Corporate Social Responsibility

Keine schwierige Wahl

Unternehmer müssen sich entscheiden, ob sie das Wirtschaftsklima, in dem sie arbeiten, als gegeben hinnehmen oder ob sie zu denen gehören wollen, die es definieren. Internationale Unternehmen haben eine Verantwortung, der sie sich stellen müssen. Aber auch kleine und mittlere Firmen können sich für bessere Regierungsführung einsetzen.

„Wir wollen Afrika darin unterstützen, das Problem hoher indirekter Kosten für die Wirtschaft zu lösen.” Das ist die Absicht Deutschlands während seiner doppelten Präsidentschaft von EU und G8 in diesem Jahr. Es geht nicht nur um Infrastruktur und mehr Entwicklungshilfe. Korruption muss bekämpft und schwache Institutionen müssen gestärkt werden. Sonst bleiben die Unternehmen und die Ökonomien Afrikas international nicht wettbewerbsfähig. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Entwicklungsländer anderer Kontinente.

Seit über zehn Jahren diskutieren multilaterale Organisationen und internationale Konferenzen über Governance-Fragen. Der Rolle der Privatwirtschaft dagegen wurde bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Wie können Unternehmen zum Aufbau gut funktionierender und vertrauenswürdiger Regierungsinstitutionen beitragen? Was können ihre Verbände erreichen? Und wie können Unternehmer helfen, bestehende, gut funktionierende Institutionen zu erhalten? Es gibt offensichtlich ein großes ungenutztes Potenzial.

Auf globaler Ebene gibt es bisher nicht viele allgemein anerkannte Regeln, Normen und Regime. Ein kohärentes System globaler Regierungsführung entsteht gerade erst. Diese Situation bringt für viele Wirtschaftsführer Schwierigkeiten – sie schafft aber auch Handlungsmöglichkeiten. Nehmen wir beispielsweise Korruption. Die Fakten sind bekannt:

Mindestens zehn Prozent aller international getätigten Investitionen verschwinden in dunklen Kanälen. Nach Weltbank-Schätzungen beläuft sich die internationale Korruption jährlich auf eine Billion US-Dollar.
Laut Weltbank-Institut nennen mehr als 70 Prozent der Unternehmen in Südasien Korruption als größte Hürde für ihre alltäglichen Geschäfte. Für Ostasien, Nordafrika und den Nahen Osten sind die Zahlen ähnlich hoch, in Afrika und Lateinamerika liegen sie bei 64 beziehungsweise 60 Prozent.
Korruptionsskandale betreffen außerdem nicht nur arme Länder, wie die Beispiele Siemens oder Volkswagen in Deutschland zeigen.

Angesichts dieser Problematik wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Initiativen zum Kampf gegen die Korruption gestartet:
Es gibt globale Abkommen wie die UN-Konvention gegen Korruption aus dem Jahr 2005 oder die OECD-Konvention gegen Bestechung von 1997.
Ein anderer Ansatz sind freiwillige Konzepte. Dazu gehören der Global Compact der UN, die Geschäftsprinzipien gegen Bestechung von Transparency International und die Extractive Industry Transparency Initiative (EITI).
Verhaltenskodizes fördern die Verwirklichung guter Absichten. Beispiele sind die Verhaltensregeln zum Kampf gegen Bestechung der Internationalen Handelskammer, die Integritätspakte von Transparency International oder die UN-Prinzipien für verantwortliches Investieren.

Unternehmern und Wirtschaftsverbänden ist das Problem offensichtlich bewusst. Ihre Bereitschaft, sich Initiativen und Konzepten anzuschließen, zeugt von der Suche nach Lösungen. Korruption vergrößert unternehmerische Risiken und verschlechtert das Geschäftsklima. Nicht nur die Kosten von Bestechung sind wesentlich. Der Verlust des guten Rufs und krumme Geschäfte mit Politikern führen auf den globalisierten Finanzmärkten zu fallenden Aktienkursen und niedrigeren Gewinnen. Zunehmend müssen Unternehmen darauf achten, dass Regierungen, die Zivilgesellschaft oder internationale Organisationen sie für Verfehlungen ihres Managements und ihrer Mitarbeiter nicht an den Pranger stellen. Unternehmen, die auf globaler Ebene arbeiten wollen, brauchen eine Art soziale Betriebserlaubnis. „Ethisch verantwortliches Wirtschaften ist gutes Wirtschaften“, sagt Huguette Labelle, die Vorsitzende von Transparency International. „Korruption bringt keine Wettbewerbsvorteile.“

