Überblick Multilaterale Politik

Globale Probleme erfordern globale Lösungen

Multilaterale Institutionen sind riesige Bürokratien, nutzen Fachjargon und bringen oft nur langsamen Fortschritt. Sie sind unverzichtbar, jedoch bezichtigt populistische Propaganda sie der Übergriffigkeit. Auf dieser Seite finden Sie einen Überblick über Artikel, die sich damit befassen, wie Global Governance verbessert werden kann. Die Zukunft der Menschheit hängt davon ab.
Für Konferenz dekoriertes IWF-Gebäude in Washington. Für Konferenz dekoriertes IWF-Gebäude in Washington.

Die Menschheit steht vor enormen globalen Herausforderungen – wie etwa Frieden, globale Erhitzung, Hunger oder die Bekämpfung von Krankheiten. Die gesamte Agenda 2030 der Vereinten Nationen (UN) mit den Entwicklungszielen für Nachhaltigkeit hängt von multilateraler Politikgestaltung ab.

Trotzdem agitierten rechtspopulistische Kräfte in den vergangenen Jahren gegen Institutionen, die Global Governance ermöglichen, weil diese angeblich die nationale Souveränität vereiteln. Solche Propaganda dient oft den Interessen von superreichen Menschen, tut aber nichts für die wütenden Menschen, die sie mobilisieren will. Oligarchen, die von Steuerparadiesen profitieren und Staaten gern gegeneinander ausspielen, wollen ihre Privilegien schützen. Sie lehnen globale Zusammenarbeit bei Umweltschutz, Minderung von Ungleichheit oder der Eintreibung von Steuern ab. Tatsächlich haben wir es mit Oligarchenpopulismus zu tun, wie ich in einem Kommentar erläutert habe.

Um Kräften wie diesen zu widerstehen, brauchen wir ein klareres Verständnis davon, weshalb Global Governance wichtig ist.

Gefahr der globalen Rezession

Weltweit leiden Volkswirtschaften unter den Folgen internationaler Krisen. Um diese zu mildern und zu bewältigen, brauchen wir multilaterale Zusammenarbeit. Zentral sind dabei der Internationale Währungsfonds und die multilateralen Entwicklungsbanken, die nur wirksam arbeiten können, wenn die Supermächte verantwortungsvoll kooperieren, wie der argentinische Ökonom José Siaba Serrate ausgeführt hat.

Der G20-Gipfel auf Bali im November fiel in dieser Sicht ermutigender aus, als erwartet worden war. Erfreulicherweise leugnen die mächtigsten Spitzenpolitiker die vielen Probleme der Menschheit nicht. Der indonesische Wirtschaftswissenschaftler Iwan J. Azis interpretiert die Gipfelerklärung im Sinne vieler kleiner Schritte in die richtige Richtung, wie er mir im Interview sagte.

Leider sind die G20-Mitglieder nicht nur enge Verbündete, sondern häufig Gegner oder sogar Feinde. Es kann nicht genug betont werden, dass globale Zusammenarbeit Frieden erfordert. Das gilt besonders nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine, der viele globale Probleme verschärft hat.

Friedensfragen

Frieden ist das wichtigste globale öffentliche Gut. Die UNO wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um ihn zu sichern. Sie hat weder völlig versagt, noch spektakulären Erfolg gehabt. Der Ukraine-Krieg ist neues Beispiel dafür, dass sie ihrem Mandat nicht immer gerecht wird. Anna-Katharina Hornidge vom Deutschen Institut für Entwicklung und Nachhaltigkeit (IDOS) erläuterte ihre Sicht in einem Interview.

In den vergangenen Jahrzehnten sind Kriege zwischen souveränen Staaten selten geworden – Bürgerkriege aber erschütterten viele Länder. Zu glauben, dass interne Unruhen nur das Land betreffen, in dem sie toben, ist falsch. Die Sicherheitskrise in Westafrika zeigt exemplarisch, wie fragile Staatlichkeit Grenzen überschreitet. Im Interview erklärte mir Lori-Anne Théroux-Bénoni vom Westafrikabüro des südafrikanischen Instituts für Sicherheitsstudien (ISS Africa) die internationalen und globalen Auswirkungen islamistischer Aufstände in Westafrika.

