Kommentar

Der Krise entfliehen

Joyce Banda, Malawis neue Präsidentin, hat die Beziehungen zu Geberregierungen repariert. Die Abwertung der nationalen Währung trifft zwar viele Menschen hart, aber wenigstens gibt es nun wieder Aussicht auf wirtschaftliche Entwicklung.

Von Raphael Mweninguwe

„Wandel oder Absturz“ – vor diese Wahl stellte die internationale Gebergemeinschaft Malawi unter Präsident Bingu wa Mutharika. Bis zu seinem plötzlichen Tod im April hielt er die Fäden in der Hand und beschwerte sich gern über die „dumme Geberpolitik“, die seine Autorität unterhöhle.

Die Geber forderten, er solle
– die nationale Währung, den Kwacha, abwerten,
– Rechtssicherheit garantieren und
– demokratische Prinzipien wie die Redefreiheit respektieren.
Weil er all das nicht tat, froren sie Gelder ein. Mutharikas Hinscheiden hat in Malawi eine neue Debatte über die Rolle der Geberregierungen, von denen das Land abhängt, ausgelöst. In der Tat hat die neue Amtsinhaberin harte Entscheidungen getroffen.

Unter Mutharika war die Versorgungslage immer schlechter geworden. Treibstoff war so knapp, dass Autofahrer ganze Nächte vor Tankstellen warteten. Firmen konnten keine ausländischen Devisen mehr bekommen. Die Volkswirtschaft war dem Kollaps nahe.

Seit Mutharikas Tod ist viel geschehen. Die Geber loben die neue Präsidentin für die politische Wende. „Meine unmittelbare Aufgabe ist es, das Gebervertrauen zurückzugewinnen“, sagte Banda nach ihrem Amtsantritt am 7. April. „Malawier haben genug gelitten, weil die Geber uns wegen mangelnder Rechtsstaatlichkeit und schlechter Regierungsführung nicht mehr unterstützten.“

Banda war Mutharikas Vizepräsi­dentin, hatte sich aber mit ihm überworfen. Der Verfassung gemäß wurde sie seine Nachfolgerin. Das war allerdings umkämpft, denn einige Kabinettsmitglieder wollten lieber Mutharikas Bruder Peter. Die rechtmäßige Ordnung wurde aber ­gewahrt, weil zivilgesellschaftliche Aktivisten drohten, diese Minister zu verklagen. Die Korrektur der Wirtschaftspolitik und die Verabschiedung des Haushalts für 2012/13 kündigen nun ein neues Kapitel an. Schon bevor das Parlament das Budget von insgesamt 400 Milliarden Kwacha (rund 1,5 Milliarden Dollar) beschloss, sagten die Geber neue Mittel zu.

Die EU, die Weltbank, Großbritannien und andere Geber haben sich in Malawi unter dem Kürzel CABS (Common Approach to Budget Support) zusammengeschlossen. Insgesamt versprachen sie 496 Millionen Dollar. Laut Finanzministerium entspricht das einem Plus von 140 Prozent. Zudem erreichte die Regierung ein Abkommen über ein Dreijahresprogramm zur Unterstützung der Wirtschaft im Wert von 157 Millionen Dollar. „Die neue Regierung hat schnell und mutig gehandelt, um die Lage zu verbessern und das chronische Ungleichgewicht von Deviseneinnahmen und -ausgaben anzugehen“, urteilt Tsidi Tsikata vom Internationalen Währungsfonds (IWF).

Benzin und Devisen sind wieder zu bekommen – aber zu hohen Kosten. Der Kwacha wurde um 49 Prozent abgewertet, und entsprechend sind die Preise für Importgüter gestiegen. Treibstoff ist um mehr als 50 Prozent teurer geworden. Mutharikas früherer Finanzminister Goodal Godwit sagt, die Abwertung habe Malawier arm gemacht.

Da ist etwas dran. Es gab keinerlei Maßnahmen, um die Folgen der Währungspolitik für Arme abzufedern. Laut IWF ist das reale Pro-Kopf-Einkommen so von zuvor 250 Dollar auf nur noch 150 Dollar im Jahr gesunken. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung leben jetzt unter der Armutsgrenze.

Einige Kommentatoren fordern, Banda solle nicht alles tun, was die Geber wollen. Sie fürchten, Malawi werde zunehmend von den Gebern gesteuert. Banda hält dagegen: „In den vergangenen drei Jahren hatten wir die Geber vom Hof gejagt, und was hat das gebracht?“

Malawier waren Mutharika leid, aber die Abwertung hat sie hart getroffen, und viele meinen nun, der frühere Staatschef hätte mit seiner Haltung gegenüber dem IWF nicht völlig unrecht gehabt. Die Gehälter sind nominal konstant geblieben, und manche Leute zweifeln nun an den Motiven der neuen Regierung.

Tatsächlich hatte Banda aber keine Wahl, denn Malawi erlebte unter Mutharika wahrlich keinen Aufschwung. Sein plötz­licher Tod hat die Dynamik von Politik und Wirtschaft verändert. Nach der Malaise der vergangenen Jahre gibt es jetzt wenigstens wieder Hoffnung auf Wachstum.

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