Das Streben nach einer gesunden Geschäftsethik passt gut zur Idee von Corporate Social Responsibility (CSR). Langfristig sind transnationale Unternehmen nur erfolgreich, wenn sie die drei Grundregeln Rentabilität, ökologische Nachhaltigkeit und soziale Fairness beachten. Für kleine und mittlere Unternehmen ist die Herausforderung allerdings größer. Sie müssen die banalen Hürden des Alltagsgeschäfts bewältigen. Oft ist Bestechung der einzige Weg, einen wichtigen Auftrag zu bekommen, damit das Geschäft erfolgreich überleben kann. In solchen Fällen versucht das Unternehmen, eine aus seiner Sicht akzeptable Balance zwischen ethischem Verhalten und der Vermeidung möglicher Nachteile für das Geschäft zu finden.
Offensichtlich ist das unter solch schwierigen Umständen für ein Unternehmen allein kaum zu schaffen. „Kollektive Lösungen“ (collective actions) können nach Ansicht des Weltbank-Instituts ein wirksamer Weg sein. Unternehmen tun sich beispielsweise zusammen und definieren Regeln und Normen für ihre Branche. Manchmal umfassen solche Abkommen sogar alle Sektoren einer nationalen Wirtschaft. Ein anderer vielversprechender Ansatz ist, Akteure aus dem privaten und dem öffentlichen Bereich sowie der Zivilgesellschaft zu Multi-Stakeholder-Initiativen zusammenzuschließen. InWEnt und das Weltbank-Institut plädieren für weitere Forschung in diesem Bereich, um bestehende Modelle zu verbessern.

Die Kontrolle und Evaluierung kollektiver Ansätze muss dringend verbessert werden. Zudem müssen die Verfahren zur Messung von Korruption präzisiert werden. Bessere Daten tragen zum besseren Verständnis und damit zu einer wirksameren Bekämpfung des Phänomens bei. Zweifellos können und sollten Wirtschaftsführer eine entscheidende Rolle bei der Sicherung besserer Governance spielen. Darin sind InWEnt und das Weltbank-Institut sich einig; beide bieten vielfältige Programme zum Capacity Building in diesem Bereich an.

Letztlich ist die entscheidende Frage, ob Unternehmer sich als aktive Gestalter des Investitionsklimas verstehen oder es als gegeben hinnehmen. Sozial verantwortlichen Wirtschaftsführern sollte die Antwort leichtfallen. Sie werten Nachhaltigkeitsaspekte als wichtige Kriterien für Investitionsentscheidungen und nutzen Chancen, Regierungsführung zu verbessern. Auf dem 12. Internationalen Wirtschaftsforum in Washington D.C., zu dem InWEnt und das Weltbank-Institut im Oktober einladen, wird es um dieses Thema gehen (siehe Kasten).

Wo regulative und normative Rahmen fragil sind, kämpfen Unternehmen mit Korruption und Bürokratie. Manager sollten solche bedrückenden Zustände nicht einfach akzeptieren, sondern strategische Allianzen mit internationalen Organisationen schmieden, um die Lage zu verbessern. Das wird die Wettbewerbsfähigkeit sowohl der Unternehmen als auch der Wirtschaft der Gastländer langfristig stärken.

Es gibt ganz offensichtlich wirtschaftliche Beweggründe, das oben zitierte Ziel des deutschen G8- und EU-Programms zu unterstützen. Das britische Netzwerk „Business Action for Africa“ hat kürzlich konstatiert: „Strategien zur Armutsbekämpfung werden scheitern, solange es keine wirksamen Initiativen zur Förderung von Privatwirtschaft und Handel gibt.“ Die G8-Initiativen zur Erhöhung der Entwicklungshilfe und zum Schuldenerlass sind zwar zu begrüßen. Sie reichen aber nicht, um Armut erfolgreich zu bekämpfen.

Viel zu lang war der G8-Prozess hauptsächlich eine Sache von Regierungen. Nichtstaatliche Organisationen, die Zivilgesellschaft insgesamt, traten bisher meist nur als lautstarke Kritiker auf. Es ist an der Zeit, dass Unternehmer mehr Verantwortung übernehmen. Richtig verstanden, umfasst Global Governance auch die Privatwirtschaft und hängt teilweise sogar ab von ihr. Das gilt vor allem für die laufende Debatte über die Verbesserung des Geschäftsklimas in armen Ländern.

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