Stadtluft

Autos sind nicht sauber

Im Januar hat der High Court in Delhi eine ökologische Maßnahme der örtlichen Landesregierung für zulässig erklärt: Bei heftiger Luftverschmutzung dürfen in der indischen Hauptstadt an einem Tag nur Autos mit ungerader Zahl auf dem Nummernschild fahren, und am nächsten Tag nur Autos mit gerader Zahl. Die Menge der zugelassenen PKW auf diese Weise zu halbieren, ist sinnvoll.
Stau in Delhi. Topgyal/AP Photo/picture-alliance Stau in Delhi.

Delhis Luftverschmutzung ist schlimm. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben alle anderen Ballungsräume weltweit bessere Luft. Feinstaubwerte liegen in Delhi oft zehn mal über dem WHO-Grenzwert, so dass die Luft hier mehr als doppelt so schmutzig ist wie in Peking. Die Lungen von mehr als der Hälfte der 4 Millionen Kinder in Delhi sind geschädigt. Die Feinstaubdaten sind für alle indischen Städte schlecht – und in manchen kleineren Städten sogar noch schlechter als in der Hauptstadt.

Handeln tut Not. Das Abwechseln von geraden und ungeraden Nummernschildern wurde im Januar erstmals angeordnet. Sofort reichten Anwälte Klagen ein, weil dieses Schema große Unannehmlichkeiten verursache, ohne die Luftqualität zu verbessern. Es hieß, Autos belasteten die Luft nicht und Dieselmotoren seien sauber. Dieselautos sind aber nur in dem Sinne sauber, als sie weniger Treibstoff brauchen als Benziner. Was Feinstaub angeht, sind sie schmutziger.

Fakt ist, dass Straßenstaub und Fahrzeuge Delhis Luft am meisten belasten. Die Nutzung von Kohle in Kraftwerken, Industrie und Privathaushalten spielt eine geringere Rolle. Verkehr ist also das Hauptproblem, was nicht heißt, dass gegen andere Emissionen nichts getan werden sollte.

Um Straßenstaub zu reduzieren brauchen wir einen Mix von Maßnahmen – von Befestigung über Begrünung bis hin zum Abspritzen von Bürgersteigen. Straßenstaub ist aber auch eine Folge des Verkehrs. Je mehr gefahren wird, desto mehr Staub entsteht – und obendrein machen die Abgase Staub zum Gifttransporter.

Es gibt drei wesentliche Kategorien von Fahrzeugen: Lastwagen, Mopeds und Autos. Dass PKW besonders belastend sind, lässt sich belegen. Busse und dreirädrige Rikschas haben in Delhi dagegen heute relativ saubere Gasmotoren.

Die Laster sind alt, oft überladen und ihre Technik ist aus der Zeit gefallen. In einem Prozess vor dem Supreme Court hat das Centre for Science and Environment, das ich leite, eine Steuer auf alle LKW, die in der Stadt fahren, vorgeschlagen. Die Richter haben das im Dezember in einem Urteil befürwortet, und dank der neuen Steuer ist die Zahl der Lastwagen in Delhi um 20 Prozent gesunken. Die Richter entschieden zudem, dass besonders große Dieselautos nicht mehr in der Hauptstadtregion verkauft werden dürfen. Wir forderten auch, den Übergang zu sauberen Treibstoffen und Techniken zu beschleunigen, woraufhin die nationale Regierung versprach, die aktuelle Euro-VI-Norm der EU zu übernehmen. Das sind wichtige Fortschritte.

Privatautos sind tatsächlich ein großes Problem. Die meisten Abgase kommen in Delhi zwar aus den unzähligen Mopeds, und Autos tragen nur etwa zehn bis 15 Prozent bei. Aber die Relation ändert sich, wenn Staus berücksichtigt werden. Fachleute urteilen, dass in verstopften Vierteln 60 bis 90 Prozent des giftigsten Feinstaubs aus Autos stammen.

Das System der abwechselnden Tage hat denn auch etwas bewirkt. Es hat den Emissionsanstieg im Januar gebremst – ein wichtiger Erfolg. Wegen ungünstiger Wetterlage (Windstille bei hoher Luftfeuchtigkeit) stieg die Luftbelastung dennoch. Ohne das neue System wäre die Luft noch schmutziger gewesen.

Langfristig müssen wir Delhi und das Umland von Mopeds und Autos befreien. Nötig sind gewaltige Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr. Bislang fährt nur zehn bis 15 Prozent der hiesigen Bevölkerung Auto. Es ist unmöglich, Delhi so zu gestalten, dass irgendwann alle Autos fahren. Lasst uns Autos teilen, Bus und U-Bahn fahren, Rad fahren und laufen.

P.S.: Der Volkswagenskandal sollte eigentlich jedem gezeigt haben, dass Autos nicht so sauber sind, wie Hersteller uns glauben machen. Leider lockert nun aber sogar die mächtige EU ihre Normen und gibt damit Industriewünschen Vorrang vor der Gesundheit der Menschen in Städten wie Mailand, London und Stuttgart.

Sunita Narain leitet das unabhängige Centre for Science and Environment in Delhi und ist Chefredakteurin der Umweltzeitschrift Down to Earth.
cse@equitywatch.org

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