Weltmarkt

Nicht nur niedrige Löhne

Ein neuer Index bietet deutschen Mittelständlern, die sich für neue Absatzmärkte und Produktionsstand­orte interessieren, Orientierungshilfe. Er zeigt auch Stärken und Schwächen von Weltregionen auf.
BDO International Business Compass (Gesamtindex). Source: Calculations HWWI/BDO Weltkarte BDO International Business Compass (Gesamtindex).

Mittelständische Unternehmen sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Viele Firmen operieren global und behaupten sich gut auf dem Weltmarkt. Allerdings ist es nicht einfach festzustellen, wo sich in der Welt ein neuer Absatzmarkt auftut oder möglicherweise ein günstiger Produktionsstandort ist. Orientierungs­hilfe geben nun das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO mit ihrem neuen International Business Compass. Dieser Index bewertet Staaten als potenzielle Absatz- und Produktionsstandorte für mittelständische Unternehmen.

Das Ranking spiegelt die ökonomischen, politisch-rechtlichen und sozio­kulturellen Rahmenbedingungen von 174 Ländern wider. Erfasst werden unter anderem die Stabilität von Regierungen, Steuerhöhen, die Qualität der Infrastruktur und der Bildungsstand der Bevölkerung. Die Datengrundlage bilden laut Katharina Stepping, der Autorin der Studie, offizielle internationale Quellen. Wie erwartet, finden sich viele OECD-Staaten auf den vorderen Plätzen, aber hinter Singapur (Platz 1) und Hongkong (Platz 2). Deutschland liegt in der Gesamtbewertung auf dem 21. Rang. Afrika schneidet im Ganzen schlecht ab; einzelne Länder wie Tunesien (Platz 67), Botswana (70) oder Südafrika (77) liegen aber im oberen Mittelfeld. Insgesamt bekommt Lateinamerika bessere Noten als Asien. Japans niedrige Einstufung (140) erfolgte auf Grund seiner hohen Staatsschulden.

Wenn Chancen und Risiken einer Investition abgewogen werden, kommen viele Faktoren ins Spiel. Die Reputation eines Landes kann durchaus besser sein als seine Bewertung im neuen Index. So befinden sich etwa die G20-Mitglieder Brasilien (Platz 65), China (85), Russland (108) und Indien (110) nicht unter den Spitzenreitern und liegen deutlich hinter kleineren Staaten wie Costa Rica (47) oder Malaysia (50).

Die Autorin hat der Studie zwei Teilbewertungen angehängt, nämlich die separate Bewertung jedes Landes als potenzieller Absatzmarkt oder als Produk­tionsstandort für deutsche Unternehmen. Dabei zeigt sich, dass in Lateinamerika Brasilien und Argentinien zwar die wichtigsten Absatzmärkte sind, die günstigsten Produktionsstandorte aber in Mittelamerika liegen.

Auch in Asien zeigen sich große Unterschiede in den beiden Teilindizes: China ist mit Abstand der größte Absatzmarkt, während als Produktionsstandorte Singapur, Hongkong und Taiwan empfohlen werden – also keine Länder, die man gemeinhin als Billiglohnländer bezeichnet.

Manche Bewertungen der Studie erschließen sich nicht auf den ersten Blick – zum Beispiel bleibt unklar, warum im Gesamtranking das instabile, aber ölreiche Libyen (Platz 164) ähnlich bewertet wird wie das ebenfalls instabile, aber sehr arme Pakistan (165). Das kann daran liegen, dass Pakistan mit seiner riesigen Bevölkerung potenziell auch ein riesiger Absatzmarkt ist, zum Verständnis wären hier aber genauere Angaben nötig. Der BDO International Business Compass liefert sie nicht. Er sei nur als „nützliche Arbeitshilfe für mittelständische Unternehmer“ gedacht, sagt Arno Probst von BDO.

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