Sonnenenergie

Licht und Schatten

Solar-Home-Systeme machen in Burkina Faso Strom für die ländliche Bevölkerung verfügbar. Doch mehr Aufklärung über Aufbau und Nutzung der Anlagen sind nötig – und bessere Finanzierungsmöglichkeiten auch.
Installation eines Solar-Home-Systems. Milz Installation eines Solar-Home-Systems.

Wer durch Burkina Faso fährt, kann entlang der Straßen aller kleinen und großen Städte blaue Scheiben von Solarmodulen in der Sonne blinken sehen. Manche Ecken großer Märkte sehen aus wie kleine Solarmessen. Es werden alle Komponenten für kleine und größere Solar-Home-Systeme angeboten, mit denen Familien ihre Haushalte mit Strom versorgen können.

Seit 1982 werden in Burkina Faso unter anderem Telekommunikations-Funkstationen mit Solarstrom versorgt. Mittlerweile werden an vielen Orten, die nicht an das Stromnetz angeschlossen sind, auch Handyladestationen, Lampen, Radios und Fernseher mit Sonnenenergie betrieben.

Die Funknetze wurden früher und besser ausgebaut als die Stromnetze. Bald besaßen viele Menschen zwar ein Handy, aber nur wenige hatten Stromanschlüsse, um es aufzuladen. Ladestationen wurden deshalb vielfach mit Generatoren versorgt. 2006 begann die Firma Microsow Ladestationen zu bauen, die auf Solarmodulen beruhen. Damit können Akkus für Handys und andere Geräte aufgeladen werden.

Eine Ladestation kann einträglich sein. Ein Handy aufzuladen kostet Verbraucher 10 bis 15 Eurocent. Ladestationen werden auch vermietet. Manche Haushalte verfügen über komplette Solar-Home-Systeme.

Die lokalen Solarmärkte und Photovoltaik-Installionsbetriebe haben sich aus eigener Kraft entwickelt. Sie sind weitgehend in der Hand einheimischer Unternehmer. Solarfirmen bauen große und kleine Anlagen für private, gewerbliche, staatliche und karitative Abnehmer. Letztere stützen sich oft auf Spenden.

Vereinzelt sind europäische Unternehmen im Solarmarkt in Burkina Faso aktiv. Größere, international finanzierte Projekte bleiben bisher aber Ausnahmen. Zum Beispiel will die EU den Bau eines 32-Gigawatt-Photovoltaik-Kraftwerks in der Nähe der Hauptstadt Ouagadougou finanziell unterstützen. Es soll den Energiebedarf für 400 000 Menschen decken. Das wären sechs Prozent der Stromversorgung des Landes.


Kosten und Qualität

Eine staatliche Subventionierung für erneuerbare Energien wie in Deutschland, wo Erzeuger dafür bezahlt werden, Strom ins Versorgungsnetz einzuspeisen, gibt es in Burkina Faso nicht. Wer unentgeltlich einspeist, darf aber bei Bedarf auch wieder kostenlos Strom aus dem Netz abrufen.

Positiv für die Entwicklung der Solarmärkte in Burkina Faso ist die Streichung der Zollgebühren auf Solarmodule seit Anfang 2013. Für Solarmodule müssen pro Watt zwischen zwei bis drei Euro gezahlt werden. Solarregler kosten zwischen 20 und 60 Euro, und Solarbatterien sind sogar günstiger als in Europa. Lokale Solarmärkte gibt es im ganzen Land.

Leider können sich nur Menschen mit höheren Einkommen alle nötigen Komponenten leisten. Immerhin bekommt ein Teil der ländlichen Bevölkerung mit kleinen Einkommen Bankkredite. Auch deshalb konnten die Solarmärkte in den vergangenen Jahren stark wachsen. Gäbe es mehr Ratenkredite, könnten sich aber noch mehr Familien Solaranlagen leisten.
 
Hilfreich wären auch differenziertere Marktanalysen. Händler könnten dann ihr Angebot besser auf die Nachfrage ausrichten. Wenn sie höhere Umsätze erzielen, können sie ihre Preise senken. Klar ist aber, dass in ländlichen Gebieten, wo 80 Prozent der Burkinabé leben, der Bedarf an 30-Watt-Solarmodulen hoch ist.

