Ressourcen

Wem gehören die Schätze der Welt?

Öl, Kohle, Uran, aber auch Land, Wasser, Luft: Die Menschheit nutzt viele natürliche Ressourcen. Manche sind unerlässlich zum Leben, andere ermöglichen Wohlstand. Die Frage ist, wie sie verteilt werden.
Vom Nilwasser hängen viele Länder ab: Segelboote in Kairo. Bill Bachmann/LIneair Vom Nilwasser hängen viele Länder ab: Segelboote in Kairo.

An lebenswichtigen Naturschätzen kann man das Dilemma am ein­fachsten erkennen: Soll beispielsweise Wasser nur dem Staat gehören, auf dessen Territorium es sich befindet? Oder sollen Wasserreservoires der gesamten Menschheit zugänglich gemacht werden? Ist es legitim, mit Waffengewalt um Wasserzugang zu kämpfen? Womöglich ja, wenn es ums Überleben geht. Aber gilt das Gleiche auch für den Zugang zu Erdöl?

Mit diesen und anderen Fragen setzt sich der Band „Kampf um Ressourcen. Weltordnung zwischen Konkurrenz und Kooperation“ auseinander.

Viele der Autoren lehren an Philosophie-Instituten, und ihre Sicht auf politische Konflikte ist eine andere als die der Politikwissenschaftler: Im Zentrum der Diskussion stehen ethische Fragen. „Der Wettlauf um knappe Ressourcen (ist) ein zentraler Faktor nationaler Entwicklung und internationaler Beziehungen“, schreiben die Herausgeber Hanna Pfeifer und Michael Reder von der jesuitischen Hochschule für Philosophie München.


Ressourcenkonflikte und Konfliktressourcen

Ressourcen sind knapp und weltweit sehr ungleich verteilt. Daraus folgen Fragen bezüglich Frieden und Sicherheit, ethisch vertretbarem Ressourcenmanagement oder dem Einfluss auf regionale Konflikte. Gängige Annahmen, wie etwa, dass Ressourcenknappheit automatisch zu Konflikten führt, stellen die Fachautoren in Frage.

So etwa schreiben Peter J. Croll, Lena Guesnet und Rebecca Schmitz vom Bonn International Center for Conversion (BICC), Knappheit sei nie absolut zu verstehen, sondern abhängig von der Nachfrage nach einem Rohstoff. Wenn eine große Nachfrage nach einem seltenen Gut besteht, wird es knapp. Es gibt auch Rohstoffe, die zwar ausreichend vorhanden sind, aber beispielsweise durch kriegsbedingte Versorgungsengpässe knapp werden. Oder es entsteht aufgrund neuer Erfindungen plötzlich eine Nachfrage nach einem bestimmten Gut, wie zum Beispiel Seltene Erden für die Hightechbranche.

Die Vorkommnisse von begehrten Rohstoffen führen jedoch nicht notwendigerweise zu Wohlstand in dem betreffenden Land – im Gegenteil: Rohstoffreichtum geht oft mit Massenarmut einher, wie man in den Kapiteln zu regional- und ressourcenspezifischen Konflikten nachlesen kann. Am Beispiel des Uranabbaus in Niger zeigt Autor János Riesz, wie Frankreichs Bedarf an Uran für das nationale Atomprogramm seine Politik in Niger prägt: Es gehe „dabei stets auch um strategische und geopolitische Ansprüche“, die unter anderem von der Kolonialgeschichte herrührten, meint der Autor. Französische Konzerne würden vergünstigte Verträge in Niger bekommen, um Uran abzubauen. Trotz gestiegener Preise für Uran bezahle Frankreich „nur ein Drittel des Weltmarktpreises“. Die breite Bevölkerung Nigers hat von den Uranvorkommen dagegen praktisch nichts.


Natürliche ­Lebensgrundlage der Erde

Ressourcen als primäre Konfliktursache seien jedoch „kaum nachweisbar“, schreibt Raimund Bleischwitz, erfahrungsgemäß würde „letztlich Kooperation bevorzugt“. Ein Beispiel sei Europa, wo mehrere Nationen ihre Rohstoffknappheit als Anreiz zur „Etablierung eines gemeinsamen Binnenmarktes“, nämlich der EU, nahmen.

Die Förderung von Innovationen ist eine weitere Möglichkeit, auf Rohstoffknappheit zu reagieren – Krisen und Konflikte sind demnach nur eine mögliche Konsequenz von Ressourcenknappheit. Es bleibt die Frage, unter welchen  Bedingungen diese Kooperationen vereinbart werden. Es sind „im Kern Governance-­Themen“, schreibt Raimund Bleischwitz. Diesen Herausforderungen müssen sich Unternehmer, Politiker und Gesellschaft gemeinsam stellen, so der Autor.

Es gibt zwei grundlegende Prinzipien betreffs der Eigentumsansprüche bei Ressourcen: zum einen das Allmendeprinzip, was bedeutet, dass bestimmte Rohstoffe im Besitz aller Menschen sind, etwa die Ozeane. Zum anderen gilt das Territorialprinzip, das heißt, dass die Ressourcen, die sich auf dem Gebiet eines bestimmten Staates befinden, auch Eigentum dieses Staates sind, wie zum Beispiel Gold, Holz oder Erdöl.

Manchmal gibt es jedoch strittige Fälle, wenn zum Beispiel ein Staat auf seinem Territorium Staudämme errichtet, die in einem Nachbarstaat zu Wasserknappheit führen. Christoph Horn schreibt in seinem Kapitel mit dem Titel „Wem gehören die Ressourcen dieser Erde?“, das Territorialprinzip sei möglicherweise nicht mehr sinnvoll anzuwenden, wenn es um Ressourcen von „vitaler Bedeutung für alle Erdbewohner“ gehe. Außerdem seien transnationale Probleme wie die Klimaerwärmung und Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlage nicht mehr von Einzelstaaten zu lösen.
 
Dirk Messner, Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik, erklärt,  die Menschheit sei nunmehr an die „Erdsystemgrenzen“ gestoßen. Sein Blick ist global; die Lösungsansätze staatsübergreifend. Am Klimawandel zeige sich der Einfluss der Menschheit auf die Erde, schreibt Messner. Ein menschenverursachtes Phänomen – die Erderwärmung – überlaste das globale Ökosystem, was wiederum Ressourcenknappheit nach sich zöge, so etwa bei Nahrungsmitteln und Wasser.

Dennoch hält Messner effektives Ressourcenmanagement für möglich – dafür sei aber ein „ein hohes globales Kooperationsniveau“ nötig. Faire und wirkungsvolle Global Governance sei zentral, um die Verteilung der knapper werdenden Ressourcen gut zu managen. Messner nennt dies die „große Transformation zur Nachhaltigkeit“, die zur Aufrechterhaltung des Erdsystems notwendig sei.

Sheila Mysorekar
 

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