Bundeswehr

Bundeswehr blieb zu lange in Mali

Die deutschen Truppen ziehen aus Mali schneller ab, als vom Bundestag geplant war. Das ist gut – denn ihre Präsenz in dem Sahelland war längst zum Selbstzweck geworden.
Verteidigungsminister Boris Pistorius besuchte im April das Bundeswehr-Feldlager Camp Castor. picture-alliance/dpa/Michael Kappeler Verteidigungsminister Boris Pistorius besuchte im April das Bundeswehr-Feldlager Camp Castor.

Ende Mai hat der Bundestag zum letzten Mal die Stationierung bewaffneter deutscher Kräfte im Rahmen des UN-Einsatzes MINUSMA (Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali) verlängert. Dem Plan zufolge sollte im Mai 2024 der deutsche Einsatz in Mali beendet sein. Nun hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen den vorzeitigen Abzug aus Mali beschlossen. Bis zum 31. Dezember dieses Jahres ist dort Schluss. Das macht den deutschen Plan zur Makulatur.

MINUSMA-Truppen sind in Mali nicht mehr gern gesehen. Das war schon länger klar – wurde aber nicht zum Anlass für einen Abzug genommen. Man hätte gehen sollen. Deutschland folgte 2013 dem Partner Frankreich in das Sahelland. Die Franzosen sind längst wieder weg, die Deutschen aber immer noch da.

Der jüngste Putsch brachte 2021 in Mali eine Junta an die Macht, die der Bundeswehr das Leben immer schwerer macht. Mal wurden Überflugrechte für Nachschubflüge verweigert, mal der Einsatz von Überwachungsdrohnen verboten. Zeitweilig setzte die Bundeswehr ihre Mission aus, weil sie nicht mehr vernünftig arbeiten konnte.

Wagner-Söldner in Mali

MINUSMA soll das Land angesichts islamistischer Extremisten stabilisieren und die Bevölkerung vor den Milizen schützen. Die Politik des Putschisten-Regimes machte das aber unmöglich. Es holte bis zu 2000 Söldner des russischen Militärdienstleisters Wagner ins Land und sperrte weite Teile des Territoriums für MINUSMA-Truppen. Moskau will seinen Einfluss in Afrika ausweiten und griff beherzt zu, als die Regierung in Bamako anfragte.

So wurde der deutsche Einsatz in Mali schon vor einer Weile sinnlos. Die Bundesregierung zog aber keine Lehren aus der Afghanistan-Erfahrung. Dort hätte Deutschland 2014 abziehen sollen, als die Mission der International Security Assistance Force (ISAF) auslief. Die Franzosen packten damals ihre Sachen und gingen. Die Deutschen blieben bis zum bitteren Ende in Afghanistan.

Als 2022 die letzten Franzosen Mali verließen, hätte das auch für Deutschland das Zeichen zum Aufbruch sein müssen. Die Bundeswehrtruppen sind nicht einmal so ausgestattet, wie es nötig wäre, um ohne die Franzosen weiter sinnvoll in Mali agieren zu können.

Doch die Bundeswehr blieb. Der Grund war die Sorge, Deutschland könne als unzuverlässig erscheinen, die besonders nur das Auswärtige Amt umtreibt. Die Deutschen verbarrikadierten sich in ihrem Camp Castor bei Gao. In der Region Gao werden sie allerdings geschätzt. Die örtliche Bevölkerung weiß, was sie für sie getan hat. Die Regierung in Bamako will das aber nicht wahrhaben.

Camp Castor abbauen

Jetzt muss die Bundeswehr in knapp sechs Monaten den Abzug bewerkstelligen, für den fast doppelt so viel Zeit vorgesehen war. Hoffentlich werden alle Soldaten problemlos heimkehren. Die Truppe ist professionell genug, dass sie das schaffen dürfte. Einfach wird es aber nicht. Camp Castor ist auf knapp einem Quadratkilometer fast eine Kleinstadt, in der 1500 Menschen leben: neben den Deutschen auch internationale Verbündete. Kirche, Krankenhaus, Post, Kantine – alles muss nun zügig abgebaut werden. Vor allem aber dürfen die vielen und vielfältigen Waffen nicht in falsche Hände kommen.

Auf Mali ist kein Verlass mehr. Der deutsche Einsatz wirkt nun wie ein Relikt aus der Vergangenheit. Stattdessen galt Niger bislang als regionaler Stabilisierungspartner, aber der Putsch Ende Juli könnte das ändern. Deutschland hat dort bereits nigrische Spezialkräfte ausgebildet und beteiligt sich auf Einladung der dortigen Regierung seit diesem Jahr an einer neuen militärischen EU-Mission. Im Gegensatz zum Einsatz in Mali nimmt aber nur eine Handvoll Soldaten teil. Auch falls es nicht lange währt, dürfte dies das Modell für künftige Einsätze außerhalb des NATO-Gebiets sein. Für die Bundeswehr steht die Ostflanke der NATO wieder im Vordergrund.

Mit dem Mali-Einsatz geht eine 30-jährige Epoche großer Auslandseinsätze zu Ende. Der Ukrainekrieg hat die sicherheitspolitischen Koordinaten grundlegend verändert. Die Landes- und Bündnisverteidigung steht wieder im Vordergrund.

André Uzulis ist der Chefredakteur von loyal – Magazin für Sicherheitspolitik.
andre.uzulis@fazit.de

Aktualisierung: Die Redaktion hat den vorletzten Absatz am 28. Juli aktualisiert.

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