Kommentar

Zweite Amtszeit

Die Wiederwahl von Barack Obama ist erfreulich – nicht so sehr, weil er bisher ein großartiger Präsident war, sondern weil sein Herausforderer Mitt Romney wesentlich schlechter gewesen wäre.

Von Hans Dembowski

Die Menschheit braucht keinen US-Präsidenten, der im Nahen Osten ­militärisch auftrumpft, der den Staatshaushalt ausgleichen und gleichzeitig die Militärausgaben erhöhen will, ohne zu ­sagen, wo er zu sparen gedenkt, der vor Leugnern des Klimawandels einknickt, der erwartet, dass illegale Migranten „sich selbst abschieben“, der auf Geringverdiener herabschaut und der betont, Amerika müsse sich nie entschuldigen. Solch ein Präsident versprach Romney zu werden.

Obama ist viel aufgeschlossener. Er versteht die Gefahren des Treibhaus­effekts. Er kennt die Friedenstradition des Islam. Er weiß, dass sich internationale Migration nicht einfach per Gesetz stoppen lässt, und hat sogar zugegeben, dass die USA für die Drogen-Gewalt, die Lateinamerika plagt, mitverantwortlich sind.

Obama hat an multilateraler Politik zumindest Interesse. Besonders erfolgreich war er darin nicht – sein Versagen, vor drei Jahren beim Gipfel in Kopenhagen ein umfassendes Klimaabkommen zustande zu bringen, war wohl das deutlichste Beispiel. Fortschritte in multilateraler Politik beruhen aber auf internationalem Konsens. Ohne Unterstützung anderer Länder kann das niemand zustande bringen, auch das Staatsoberhaupt der mächtigsten Nation nicht.

Obamas Vorgänger George Bush hat sich an multilateralen Institutionen auf verheerende Weise vorbeigemogelt. Romney hatte daran nie etwas auszusetzen, obwohl das Ergebnis – der Irak-Krieg – zum außenpolitischen Debakel wurde, das den Einfluss der USA weltweit mehr geschmälert hat als alles, was Obama bisher getan hat.

Obama hat mehrfach enttäuscht. Er schloss das Gefangenenlager Guantanamo nicht, obwohl er das versprochen hatte, und er verschärfte den Drohnenkrieg in Pakistan. Wer Rechts­staatlichkeit fordert, darf aber Terrorverdächtige nicht einfach ohne Prozess einsperren oder gar töten. Washington begreift nicht, dass außer­gerichtliche Hinrichtungen in ganz Südasien ein riesiges Menschenrechtsproblem darstellen. Wegen solcher Defizite wird Obama von manchen Anhängern seiner Demokratischen Partei kritisiert, nicht aber von Romneys Republikanern.

Das Beste an Obamas Sieg ist indessen, dass er trotz hoher Arbeitslosigkeit errungen wurde. Seine politische Basis konnte den Angriffen rechter Fanatiker trotzen, die glaubten, die schwache Konjunktur werde eitlem Patriotismus und konfuser Steuersenkungsrhetorik eine weitere Präsidentschaft bringen. Es ist gut, dass die Wähler die Propaganda durchschaut haben und einen schwarzen Präsidenten im Amt bestätigten, zu dessen Anti-Armutspolitik der Schutz durch Krankenversicherung für alle gehört. Die entsprechende Reform ist schon Gesetz und wird nun in den nächsten vier Jahren implementiert werden. Offenbar sind die USA doch ein weniger konservatives Land, als gemeinhin angenommen wurde.

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