Berufstätigkeit

Wie jemand etwas wird

In unserer Kolumne „Heutzutage“ berichten Korrespondenten aus Entwicklungsländern über alltägliche Begebenheiten. Peter Musa schreibt über das blühende Achaba-Gewerbe in Kamerun.

Von Peter Musa

Erschwingliche Motorräder aus China überschwemmen seit einiger Zeit den Markt in Kamerun. Sie geben vielen Menschen, die keinen Job hatten, eine neue Perspektive. Junge Männer bieten nun Taxi-Dienstleistungen an – darunter sind Hochschul­absolventen ebenso wie Schulabbrecher, ausgebildete Mechaniker ebenso wie ungelernte Kräfte. Der neue Beruf heißt „Achaba“ oder „Akada“ und sorgt für bessere Aussichten.

Das Achaba-Gewerbe blüht im ganzen Land. Ein Beispiel ist Kumbo, die Hauptstadt der Bui-Region im Nordwesten von Kamerun. Kumbo hat heute rund 150 000 Einwohner und 3000 Achabas. Divine Suiven ist ein Kunsthandwerker, der voriges Jahr in das neue Transportgeschäft eingestiegen ist. Er sagt, es sei lukrativ: „Du musst keine Waren beschaffen und dann darauf warten, dass Kunden kommen und kaufen. Du musst nur dafür sorgen, dass dein Motorrad in gutem Zustand ist und dass du Benzin im Tank hast. Dann kannst du Geld verdienen, solange sich die Räder drehen.“

Wenn er Aufträge hat, betreibt Suiven nebenher weiterhin sein Kunsthandwerk. Sonntags predigt er in seiner evangelikalen Gemeinde. Achaba-Fahrer bauen Häuser, heiraten und manche finanzieren sogar die Ausbildung ihrer Geschwister.

Die Nachfrage ist stark. Achabas sind billiger als Autotaxis und zugleich viel schneller und auch bequemer als Minibusse. Wer sein eigenes Motorrad besitzt, kann ordentlich Geld verdienen. Einige sind so erfolgreich, dass sie sich eine zweite oder sogar dritte Maschine kaufen können, auf der dann ihre Brüder oder Vettern den Taxibetrieb aufnehmen. Während der drei Monate langen Ferien im Sommer haben auch viele Schüler und Studenten auf diese Weise Geld verdient.

Es gibt aber auch Klagen. Manche Leute haben in Motorräder investiert und lassen junge Männer damit Geld verdienen. Offensichtlich sind aber nicht alle Fahrer ehrlich, so dass sich viele Eigentümer hintergangen fühlen. Letztere sagen zumindest, dass manche jungen Männer nicht korrekt abrechnen und zuviel Geld selbst behalten.

Das Achaba-Wesen hat noch andere Schattenseiten. Zu den Risiken gehören Fahrer ohne Lizenz, Motorräder in schlechtem Zustand, rücksichtslose Raserei und Missachtung der Verkehrsregeln. Es hat schon schreckliche Unfälle gegeben. Jedenfalls ist die Arbeit anstrengend, denn fast alle Straßen in Kumbo sind Erdpisten.

Erfreulich ist aber, dass die Kriminalität zurückgegangen ist. Viele Leute führen das auf die Achaba-Revolution zurück. Früher gab es viel Diebstahl und sogar Raub, und die Angst davor war in Kumbo weit verbreitet. Wenn junge Männer heute dringend Geld brauchen, ist es aber viel wahrscheinlicher, dass sie sich im Transportgewerbe versuchen, als dass sie kriminell werden.

Die Achabas sind aus Kumbos Alltag nicht mehr weg zu denken. Das beste daran ist, dass es vielen jungen Männern, die sich als „nobodies“ fühlten, einen respektablen Beruf verschafft hat.

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