Urbanes Leben

Entspannung in der Megastadt

Aditi Roy Ghatak berichtet über einen innovativen Dachgarten in Kolkata, der mehreren Zwecken dient: Erholung, Umwelt und Nahrungsmittelproduktion.
Aditi Roy Ghatak ARG Aditi Roy Ghatak

Kolkata (ehemals Kalkutta) ist eine dicht bevölkerte Megacity mit etwa 15 Millionen Einwohnern. Kaum einer würde erwarten, dass jemand hier einen Garten hegt. Anirban Chanda tut das. Er nutzt 90 Quadratmeter auf einem Hausdach und hat dort eine Oase der Harmonie von Mensch und Natur im urbanen Umfeld geschaffen.

Im Dachgarten wachsen Tomaten, Gurken, Blumenkohl, Kohl, Chilis, Paprika, Spinat, Basilikum, grüne Bohnen, Kürbisse, Salat, Rüben, Papayas – saisonales Obst und Gemüse, dazu Kräuter und Blumen. Dazwischen stehen Aquarien, in denen Chanda Tilapia und Raubwelse züchtet. Bengalen essen sehr gern Fisch.

Chanda hat ein System entwickelt, dank dessen auf kleiner Fläche Flora und Fauna üppig gedeihen. Sein Aquaponiksystem kombiniert Hydrokultur (zur Aufzucht von Nutzpflanzen mit Nährlösung) und Aquakultur (zur Fischzucht), um Nahrung zu produzieren. Abwasser aus Aquakulturen ist voller Pflanzennährstoffe und kann deshalb als Dünger dienen. Die Methode ist umweltfreundlich und nachhaltig – und funktioniert auch in großen  Ballungsräumen.

Chanda sagt, dass sein selbstgebautes System weniger koste als die meisten Aquaponikanlagen  weltweit. Es braucht weder viel Wasser, noch macht es viel Arbeit. Der junge Mann sagte, es sei auf die meisten Orte weltweit übertragbar. Alles, was er brauche, sei preiswert und selbst gemacht. Dass das Wasser im Ganges-Delta nie knapp wird, ist aber sicherlich ein Standortvorteil Kolkatas.

„Ich brauche Wasser, Sauerstoff – den eine Pumpe zuführt, wenn es nötig ist – Fischfutter und Regenwürmer, die die Erde lockern und mineralisieren und Luft an die Wurzeln lassen“,  sagt Chanda. Die Pflanzen ziehen ihre Nährstoffe aus dem umgewandelten ammoniakreichen Abwasser, das in den Aquarien entsteht, und das übrig gebliebene Fischfutter wird von Bakterien und sauerstoffreichem Wasser nitriert. Drei Jahre hat Chanda gebraucht, um das System zu installieren. Mittlerweile erntet er und schätzt, dass die Erträge die Investitionskosten innerhalb von fünf Jahren decken.

Was wäre, wenn die Hälfte aller Hausdächer in Kalkutta solche Gärten hätte? „Tolle Idee“, sagt Chanda, und eine lange Liste von Vorteilen schießt aus ihm heraus: „Frische Bionahrung; selbst gezüchteter Fisch; folglich weniger Fleischkonsum, somit weniger klimaschädliches Methangas; geringe Nahrungskosten; keine Zwischenhändler; weniger Magen-Darm- und Lungenkrank­heiten; mehr Grün; bessere Luft und mehr Sauerstoff; geringere Belastung des Mikroklimas; gesunde Biodiversität; kühlere Häuser, weil Dachgärten sie isolieren; folglich weniger Bedarf an Klimaanlagen und geringere Stromkosten; weniger Transport von Nahrung in Benzin schluckenden Autos; ein kleinerer ­CO2-Fußabdruck – und natürlich gesündere Menschen!“ Erwähnenswert ist darüber hinaus, dass viele Menschen gern gärtnern – als ein ausgleichendes und befriedigendes Hobby.

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