Presseschau

Magere Ergebnisse und neue Bündnisse

Die meisten Kommentatoren weltweit haben nach dem Klimagipfel von Durban im Dezember betont, dass dessen Resultat nicht reicht, um den globalen Temperaturanstieg schnell genug zu begrenzen. Darüber hinaus widmeten sie ihre Aufmerksamkeit vor allem den neuen Allianzen, die sich abzeichneten. Weder die reichen Nationen noch die Entwicklungs- oder Schwellenländer traten als geschlossene Blöcke auf.

Deutschland: Süddeutsche Zeitung
Die Erderwärmung wird dieser Gipfel nicht aufhalten. Nach einem Jahr wie 2010, in dem weltweit so viel Kohlendioxid ausgestoßen wurde wie nie zuvor, hatten die Staaten auch in Südafrika nichts Besseres zu vereinbaren als einen Fahrplan. Ein Fahrplan lediglich, ein Zeitkorsett. Wenn dieser Fahrplan eingehalten wird, dann soll im Jahr 2020 ein neues Abkommen in Kraft treten. 2020: nach neun weiteren Jahren massiver Emissionen.

Bolivien: La Razón
Selbstverständlich pochen Länder mit hohen Armutszahlen wie Indien, Brasilien oder China auf ihr Recht auf Entwicklung und wollen sich nicht dieselben Beschränkungen wie westliche Länder auferlegen. Allerdings ist auch klar, dass solch ein wirtschaftlicher Fortschritt zu Lasten des Klimas letztendlich unser aller Lebensqualität beeinträchtigt. Ob es uns gefällt oder nicht, der Planet wird die Übernutzung unserer Ressourcen nicht mehr lange aushalten. Sie hat bereits eine beispiellose ökologische Krise hervorgerufen, die unsere Art zu leben bedroht.

Argentinien: La Nación
Das Abkommen ist ein Sieg für die EU-Kommissarin Connie Hedegaard. Sie vereinte eine mächtige Koalition aus afrikanischen Ländern, den armen Staaten Asiens, Inselstaaten und großen Spielern wie Brasilien und Südafrika. Zwei Wochen lang hielt sie durch und brachte letztlich die Chinesen und die Nordamerikaner dazu, eine künftige Rechtsbindung zu akzeptieren. Sollten sich die internationale Gemeinschaft 2015 einigen, wäre das ein Meilenstein. Das Buch über die Versuche, den Klimawandel aufzuhalten, müsste neu geschrieben werden.

Bangladesch: The Daily Star
Vor allem den reichen Industrienationen fehlt es am politischen Willen. Die Schwellenländer und die am wenigsten entwickelten Länder, die der Klimawandel am meisten trifft, müssen nun ihre Agenda mit vereinten Kräften voranbringen. Bangladesch ist vom Klimawandel stark betroffen und spielte in Durban und auf dem Climate Vulnerable Forum eine wichtige Rolle. Das Land sollte seine Bemühungen aber ebenfalls verstärken und Länder wie die USA, China, Indien und Brasilien vor den nächsten Klimaverhandlungen dazu bringen, mehr zu tun.

Quatar: Al Jazeera English
Wegen der anhaltenden Unruhen im Mittleren Osten kann man über die künftigen Positionen in der Arabischen Liga samt Palästina nur spekulieren. Sollte das Joch lokaler Despoten abgeworfen werden, könnte die Gruppe zu einer fortschrittlichen Stimme in der Klimapolitik werden. Doch solche Hoffnungen scheinen in weiter Ferne zu sein. Derzeit stehen Mitglieder der Arabischen Liga wie Saudi-Arabien dem Wandel noch im Wege, wenn sie darauf beharren, dass Klimaverträge das Ölgeschäft nicht beeinträchtigen sollen.

