Wertschöpfungsketten

Sorgfaltspflicht

Rund 43,5 Kilogramm Material verbraucht die Herstellung eines Mobiltelefons. Neben dem Umwelt-Aspekt sind auch die schlechten Arbeitsbedingungen problematisch. Das „Fairphone“ ist ein interessanter Ansatz, die Branche zu verändern, stellen unabhängige Experten fest. Freiwilliges Engagement reicht aber nicht, um die Handyherstellung ökologisch nachhaltig und sozial gerecht zu machen.
Eine Handy-Aufladestation: Afrikaner benutzen ihre Handys länger als 18 Monate. picture-alliance/dpa Eine Handy-Aufladestation: Afrikaner benutzen ihre Handys länger als 18 Monate.

Eine aktuelle Publikation des unabhängigen Instituts Südwind lobt das „Fairphone“ der niederländischen Organisation Waag Society. Waag versucht über Crowdfunding möglichst alle Handykomponenten unter fairen Bedingungen herzustellen. Bisher können noch nicht alle Bauteile nachhaltig produziert werden, die Organisation unternimmt aber viel. Beispielsweise prüft es die Herkunft der Minerale, fördert kleinformatigen Mineral-­Abbau und koordiniert Recycling. Die Nachfrage für das „Fairphone“ ist groß. Interessenten kommen auf lange Wartelisten, weil Waag nicht so viele Handys produzieren kann, wie geordert werden.

Die Südwind-Autoren betonen, dass Konsumenten den Mobiltelefon-Markt beeinflussen können. Viele Hersteller verleiten zu verfrühtem Wegwerfen. Im Durchschnitt werden Mobiltelefone nur 18 bis 24 Monate lang genutzt. Die Autoren legen Käufern deshalb nahe, auf die Lebensdauer und auf die Bedingungen bei der Produktion des Geräts zu achten. In der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) und anderorts verrichten Menschen Schwerstarbeit, um Metalle wie Kobalt oder Tantal für Handy-Akkus mit Spaten aus der Erde zu holen. Die Arbeitsbedingungen sind hart. Dabei werden große Landflächen zerstört und giftige Chemikalien eingesetzt, wie Südwind ausführt.

Mobiltelefone und ihre Komponenten werden hauptsächlich in China hergestellt. Südwind bemängelt, dass in der Industrie Millionen Menschen meist unter unwürdigen Bedingungen arbeiten. Die Missstände sind etwa niedrige Löhne, Überstunden, Gesundheitsgefahren und überfüllte Massenunterkünfte.

Vielfach entsprechen die Verhältnisse weder nationalen Gesetzen, noch internationalen Abkommen und Standards der Internationalen Arbeitsorganisation oder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), wie Südwind festhellt. Bisher könnten Unternehmen aber nicht belangt werden.

Die Autoren fordern bindende Gesetze. Sie erwähnen den amerikanischen „Dodd-Frank-Act“, der für mehr Transparenz sorgen soll. Demzufolge darf der Rohstoffabbau aus Konfliktgebieten in der DR Kongo nachweislich keine Milizen finanzieren und Zulieferer müssen auflisten, woher sie ihre Rohstoffe beziehen. Die EU hat 2014 eine ähnliche Regelung vorbereitet, sie aber nie beschlossen. Dass Unternehmen nur freiwillig berichten, finden die Südwind-Autoren inakzeptabel. Sie fordern regelmäßige und verbindliche Berichterstattung über Löhne und Arbeitsbeziehungen. Bislang wirken sich freiwillige Initiativen nur auf einen kleinen Teil der Wertschöpfungskette positiv aus, mahnt Südwind.

Theresa Krinninger

Link:
Südwind_Insitut: Die Wertschöpfungskette von Mobiltelefonen.
http://www.suedwind-institut.de/fileadmin/fuerSuedwind/Publikationen/2015/2015-02_Fact_Sheet_Wertschoepfungs­kette_Mobiltelefonen.pdf

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