Gesundheitsversorgung

Medizin für alle

Die Impfallianz Gavi und der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria haben dazu beigetragen, viele Millionen Menschenleben zu retten. Eigenverantwortung der Empfängerländer und die Beteiligung der Zivilgesellschaft gehören zu den Erfolgsfaktoren.
Polio-Impfung in Nigeria. Sunday Alamba/picture-alliance/AP Photo Polio-Impfung in Nigeria.

Im Jahr 2000 beschlossen die UN acht Millenniums-Entwicklungsziele; unter anderem wollten sie die Kindersterblichkeit zwischen 1991 und 2015 um zwei Drittel senken. Weltweit starben damals knapp 10 Millionen Kinder vor ihrem 5. Geburtstag, vor allem im südlichen Afrika. Im selben Jahr definierte der UN-Sicherheitsrat HIV/Aids zum ersten Mal als Bedrohung für die globale Sicherheit. Millionen Menschen starben an Aids. Von den 28,6 Millionen HIV-Infizierten bekamen lediglich knapp 700 000 lebensverlängernde antiretrovirale Medikamente. Ein weiteres Millenniumsziel war deshalb, HIV/Aids sowie Malaria mit allen Mitteln zu bekämpfen, um deren Ausbreitung bis 2015 weitgehend zu stoppen.

Um diese Ziele zu erreichen, wurden im Jahr 2000 die Impfallianz Gavi und im Jahr 2002 der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria gegründet. Gavis Ziel ist es, die weltweiten Ungleichheiten beim Zugang zu Impfungen zu beheben und Impfstoffe bereitzustellen, um die Kindersterblichkeit zu reduzieren. Der Globale Fonds konzentriert sich auf die Finanzierung von Präventions- und Behandlungsprogrammen im Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria.

Beide Organisationen zielen auf die ärmsten und am meisten betroffenen Länder der Welt ab. Sie sorgen dafür, die nationale und internationale Finanzierung zu stärken, die Programme in den betroffenen Gesellschaftsgruppen zu verankern, Impfungen und Medikamente kostengünstiger und einfacher erhältlich zu machen und ihren Einsatz nachhaltiger zu gestalten.

Die Entwicklungsländer definieren selbst ihren Bedarf und ihre Ziele. Anstelle von bilateralen Abkommen vieler einzelner Staaten und Organisationen, welche die Empfängerländer häufig überfordern, werden die finanziellen Mittel in einer Organisation gesammelt und gemäß der gemeinsamen Ziele eingesetzt. Dadurch werden Projekte effizienter, und die Transaktionskosten sinken.


Beteiligung der Zivilgesellschaft

Der Globale Fonds finanziert Projekte, die von lokalen Akteuren im Rahmen des „Country Coordinating Mechanism“ erstellt werden. Ist ein Land an einer Unterstützung durch den Globalen Fonds interessiert, muss eine solche Partnerschaft gegründet werden. Sie sichert die Beteiligung von Regierungen und Nichtregierungsorganisationen, akademischen Institutionen und privaten Unternehmen sowie Menschen, die von den drei Krankheiten – Aids, Tuberkulose und Malaria – betroffen sind. Die Zivilgesellschaft wirkt so direkt an den Entscheidungsprozessen mit. Die Umsetzung der Projekte zu beaufsichtigen ist ebenfalls Aufgabe der Partnerschaften.

Gavi stellt Impfstoffe für Entwicklungsländer bereit und unterstützt deren Grundsätze und Strategien anstatt in Konkurrenz zu ihnen zu treten. Gavi arbeitet sowohl mit staatlichen Strukturen als auch mit der Zivilgesellschaft zusammen. Oft muss die nötige Infrastruktur wie Kühllastwagen, Kühlschränke und Solaranlagen zur Stromproduktion zur Verfügung gestellt werden. Ebenso wichtig ist es, das lokale Gesundheitspersonal auszubilden und die Bevölkerung über die Bedeutung von Impfungen zu informieren. Daneben leistet Gavi auch viel politische Überzeugungsarbeit.

