Künslerische Arbeit

A human right

„Ich habe zum ersten Mal seit der Flucht in den Libanon das Gefühl, dass jemand uns als Menschen wahrnimmt, die nicht nur wohnen und essen müssen, sondern die auch kulturelle Bedürfnisse haben.“
Installation von Ai Weiwei behandelt seine Zeit im Gefängnis Rain/EPA /picture-alliance Installation von Ai Weiwei behandelt seine Zeit im Gefängnis

Dieser Satz einer syrischen Flüchtlingsfrau aus dem Artikel von Martina Sabra macht die Bedeutung von künstlerischen Ausdrucksformen deutlich. Kunst gehört zum Menschsein dazu, es geht um lebenswichtige geistige Nahrung. Kunst in ihren diversen Formen inspiriert und tröstet. Sie gibt vielen die Möglichkeit, Gefühle, Gedanken oder Ideen zum Ausdruck zu bringen. Seit jeher und überall auf der Welt haben Menschen gemalt, gesungen, getanzt oder etwas szenisch dargestellt. Im Sinne der persönlichen Freiheit ist Kunst ein Menschenrecht.

Wenn Kunst und Kultur unterdrückt werden und sich nicht frei entfalten können, wie in vielen autoritären Staaten der Fall, hemmt dies die Entwicklung einer Gesellschaft. Denn dann herrscht ein Klima der Angst und Unzufriedenheit. Auch Wirtschaft und Wissenschaft können sich dann in der Regel nicht richtig entfalten.

Zensur und Verfolgung halten aber viele Künstler nicht davon ab, ihre Meinung auszudrücken. Künstler kennen viele Spielarten, Kritik nicht offen, sondern unterschwellig zu üben. Sie verstecken ihre Botschaften oft geschickt in einem unverfänglichen Kontext. Es gibt aber auch Künstler, die offen auf Konfrontation mit ihren Unrechtsregimen gehen und dabei ihre Unversehrtheit und sogar ihr Leben riskieren.

Kunst kann auch Unrecht öffentlich bekannt machen und dabei denen eine Stimme geben, die selbst keine haben. Ein Beispiel sind die Murales, die Wandbilder in vielen lateinamerikanischen Ländern, die das Leben der armen indigenen Bevölkerung darstellen und deren Botschaften selbst Analphabeten verstehen. Ein weiteres Beispiel ist ein Projekt des kongolesischen Picha-Art-Centers, das mit beeindruckenden Fotomontagen auf das schwere Schicksal der Arbeiter in den ehemaligen Kupferminen des Landes verweist.

Wer in hoffnungslosen Umständen lebt, dem kann die Kunst auch in anderer Hinsicht helfen. Fantasie und Kreativität können bewirken, dass das Schicksal leichter zu ertragen ist, dass eine Hoffnung auf Veränderung aufkeimt, weil das Malen, Musizieren oder Singen positive Gefühle und Energie erzeugen. Wenn benachteiligte Jugendliche Theater spielen, schlüpfen sie in neue, ungewohnte Rollen und sind nicht mehr die Problemkinder. Das gibt Selbstbewusstsein und eröffnet neue geistige Perspektiven. Durchaus therapeutischen Zwecken dient es, wenn Flüchtlinge ihre Erlebnisse auf Zeltplanen malen und dadurch ihre Seelenqualen lindern. Eine lebendige Kunst- und Kulturszene sagt viel über die Zustände in einem Land aus. Kunst wird fast immer mit Freiheit gleichgesetzt – und Freiheit ist für ein gutes Leben unverzichtbar. Diesen Zusammenhang hat auch die deutsche Politik längst erkannt. Staatliche Institutionen aus Deutschland fördern deshalb Künstler in ihren Heimatländern oder geben ihnen die Möglichkeit, für eine gewisse Zeit in der Bundesrepublik zu arbeiten und ihre Werke hier zu präsentieren. In manchen armen Ländern ist solche Förderung für die Künstler eine lebenswichtige Einnahmequelle.

 

Sabine Balk ist Redakteurin bei E+Z/D+C.
euz.editor@fs-medien.de

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