Gerichte

Einflussreiche Frauen an Pakistans Gerichten

Frauen sind in Pakistans Justizwesen unterrepräsentiert, vor allem auf oberster Ebene. Dennoch haben einige Richterinnen beträchtliche Macht.
Tahira Safdar ist die Oberste Richterin des Hohen Gerichtshofs von Belutschistan. picture-alliance/ZUMAPRESS.com/PPI Tahira Safdar ist die Oberste Richterin des Hohen Gerichtshofs von Belutschistan.

Als erste Frau wurde Ayesha Malik im Januar 2022 zur Richterin am Obersten Gerichtshof ernannt. Zuvor war sie eine von nur sechs Richterinnen an den fünf Hohen Gerichtshöfen des Landes. Dort arbeiten insgesamt 113 Richter*innen. Einige der Frauen sind aber in wichtigen Positionen. Tahira Safdar etwa ist seit 2018 Oberste Richterin des Hohen Gerichtshofs von Belutschistan. Mussarat Hilali wurde im Mai dieses Jahres zur Obersten Richterin des Hohen Gerichtshofs von Peschawar ernannt.

Ein voreingenommenes Ernennungsverfahren ist der Hauptgrund dafür, dass Frauen an den wichtigsten Gerichtshöfen unterrepräsentiert sind. Männer dominieren die Gerichte und die Politik der Anwaltskammern. Durch das Verfahren können sie männliche Kandidaten bevorzugen. Frauen sind in den unteren Instanzen stärker vertreten, wo die Ernennung über Aufnahmeprüfungen erfolgt. Ähnliche Tendenzen zeigen sich auch in anderen Bereichen.

Leider werden Richterinnen an den Gerichten der unteren Instanzen oft an den Rand gedrängt. Einige werden etwa nur für die Arbeit an Familiengerichten als geeignet angesehen. In diesem Zweig der Justiz waren Frauen bereits in der Kolonialzeit aktiv.

Gescheiterte islamistische Versuche, Richterinnen auszuschließen

Die radikalen Islamisten haben es nicht geschafft, Frauen vom Richter*innenamt auszuschließen, auch wenn das unter Militärdiktator Muhammad Zia-ul-Haq in den 1980er Jahren versucht wurde. Unter Zia wurde das Beweisrecht so reformiert, dass Zeuginnen nicht mehr als gleichberechtigt mit Zeugen angesehen wurden. Daran knüpfte eine Petition an, die Frauen mit dieser Begründung die Berechtigung als Richterinnen absprach. Sie bestand auch darauf, dass Frauen sich verhüllen müssen und nicht offen mit dem anderen Geschlecht in Kontakt treten dürfen.

Das Schariagericht auf Bundesebene, das über religiöse Angelegenheiten entscheidet und 1980 von Zia eingerichtet wurde, wies die Petition ab. Es entschied, dass weder der Islam noch die pakistanische Verfassung es Frauen verböten, als Richterinnen zu arbeiten. Trotzdem wiederholte das Urteil frauenfeindliche Vorurteile. Anstatt sich auf eine juristische und rechtswissenschaftliche Analyse zu beschränken, führten die Richter soziale und kulturelle Vorurteile ins Feld, die in einem Urteil keinen Platz haben sollten.

Genau diese Vorurteile hindern Pakistanerinnen heute daran, ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Richterinnen, Anwältinnen und vor allem Klägerinnen müssen sich regelmäßig mit Einschüchterung durch aggressive Männer auseinandersetzen. Zugleich sind die Gerichtssäle auch baulich nicht auf Frauen zugeschnitten. Häufig fehlen Sitzgelegenheiten für Frauen und Plätze für stillende Mütter. Die meisten Gerichte haben nicht einmal angemessene Frauentoiletten. Der Weg zur vollumfänglichen Geschlechtergerechtigkeit ist also noch lang, aber wichtige Schritte sind bereits getan.

Marva Khan ist Assistenzprofessorin für Recht an der LUMS (Lahore University of Management Sciences) und Mitbegründerin des Pakistani Feminist Judgments Project.
marva.khan@lums.edu.pk

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