Sommer-Special

Revolutionärer schwarzer Künstler

Wenige Künstler, die so jung gestorben sind, haben einen derartigen Eindruck hinterlassen wie Jean-Michel Basquiat. Der afroamerikanische Künstler, Dichter und Musiker lebte und arbeitete in New York City. Er starb 1988, nur 27 Jahre alt. In seinem kurzen Leben veränderte er grundlegend die moderne Kunst. Dieser Beitrag ist der dritte unseres diesjährigen Sommer-Spezialprogramms mit Rezensionen künstlerischer Werke mit entwicklungspolitischer Relevanz.
Das Gemälde „Dos Cabezas“ (1982) ist ein Selbstportrait von Jean-Michel Basquiat mit Andy Warhol. Es war kürzlich in einer Ausstellung in Frankfurt zu sehen. mh Das Gemälde „Dos Cabezas“ (1982) ist ein Selbstportrait von Jean-Michel Basquiat mit Andy Warhol. Es war kürzlich in einer Ausstellung in Frankfurt zu sehen.

Von seinen Anfängen als armer Graffiti-Sprayer, der rätselhafte Botschaften in New Yorks Straßen hinterließ, wurde Basquiat in seinen frühen Zwanzigern zu einem international anerkannten Künstler. Er arbeitet mit Ölfarben und Leinwand, Gedichten in Schablonenschrift, Zeichnungen oder Mischtechnik auf Karton.

„Ich bin nie auf eine Kunstschule gegangen, und ich bin in allen Kunstkursen in der Schule durchgefallen. Ich habe einfach genau hingeschaut ... ich habe Kunst gelernt, indem ich sie betrachtet habe.“ Jean-Michel Basquiat war nach eigener Aussage ein Autodidakt. Er wuchs in einer Mittelklasse­familie mit haitianischen und puerto-ricanischen Wurzeln in Brooklyn auf. Schon früh zeigte sich, dass er außergewöhnlich talentiert war.

Als Teenager begann er, mit einem Freund Wände in New York mit kurzen Gedichtzeilen, ausgedachten Piktogrammen und ungewöhnlichen Zeichnungen zu besprühen. Die Jungs signierten ihre Graffitis und Gedichtzeilen mit „SAMO©“. Niemand wusste, wer hinter diesem Namen stand. Basquiat machte auch Musik und begann zu zeichnen. Er versuchte, Geld zu verdienen, indem er Postkarten malte und sie für einen Dollar pro Stück an Touristen vor dem Metropolitan Museum of Art verkaufte. Er wurde aber regelmäßig vom Hausmeister weggejagt.

Wenige Jahre später war Basquiat einer der neuen, aufregenden Maler der amerikanischen Kunstszene. Sein Stil wird als Neo-Expressionismus bezeichnet. Er ließ sich von vielen Quellen inspirieren – alte Reisebücher, Fernsehsendungen, afrikanische Kunst, Werbung, Texte von Rap-Musik oder sogar von Lexika. Alles davon kann man in seinen Gemälden wiederfinden. Uralte afrikanische Symbole und Reklamesprüche tauchen auf demselben Bild auf. Basquiat arbeitete sehr schnell, und Sammler kauften manchmal Bilder, bei denen die Farbe noch nicht einmal getrocknet war.

1982, als er nur 21 Jahre alt war, wurde er eingeladen, seine Arbeiten auf der Documenta zu präsentieren, der weltweit berühmten Ausstellung moderner Kunst, die alle fünf Jahre in Kassel stattfindet. Die interessantesten und innovativsten zeitgenössischen Künstler weltweit werden dorthin eingeladen – und Basquiat war der jüngste Künstler, der je auf einer Documenta ausgestellt hat.

Einer seiner Freunde und Unterstützer in den frühen 1980er Jahren war der Pop-Art-Künstler Andy Warhol. Die beiden produzierten sogar gemeinsam eine Serie von Gemälden. Basquiat war nun ein international bekannter Künstler.

In vielerlei Hinsicht machte er sich jedoch über diesen Ruhm lustig. Er setzte sich über soziale Gepflogenheiten hinweg; manchmal tauchte er im Schlafanzug in Galerien auf und erschreckte mögliche Sammler. Die Tatsache, dass er der erste afroamerikanische Künstler war, der in der globalen Welt der Galerien und erstklassigen Museen Erfolg hatte, machte ihn zu einem Wegbereiter für schwarze Künstler – eine Rolle, der er sich sehr bewusst war.

In seinen Gemälden zeigte Basquiat normalerweise schwarze Protagonisten, was damals recht ungewöhnlich war. In einem seiner letzten Interviews sagte er 1987: „Ich bin schwarz, und deswegen nutze ich Schwarze als zentrale Figuren in meinen Bildern.“ Viele Gemälde zeigen afrikanische Piktogramme oder Referenzen zu schwarzen Befreiungskämpfen.

Basquiat wies die weiß dominierte Kunstszene oft auf ihren Rassismus hin – dieselbe Szene, die ihn als Wunderkind und Revolutionär feierte. Er wehrte sich gegen das Stereotyp des „Ghetto-“ oder „Graffiti-Künstlers“, sondern gab in seiner Kunst dem schwarzen Leben einen Raum. „Ich glaube, schwarze Menschen freuen sich, dass sie in meinen Gemälden repräsentiert sind und sich dort wiederfinden können.“


Link
Website über Jean-Michel Basquiat:
http://basquiat.com/

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