Die UNO ist nützlich, aber nicht nützlich genug

Die UNO tut viel Nützliches, aber mehr wäre nicht nur bei der Friedenssicherung nötig. Wie mein Kollege Jörg Döbereiner in einem Kommentar ausführte, passte der UN-Klimagipfel in Sharm-el-Sheikh im November leider ins Bild.

Es überrascht kaum, dass auch das UN-Umweltprogramm ebenfalls nicht ganz auf der Höhe ist. Der ugandische Klimaforscher David Mfitumkiza hat auf unserer Plattform Defizite und Verbesserungsmöglichkeiten skizziert.

Ein weiteres Beispiel ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Sie hat zur Eindämmung der Corona-Pandemie beigetragen. Mit weitreichenderen Befugnissen und Mitteln hätte sie aber mehr tun können. Anton Sundberg und Andreas Wulf von der Frankfurter Nichtregierungsorganisation medico international erklärten, warum die WHO mehr Geld und Mitsprache verdient.

Warum das Vertrauen in westliche Regierungen fehlt

Länder mit hohen Einkommen fordern eine bessere Global Governance typischerweise dann, wenn es ihren Interessen entspricht. Ein systematischer Einsatz für das internationale Gemeinwohl wäre überzeugender, aber – wenn sie können – geben sie nationalen Interessen oft Vorrang. Der brasilianische Ökonom André de Mello e Souza erklärt, wie die hohen Zinssätze in den USA Entwicklungs- und Schwellenländer in die Bredouille bringen.

Dass sich viele Regierungen mit der Führungsrolle des Westens unwohl fühlen, ist im Kontext des Ukraine-Kriegs sehr sichtbar geworden. Viele verurteilten in UN-Gremien die russische Aggression nicht klar. Laut dem deutschen Juraprofessor Kai Ambos zahlten westliche Regierungen den Preis dafür, dass sie sich selbst nicht konsequent an das Völkerrecht halten.

Nationen mit hohen Einkommen müssen ihre Versprechen einhalten, um mehr Glaubwürdigkeit zu gewinnen und mehr in multilateralen Kontexten zu erreichen. Leider ist auch die Geschichte der Welthandelsorganisation (WTO – World Trade Organisation) eine Historie aktiv erzeugter, aber unerfüllt gebliebener Erwartungen. Mit meinem Co-Autor, dem kenianischen Journalisten Alphonce Shiundu, habe ich dargelegt, warum die Doha-Entwicklungsrunde der WTO enttäuschend verlief.

Der Opposition gegen den Westen fehlt eine kohärente Agenda

Frustration der Regierungen von Entwicklungs- und Schwellenländern hat also Gründe. Oft dominieren oder blockieren westliche Staaten multilaterale Entscheidungen. Um den ehemaligen Kolonialmächten etwas entgegenzusetzen, haben sich Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika zu den BRICS zusammengetan. Laut Praveen Jha von der Jawaharlal Nehru University in Delhi fehlt ihnen jedoch eine kohärente Agenda.

Zugleich sind Chinas Bemühungen, Allianzen zu bilden, nicht zu unterschätzen. Berthold M. Kuhn und Dimitrios L. Margellos von der Freien Universität Berlin erläutern, wie Peking seinen internationalen Einfluss gesteigert hat. Sie ermahnen westliche Politiker zur Wachsamkeit.

Politische Entscheidungsträger müssen sich für das globale öffentliche Wohl einsetzen – und die Medien sollten entsprechend Druck machen. Unsere Branche kommt meiner Meinung nach dieser Verpflichtung aber oft nur ungenügend nach. Würden wir Journalisten uns stärker auf globale öffentliche Güter konzentrieren und in nationalen Angelegenheiten auf gewohnte Narrative verzichten, müssten Politiker darauf reagieren. Das habe ich in einem englischsprachigen Kommentar auf unserer Website ausführlicher dargelegt.


Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit / D+C Development and Cooperation.
euz.editor@dandc.eu

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