Pressestimmen

Dimensionen der Krise

Ende 2013 ist in der Zentralafrikanischen Republik die Gewalt eskaliert. Nach einem Putsch im März hatte das Land keine echte Stabilität gefunden. Im Dezember schickte Frankreich Truppen zur Unterstützung afrikanischer Peacekeeper in das Land, wofür der UN-Sicherheitsrat das Mandat erteilte. Multilaterale Institutionen, die EU und verschiedene Geberländer versprachen finanzielle und logistische Unterstützung. Zu Redaktionsschluss vor Weihnachten schien die Lage vielerorts chaotisch. Internationale Medien kommentierten die Ereignisse.
Ein AU-Peacekeeper Mitte Dezember in Bangui. Delay/AP/picture-alliance Ein AU-Peacekeeper Mitte Dezember in Bangui.

Frankreich: Libération

Nach Mali nun die Zentralafrikanische Repu­blik. Unter einem sozialistischen Oberbefehlshaber wird die französische Armee wieder zum Gendarm Afrikas. Beide Interventionen sind rechtmäßig wegen des Mandats des Sicherheitsrats. Beide sind Notfallreaktionen. (...) Die gesamte politische Klasse – mit Ausnahme der radikalen Linken und Rechten – unterstützt die Einsätze, und das tun auch die europäischen Verbündeten und die USA, die gern den Franzosen den Fronteinsatz überlassen. Nach 50 Jahren Unabhängigkeit applaudieren afrikanische Spitzenpolitiker der ehemaligen Kolonialmacht bei der Intervention in souveräne Staaten. (...)

Ein Grund für Staatszerfall im frankophonen Afrika ist das ungleiche, korrupte und korrumpierende Beziehungsgeflecht namens „Françafrique", das den Eliten dient, aber den Völkern Afrikas nichts bringt. Seit Mitterrand haben alle französischen Präsidenten versprochen, dem ein Ende zu setzen – ohne Ergebnis.

 

Kamerun: L’Effort Camerounais

Außerhalb der Zentralafrikanischen Republik mag vielen Menschen das Schicksal der Tausenden Menschen, die im Konflikt stecken, egal sein. Die zunehmende Betonung religiöser Differenzen und die volatile soziopoli­tische Lage Afrikas – besonders südlich der Sahara – zeigen aber, dass Menschen auch in „stabilen" und „friedlichen" Ländern nur potenzielle Flüchtlinge sind. (...) Kamerun hat ein Truppenkontingent gestellt, um die re­gionalen Peacekeeper zu unterstützen. Derweil tun diese und die gesamte internationale Gemeinschaft sich schwer damit, Frieden in dem gewaltgeplagten Land zu sichern. Solche Bemühungen führen meist erst nach Monaten, wenn nicht Jahren, zu positivem, sichtbarem Wandel. Den Menschen, die ohne eigenes Zutun in den Krieg geraten sind, fällt es aber immer schwerer, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen (im Oktober veröffentlicht).

 

Washington Post

Es begann als Putsch der muslimischen Seleka-Koalition und wurde zu einer landesweiten Orgie des Plünderns, Vergewaltigens und Mordens. Der Konflikt hat Dschihadisten aus Tschad und Sudan angelockt, Racheakte von christlichen Milizen ausgelöst, den zivilen Staatsapparat kollabieren lassen und zu massenhafter Flucht und Not geführt. Die internationale Gemeinschaft hat relativ schnell reagiert – aber wohl nicht in ausreichendem Maß. Wie in Mali hat Frankreich die militärische Führung übernommen, um Milizen und Banden zu entwaffnen. Kürzlich kamen Franzosen um, und Präsident François Hollande steht daheim in der Kritik. Aus den Strapazen der vergangenen Dekade ist Frankreich aber als eines der wenigen westlichen Länder mit intaktem Gewissen und Selbstvertrauen hervorgegangen. Mehrere tausend AU-Soldaten sind auch im Einsatz, und einige hundert werden zusätzlich (aus Burundi) mit US-Logistik herbeigeholt. (...)

Abgesehen von der zentralen Aufgabe, Zivilisten vor Mord zu schützen, kommt es nun wohl vor allem darauf an, religiöse Führungspersönlichkeiten dazu zu bewegen, die Spannungen zu reduzieren, um dem Verfolgungswahn auf beiden Seiten entgegenzuwirken und Vertrauen aufzubauen. Die Geschichte der Zentralafrikanischen Republik ist seit langem von politischer Instabilität, aber nicht von religiösem Hass geprägt. Oft wird übersehen, dass erfolgreiche Diplomatie auch darauf beruht, den Glauben ernst zu nehmen. Religiöse Führungspersönlichkeiten einzubeziehen ist in diesem Fall wohl der beste Weg, den Wunsch der Mehrheit nach friedlichem Zusammenleben zu fördern.

 

Zentralafrika/Frankreich: www.centreafrique-presse.info

Nein, dieser Krieg ist kein Glaubenskrieg, und die verschiedenen Stämme und ethnischen Gruppen existieren auch nicht als eigenständige Einheiten außerhalb ihres sozialen Kontextes. Sie sind nur die Fortschreibung von Definitionen aus der Kolonialvergangenheit. Afrikaner müssen neue Analysemittel ent­wickeln, um besser zu verstehen, welche Konflikte trotz der Bereitschaft, ein „gemeinsames Wir" zu definieren, aufbrechen können. Sonst wird sich keine Konfliktlösung als dauerhaft erweisen.

 

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