Heutzutage

Ein Leben lang auf der Flucht

Viele Südsudanesen, die nach dem Gewaltausbruch im Dezember ihr Land verlassen mussten, haben ihr altes Leben als Flüchtlinge nach kurzer Unterbrechung wiederaufgenommen. Während des 30-jährigen Bürgerkrieges, der Südsudan schließlich die Unabhängigkeit brachte, hatten sich viele in Flüchtlingslagern in Nachbarländern einrichten müssen.
Peter Okello Peter Okello Peter Okello

John Lokololomoy lebt im Kakuma Refugee Camp in Nordkenia. Er erinnert sich an den Tag im Jahr 1991, als er erstmals floh. „Plötzlich hörte ich Schüsse. Mir war nicht klar, wer uns angriff, aber wen kümmert das, wenn das Ende der Welt naht. Ein Rebellen-Kommandeur schrie: ‘Tötet sie! Tötet sie, zündet ihre Häuser an, wenn sie noch drin sind!’ Ich musste um mein Leben rennen.“

John floh nach Äthiopien, wo schon Tausende sudanesische Flüchtlinge waren. Später kehrte er zurück nach Jonglei (das nun im Südsudan liegt), bis feindliche Milizen die Region eroberten. „Ein Flugzeug bombardierte uns. Unsere Hütten brannten zu Asche, und viele Menschen kamen ums Leben.“ Er musste wieder fliehen – und war rund zwei Monate unterwegs. Wie viele andere überquerte John 1992 die kenianische Grenze. „Wir wurden willkommen geheißen. Leute von der UN gaben uns Essen, Wasser, Medizin und ein Dach über dem Kopf. Später wurden wir dann hierher ins Kakuma Refugee Camp gebracht.“ Das Lager wird vom UNHCR (UN High Commissoner for Refugees) verwaltet. Es ist seit 20 Jahren Johns Zuhause. Er hat sogar dort studiert.

Laut offiziellen Quellen kehrten die meisten südsudanesischen Flüchtlinge, die das Land in den 1980ern und 1990ern verlassen hatten, 2010 zurück. Die meisten von ihnen hatten ihr gesamtes Erwachsenenleben in einem Flüchtlingslager verbracht. Im Februar 2013 entschied sich auch John Lokololomoy zur Heimkehr. „Endlich konnte ich wieder in meinem eigenen Land wohnen“, erzählt John. „Aber nur wenige Monate später, am 15. Dezember 2013, brachen die Unruhen aus. Ich musste wieder ins Exil. Vielleicht wurde ich dazu geboren, als Flüchtling zu leben. Aber Gott bewahre, dass ich auch als Flüchtling sterbe.“

John ist einer von Tausenden, die als eine Art nomadische Flüchtlinge leben, ohne Chance, sich an einem Ort anzusiedeln. Ihr einziges stetiges Heim ist ein UNHCR-Lager, wo die Lebensbedingungen nicht so hart sind wie in den zurück­gelassenen Dörfern. In den Flüchtlingscamps gibt es ­Schulen, Gesundheitsversorgung und kostenloses Essen – genug zum Überleben. ­Manchmal bietet die UN jungen Leuten Stipendien an. Aus- und Weiterbildungen sind ebenfalls möglich. Laut UNHCR-Angaben vom vergangenen Jahr ist Kenia „das Land in Afrika, das die meisten Flüchtlinge aufgenommen hat“: 600 000 Menschen. Täglich kommen aber weitere Süd­sudanesen über die Grenze. In ihrem Land wird weiter gekämpft (siehe Kommentar auf S. 262).

Solange sich die Lage nicht stabilisiert, hat John Lokololomoy wenig Hoffnung auf Rückkehr. Es ist besser, auf unbestimmte Zeit in einem Flüchtlingslager zu wohnen, als sein Leben zu riskieren.

Peter Owar Okello ist Journalist aus Bor, Südsudan. Er lebt derzeit in Nairobi. okello17art@gmail.com

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