Ein großes Problem ist die Qualität der Solarkomponenten. Oft ist sie nur durchschnittlich oder mangelhaft. Auch reine Betrugsware ist auf dem Markt. So gibt es beispielsweise Solarregler mit Markennamen, die nur zwei kleine elektronische Bauteile enthalten und keinen echten praktischen Wert haben. Manchmal werden chinesische Solarmodule mit aufgeklebter Etikette als „made in France“ verkauft. Wer so etwas anbietet, handelt meist nicht in böser Absicht, sondern hat keine Ahnung und ist überfordert.

Ähnliche Unwissenheit herrscht auch beim Aufbau der Solarsysteme. Während beim Bau von Ladestationen überwiegend clevere Autodidakten gute Arbeit leisten, gibt es größere Probleme, wenn Laien ganze Solar-Home-Systeme installieren. Oft werden zu viele Endgeräte an zu kleine Systeme angeschlossen, und wenn der Wechselrichter dann kaputtgeht, wird die Schuld dem chinesischen „Elektroschrott“ gegeben.

Nötig wären systematische Schulungen. Die Grundkenntnisse für den Bau kleiner Solar-Home-Systeme sind nicht schwer zu vermittlen. Laien können das in kurzer Zeit erlernen. Das Barefoot College in Indien bildet analphabetische Frauen aus aller Welt hierfür aus. Sechs Frauen aus Burkina Faso nahmen 2011 an einer solche Ausbildung teil und installierten danach in ihren Heimatdörfern jeweils 100 kleine Solar-Home-Systeme. Heute sind sie für die Wartung zuständig.

Auch für einheimische Installationsfirmen, die oft über gute, in Europa ausgebildete Fachkräfte verfügen, könnte der Aufbau von Solar-Home-Systemen ein neues Geschäftsfeld sein. Sorgfältige Marktanalysen sollten das Nachfragepotenzial ausloten.

Neben Schulungen zum Aufbau fehlt in Burkina Faso auch eine Verbraucher­beratung, die Produkttests durchführt und darüber aufgeklärt, welche Geräte für Solar-Home-Systeme besonders effizient sind. Tatsächlich sind viele technische Lösungen, die vermarktet werden, nicht optimal. So ist das Angebot an Energiesparlampen und lichtschwachen LED-Leuchtmitteln relativ hoch, während supereffiziente LED-Leuchtmittel, mit denen Solar-Home-Systeme erst richtig wirtschaftlich werden, selten zu finden sind. Dabei könnten Großhändler sie in China günstig einkaufen. Auch stromsparende Radios und Fernseher sind selten.

Die ländliche Bevölkerung müsste mehr über den wirtschaftlichen und ökologischen Nutzen von Solar-Home-Systemen erfahren. Netzanschlüsse sind Bauernfamilien meist zu teuer. Sie haben aber zahlreiche Kleingeräte, die sie mit Einwegbatterien betreiben. Manche Großfamilien mit 20 bis 30 Personen verbrauchen bis zu 1100 Batterien im Jahr. Diese werden nach Aufbrauch oft achtlos aufs Land geworfen und vergiften Ackerböden. Mit einer Solaranlage könnten dieselben Haushalte Akkus aufladen und immer wieder verwenden.

Burkina Faso hat alles zur Nutzung der Solarenergie: Sonne, Märkte, Installationsbetriebe und potenzielle Verbraucher. Was für eine gute weitere Entwicklung fehlt, sind vor allem Informationen über das eigene Potenzial und die effektive Nutzung der Solarenergie.

Deutsche Institutionen – allen voran die GIZ – können zum Erfolg beitragen. Erneuerbare Energien sind zu Recht eines ihrer Schwerpunktthemen. In Burkina Faso gibt es für die Solarenergie noch gewal­tigen, ungedeckten Bedarf. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sieht sogar Chancen für eine Exportoffensive. Leider stellt es sein Know-how aber nur deutschen Firmen zur Verfügung.

 

Arwed Milz koordiniert das Pilotprojekt „Reis statt Giftmüll“ für den deutschen Verein Lernen-Helfen-Leben in Burkina Faso. Es geht darum, Bauern den Wechsel von Einwegbatterien zu solarauflad­baren Akkus nahezulegen.
arwed.milz@gmx.de

 

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