Fragile Staatlichkeit

Neubeginn

Die Zentralafrikanische Republik kennzeichnet eine lange Geschichte der Instabilität. Wie die jüngste Krise gehandhabt wurde, deutet indessen auf eine neue sicherheitspolitische Konstellation hin.
Tschadische Soldaten unterstützen Präsident Bozizé in der Zentralafrikanischen Republik. AP Images/picture-alliance Tschadische Soldaten unterstützen Präsident Bozizé in der Zentralafrikanischen Republik.

Die Zentralafrikanische Republik ist seit jeher politisch instabil: mehrere Staatsstreiche hat das Land erlebt, aber nur fünf politische Wahlen. Und wieder einmal greifen bewaffnete Rebellen die Regierung an. Fast scheint es so, als handele es sich hier um das übliche Szenario. Doch dies könnte ein Trugschluss sein.

Es stimmt, dass sich frühere Aufstände ähnlich gestalteten. Präsident François Bozizé ist seit zehn Jahren an der Macht, genauso wie 2003 sein Vorgänger Félix-Ange Patassé, als Bozizé ihn stürzte. Bewaffnete Gruppen kontrollieren immer noch einen Großteil des Landes und die wirtschaftliche Ausgrenzung nimmt zu. Wie bereits 2003 scheint die Rebellion auch diesmal von außen beeinflusst zu sein. Darüber hinaus hat Frankreich nach wie vor mehrere Hundert Soldaten im Land stationiert.

Dennoch: Es handelt sich hier nicht um das gleiche Szenario wie 2003. Experten sprechen bereits von einer sicherheitspolitischen Neuverteilung in der Region. Tatsächlich deutet es auf einen regionalen Führungswechsel hin, dass die Länder der Zentralafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (CEEAC) diesmal als Friedensstifter auftreten.

Sie spielten eine herausragende Rolle in der Krise. Mit Erfolg vermittelten sie einen Waffenstillstand zwischen den Rebellen und der Regierung. Idriss Déby und Sassou Ngueso, die Präsidenten von Tschad und der Republik Kongo, nehmen nun den Platz von Omar Bongo ein, dem ehemaligen Präsidenten Gabuns und zentralen Vermittler in der Region. Bei Friedensgesprächen in Libreville erzielten sie Ergebnisse in Rekordzeit. In nur vier Tagen hatten sie eine Einigung zwischen Bozizé und den Rebellen erreicht und unterschrieben zu Papier gebracht.

Darüber hinaus erscheint jetzt ein neuer militärischer Akteur auf der Bildfläche: Südafrika erneuerte sein Sicherheitsabkommen mit der Zentralafrikanischen Republik in dem Moment, als Frankreichs Präsident der Republik die erbetene Hilfe verweigerte. Südafrika entsandte 400 Soldaten. Damit wagt sich das Land zum ersten Mal militärisch aus dem südlichen Afrika und der Große-Seen-Region hinaus und in einen Teil des Kontinents, in dem es keine strategischen Interessen hat. Darin zeigen sich die Bestrebungen Afrikas, seine Probleme selbst zu lösen. Nur die Abstimmung zwischen den afrikanischen Friedensstiftern bleibt problematisch. Pretoria nahm zum Beispiel weder an den Friedensgesprächen in Libreville teil, noch scheint es seine militärische Beteiligung mit den CEEAC-Mitgliedsstaaten abgesprochen zu haben. Im Libreville-Abkommen steht aber, dass „die Mitgliedsstaaten der CEEAC gemeinsam mit der zentralafrikanischen Regierung dafür Sorge tragen, dass alle ausländischen Truppen, die nicht zur CEEAC gehören, schrittweise aus dem Gebiet abgezogen werden, so es die Sicherheitslage zulässt“.

Dem Libreville-Abkommen ist zuzutrauen, dass es einen Umbruch in der Zentralafrikanischen Republik mit sich bringt. Die Regierung unter Premierminister Faustin-Archange Touadéra legte am 12. Januar ihr Amt nieder, und der neue Premier und Mitglied der Opposition, Nicolas Tiangaye, wurde am 17. Januar eingeschworen. Dieser wird sowohl eine vorgezogene Neuwahl organisieren müssen, als auch Frieden und Sicherheit wieder herstellen. Darüber hinaus stehen Wirtschafts- und Sicherheitsreformen an, und all dies noch vor den Präsidentschaftswahlen 2016.

Für einen erfolgreichen Wechsel müssen aber besonders jene ins Boot geholt werden, die sich durch das Libreville-Abkommen benachteiligt fühlen – so zum Beispiel Rebellenführer und ehemalige Würdenträger des Bozizé Regimes. Zudem muss die CEEAC die Entwicklung der Lage genauestens beobachten. Ihre Mission zur Konsolidierung des Friedens (MICOPAX) ist bereits in der Zentralafrikanischen Republik angekommen und ihr Mandat hat Aussicht auf Verlängerung.

Nun ist es wichtig, dass alle Akteure – zentralafrikanische sowie ausländische – aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Das letzte was die Zentralafrikanische Regierung jetzt braucht, ist das übliche Prozedere der letzen Jahre. Stattdessen ist Einstimmigkeit gefragt – für die Entwicklung von Staat und Nation.

Thierry Vircoulon ist Projektleiter für Zentralafrika bei der International Crisis Group (ICG).
tvircoulon@crisisgroup.org

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