Großbritannien: The Guardian
Es gibt einen beständigen Interessenkonflikt zwischen den entwickelten Nationen und den Entwicklungsländern im Kampf gegen den Klimawandel. Die Frage ist, wer für die Vergangenheit bezahlt und wie die Zukunft finanziert wird – ohne denen das meiste aufzubürden, die vom Klimawandel am stärksten betroffen sind: den am wenigsten entwickelten Ländern und kleinen Inselstaaten. Das Kyoto-Protokoll zog die entwickelten Länder zu Recht zur Verantwortung. Seitdem streben sie einen neuen Vertrag an, der das schnelle Wachstum einiger Schwellenländer widerspiegelt, die mittlerweile mehr als die Hälfte der Kohlendioxid-Emissionen verursachen. Der größte Erfolg in Durban war die Überwindung der verbitterten Opposition, vor allem Indiens, dessen Wirtschaftswachstum eine Armutsquote von über 40 Prozent verschleiert.

Indien: Business Standard
Die westlichen Medien machten Indien zum Sündenbock, der die Verhandlungen fast scheitern ließ, und verurteilten es als ein Land, das ein Recht auf Verschmutzung will. Aber sind die Dinge so einfach? Als die Klimaverhandlungen vor 20 Jahren begannen, war klar, dass die industrialisierte Welt, die für 70 bis 80 Prozent der Emissionen in der Atmosphäre verantwortlich war, aufstrebenden Ländern Raum zum Wachsen lassen musste. Die Vereinbarung war, mit Geld und Technologietransfer den Emissionsanstieg in diesen Ländern zu begrenzen. Das ist aber nicht geschehen. Anspruchslose Ziele wurden gesetzt; die USA und andere große Verschmutzer stiegen aus. Das Geld ist nie geflossen.

China: People’s Daily
Die entwickelten Länder enttäuschten während der ganzen Konferenz. [...] Anstatt Verantwortung zu übernehmen, verwendeten sie die meiste Kraft darauf, anderen die Schuld zuzuschieben. In der Vergangenheit beschuldigten sie China entweder, Klimaverhandlungen scheitern zu lassen, oder nutzten das Land als Grund, ihre eigenen Emissionen nicht zu drosseln. Sie argumentieren, China sei kein Entwicklungsland mehr. Als einer der größten Verschmutzer solle es sich wie seine entwickelten Partner auf ein Emissionsziel festlegen. Doch ohne die nötige Technologie wird diese Forderung Chinas Entwicklung bedeutenden Schaden zufügen.

Algerien: El Watan
Das Treffen fand aus Expertensicht in besonders ungünstigem Umfeld statt, mit einer vom Kongress blockierten amerikanischen Regierung und einem Europa, das sich über Schuldenfragen und Eurokrise spaltet. Daher fehlte es an Führung in der Klimafrage. Doch diese Führung könnte in der Zukunft den Schwellenländern (Brasilien, Indien, China und Südafrika) zufallen.

Südafrika: Business Day
Der größte Sieg ist, dass die Präsidentschaft des Klimagipfels unter dem Vorsitz der Ministerin für internationale Beziehungen und Zusammenarbeit, Maite Nkoana-Mashabane, sowohl entwickelte Länder als auch Entwicklungsländer dazu brachte, Verpflichtungen zur Emissionsreduktion für mehr als 200 beteiligte Nationen im Prinzip zuzustimmen. Das ändert die Lage erheblich, zumindest prinzipiell. Das Problem bleibt aber, dass seit 17 Jahren darüber verhandelt wird, was gegen den Klimawandel unternommen werden muss, und wir nicht mehr erreicht haben. Wie soll man erklären, dass wir das Leben, die Heimat und die Existenzgrundlage derer geopfert haben, die in den niedrig gelegenen Staaten leben, was auf den Malediven besonders sichtbar ist. [...] Die Ergebnisse von Durban übertrafen die südafrikanischen Versprechen teilweise, aber das mag auch daran liegen, dass sich Frau Nkoana-Mashabane an das Prinzip „Wenig versprechen und dann mehr liefern“ gehalten hat.

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