Beide Organisationen legen Wert auf die Förderung von Eigenverantwortlichkeit. Bei Investi­tionen des Globalen Fonds muss das Empfängerland auch selbst Gelder bereitstellen. Dadurch sind die heimischen Finanzierungsanteile stark gestiegen. Mehr als die Hälfte aller Ausgaben für HIV, drei Viertel der Ausgaben für Tuberkulose und etwa ein Viertel aller Ausgaben im Kampf gegen Malaria werden mittlerweile von den betroffenen Staaten selbst finanziert. Gavis Ansatz zielt darauf ab, dass alle Länder auf lange Sicht ihre Impfprogramme selbst tragen können. Heute finanzieren schon 14 Länder mindestens ein Impfprogramm aus Eigenmitteln, und vier vormals von Gavi unterstützte Länder bezahlen inzwischen sogar alle ihre Impfprogramme selbst: Bhutan, Honduras, die Mongolei und Sri Lanka.

Gavis Ziel ist es, jedes Kind mit den Impfungen zu versorgen, die es braucht. Dazu dürfen sie nicht viel kosten. Indem Gavi die Nachfrage nach Impfstoffen von Entwicklungsländern bündelt und den Herstellern – dank der durch Geber gesicherten Finanzierung – langfristige Planungssicherheit gibt, bieten mehr Hersteller günstigere Impfstoffe an. Im Jahr 2001 arbeitete Gavi mit fünf Impfstoffherstellern in fünf Ländern zusammen, mittlerweile sind es 16 Impfstoffhersteller aus 11 Ländern. Viele davon sind in Entwicklungs- und Schwellenländern wie dem Senegal, Indien oder Indonesien ansässig.

Der durch Gavi angestoßene Wettbewerb im Impfstoffmarkt hat zu erheblichen Preissenkungen geführt. Ein Kind vollständig, das heißt nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation, zu impfen kostete 2010 noch $ 35, im Jahr 2015 nur noch $ 20. Der starke Rückgang ist vor allem auf die gesunkenen Kosten des Impfstoffs gegen das Rota­virus zurückzuführen, der Kinder vor schweren Durchfallerkrankungen schützt. Innerhalb von fünf Jahren sank der Preis um 70 Prozent. Der Fünffachimpfstoff gegen Diphterie, Tetanus, Keuchhusten, Polio und Haemophilus influenzae Typ b, bekannt als Hib, sank um 43 Prozent.


Wichtigstes Instrument

Im Laufe seines Bestehens hat sich der Globale Fonds zum wichtigsten Finanzierungsinstrument im Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria entwickelt. Mit seiner Hilfe wurden seit 2002 20 Millionen Menschenleben gerettet. 9,2 Millionen HIV-Infizierte und Aidskranke erhielten lebensrettende Medikamente, und bei 3,6 Millionen schwangeren Frauen wurde die Übertragung des Virus von der Mutter auf das Kind verhindert. Außerdem finanziert der Globale Fonds die Hälfte aller Malariaprogramme. Die Anzahl der Fälle, in denen Malaria tödlich verläuft, ist zwischen 2000 und 2015 weltweit um 48 Prozent zurückgegangen.

Bei einer Finanzierungskonferenz im kanadischen Montreal sind Mitte September fast 13 Milliarden Dollar für die weitere Arbeit des Globalen Fonds in den Jahren 2017 bis 2019 zusammengekommen. Damit sollen 8 Millionen Menschenleben gerettet, 300 Millionen Neuinfektionen mit den drei Krankheiten verhindert und 41 Milliarden Dollar an Eigenmitteln in den Empfängerländern mobilisiert werden.

Gavi ist eine ähnliche Erfolgsgeschichte. Seit der Gründung wurden 580 Millionen Kinder geimpft und dadurch mehr als 8 Millionen Leben gerettet. Gavis Arbeit hat dazu beigetragen, die weltweite Kindersterblichkeit seit den 1990er Jahren zu halbieren. In den Ländern, in denen die Impfallianz aktiv ist, ist die Kindersterblichkeit allein zwischen 2010 und 2015 stark gesunken: Starben 2010 noch 76 von 1000 Kindern, waren es 2015 noch 63. Gavi will zwischen 2016 und 2020 300 Millionen Kinder immunisieren und dadurch 5 bis 6 Millionen mögliche Todesfälle verhindern.


Karoline Lerche ist Pressesprecherin von ONE.
karoline.lerche@one.org

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