanitäre Hilfe und Friedenssicherung – müsste zumindest sichergestellt sein, dass Maßnahmen sich nicht gegenseitig konterkarieren.

Als Beispiel nennen Werz und Pohl Investitionen in Wasserkraft. Diese mindere zwar den Ausstoß von Klimagasen, gefährde aber andererseits die Ernährungssicherheit flussabwärts, wenn Staudämme dort zu Wasserknappheit führten.

Ein Problem sei, dass es derzeit profitabler sei, Wasser zur Stromgewinnung einzusetzen als zu Bewässerung und Nahrungsanbau. USA und EU sollten nach Ansicht der Autoren solchen Marktverzerrungen entgegenwirken. Die internationale Gemeinschaft sollte sich Anreize ausdenken, um Staaten dazu zu bringen, angemessene Maßnahmen zur Ernährungssicherheit zu ergreifen und negative Nebenwirkungen des Klimaschutzes zu begrenzen. Auch die Produktion von Agrarkraftstoff habe bereits zu Nahrungskrisen beigetragen.

Die Autoren geben zu, dass es nicht leicht sei, diese komplexen Herausforderungen anzugehen, und dass es dazu integrierter Lösungen bedürfe. Wichtig ist es ihrer Ansicht nach, Informationen offener zu teilen. Die USA und Europa sollten dabei eine Führungsrolle übernehmen. „Besonders führende Lebensmittelunternehmen müssen ihre Daten offener mitteilen“, fordern Werz und Pohl. Bislang hielten sie diese unter Verschluss.

Die USA und Europa können nach Meinung der Autoren verschiedene Initiativen ergreifen. Vor allem könnten sie den Datenzugang verbessern, um eine solide Beweisbasis zu schaffen. Es gelte, Störungen des globalen Ernährungssystems zu erkennen, bevor sie erfolgen. Zum Zweiten könnten EU und USA die Effektivität bestehender Initiativen zur Ernährungssicherung verbessern. Drittens sollten die beiden Partner laut Werz und Pohl gemeinsam über die Aufstockung der humanitären Hilfe nachdenken. Dies sei notwendig, weil immer mehr Menschen aus ihrer Heimat vertrieben würden. Die Frage sei, wie humanitäre Hilfe genutzt werden kann, um die Widerstandskraft der notleidenden Menschen zu stärken und sie auf zukünftige Notlagen besser vorzubereiten. Dabei müsse die Entwicklungshilfe besser mit der humanitären Hilfe verknüpft werden.

Als letzten Aktionspunkt für die trans­atlantischen Partner nennen Werz und Pohl die Stärkung der globalen Regierungsstrukturen. Europa und die USA müssten zudem multilaterale Foren wie die G20 nutzen, um sich für Ernährungssicherheit einzusetzen.

Sabine Balk


Link
Studie: Supporting global food security in a changing climate through transatlantic cooperation
https://www.adelphi.de/de/publikation/supporting-global-food-security-changing-climate-through-transatlantic-cooperation

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