Binnenvertriebene
Solarbetriebene Wasserversorgung für Klimaflüchtlinge in Pakistan

Vor fünfzehn Jahren verursachten heftige Monsunregenfälle verheerende Überschwemmungen in verschiedenen Regionen Pakistans, forderten 1985 Menschenleben und führten zu enormen Verlusten an Häusern, Vieh, Ernten und Besitz. Parveen Bibi, heute 30 Jahre alt, berichtet, dass ihre Familie viel verloren hat, als die Überschwemmungen ihr Haus im Darkut-Tal im Distrikt Ghizer in Gilgit-Baltistan, einer Bergregion im Norden Pakistans, trafen. Die Regierung habe jedoch nur eine geringe finanzielle Entschädigung und Lebensmittelrationen für drei Monate bereitgestellt, sagt sie. „Wir hatten keine Unterkunft und lebten in Notunterkünften und bei Verwandten“, erinnert sie sich.
Der Ismaili Council, eine muslimische Organisation, half 2016 betroffenen Familien, Land zu kaufen, und kofinanzierte den Bau von Häusern in einer sichereren Gegend. Laut Parveen Bibi wanderten in dem Jahr mehr als 50 Haushalte aus dem Darkut- in das Hatoon-Tal aus. Sie nannten ihre Gemeinde „Darkut Colony“. Das erinnere sie an ihre Herkunft und verbinde sie mit dem Land ihrer Ahnen, sagt Bibi.
Als sie und ihre Nachbarn nach Darkut Colony kamen, habe es für sie keine kommunale Wasserversorgung und auch keine Schule für die Kinder gegeben, erinnert sich Bibi. „Das Leben war schwer”, sagt sie. „Wir tranken Wasser aus Bächen.” Der Ismaili Council hatte einen Wassertank gebaut, um Wasser aus dem nahegelegenen Ghizer-Fluss zu pumpen. Aber der Elektromotor, der die Pumpe antrieb, funktionierte nicht gut, und der Wasserbedarf der Gemeinde konnte nicht gedeckt werden. Die Menschen mussten Wasser aus offenen Quellen in der Nähe holen und waren somit diversen durch Wasser übertragenen Krankheiten ausgesetzt.
Grundlegende Infrastruktur fehlt
Khadim Hussain, Direktor der Umweltschutzbehörde von Gilgit-Baltistan, warnt, dass durch klimabedingte Katastrophen vertriebene Familien oft in informellen Siedlungen oder provisorischen Lagern ohne Grundversorgung unterkommen. „Die Wohnverhältnisse sind schlecht, und der Zugang zu sauberem Wasser, Gesundheitsversorgung, Bildung und sanitären Einrichtungen ist begrenzt, was ihre Situation noch verschlimmert“, sagt er. Er fügt hinzu, dass viele ihre traditionellen Lebensgrundlagen wie Landwirtschaft, Viehzucht und Obstbau verlören und nun unsichere, schlecht bezahlte Arbeiten verrichten müssten.
Hussain weist zudem darauf hin, dass Migration auch Bindungen von Familien und Gemeinschaften zerstört und Neuankömmlinge in den Aufnahmegebieten oft diskriminiert werden. Die Bildung der Kinder leide ebenfalls darunter, da die neuen Schulen möglicherweise unzugänglich oder nicht aufnahmewillig seien.
Staatliche Institutionen, zivilgesellschaftliche Organisationen, lokale Gemeinschaften und Freiwillige leisten Hussain zufolge nach klimabedingten Katastrophen in Pakistan meist Soforthilfe. Betroffene Gemeinschaften wurden in sicherere Gebiete umgesiedelt, die Behörden haben Entschädigungen für Verluste gezahlt, wichtige Infrastruktur wiederhergestellt und in einigen Fällen dauerhafte Unterkünfte bereitgestellt. Hussain betont jedoch, dass die Unterstützung oft nicht ausreicht, um für langfristige Stabilität und Resilienz zu sorgen.
Er fährt fort: Die Betroffenen sorgten sich nicht nur um Wohnraum, Wasser, sanitäre Einrichtungen und Gesundheitsversorgung, sondern fürchteten auch erneute Vertreibung durch Naturkatastrophen. Der Verlust angestammter Gebiete führe zu finanzieller Unsicherheit, und umgesiedelte Familien fühlten sich oft marginalisiert und von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen. „Die betroffenen Gemeinschaften streben eine sichere und würdige Umsiedlung mit nachhaltigen Lebensgrundlagen an“, sagt er.
Eine solarbetriebene Lösung für Darkut Colony
Im vergangenen Jahr bat eine lokale Hilfsorganisation den WWF Pakistan – eine zivilgesellschaftliche Umweltorganisation – um Hilfe für Darkut Colony. Mit Mitteln aus dessen Programm „Water Resource Accountability in Pakistan“ (WRAP) wurde eine solarbetriebene Wasserversorgungsanlage installiert. Die Arbeiten begannen im Dezember 2024, im Juli 2025 war das neue System betriebsbereit. Es versorgt Darkut Colony nun mit sicherem Trinkwasser, ohne dabei CO2 auszustoßen.
Die Gemeinde schaltet die solarbetriebene Wasserpumpe zweimal täglich ein, morgens und nachmittags. Das Wasser wird in einen Tank mit einem Fassungsvermögen von 28.000 Litern gepumpt und über ein Rohrleitungsnetz an die Haushalte verteilt. Das Projekt kostete laut WWF Pakistan 7,1 Millionen pakistanische Rupien (etwa 25.000 Dollar). Inzwischen wurde es der Gemeinde übergeben, die Betrieb und Wartung der solarbetriebenen Wasserpumpe über einen monatlichen Haushaltsbeitrag finanziert. Das System hat eine voraussichtliche Lebensdauer von 25 bis 30 Jahren.
Farasat Ali, der Provinzprojektleiter von WRAP beim WWF Pakistan, sagt, dass Darkut Colony auch im Winter reichlich Sonne habe. Daher könne das Versorgungssystem den Wasserbedarf der Gemeinde vollständig durch Solarenergie decken. Ihm zufolge ist das bereitgestellte Wasser trinkbar und entspricht den Richtlinien der WHO sowie den nationalen Umweltqualitätsstandards Pakistans.
Bewohner*innen sagen, das Projekt habe ihre Gesundheit verbessert und das Risiko einer Ansteckung mit wasserbürtigen Krankheiten gemindert. Parveen Bibi bestätigt, dass das Wasser „gut zum Trinken“ sei und die Menschen „sich gesund fühlen“. Shakoor Khan lebt ebenfalls in Darkut Colony. Er hat bei den Überschwemmungen 2010 sein Ackerland und seine Arbeit verloren. Er sei dankbar für das Wasserversorgungssystem – allerdings brauche es für bewölkte Tage eine Notstromversorgung, meint er.
Die Solarpumpe kann jedoch laut Farasat Ali dank ihrer Frequenzumrichtertechnologie (Variable Frequency Drive, VFD) auch bei weniger Sonne betrieben werden. Das Team plane dennoch, den Bedarf für einen zusätzlichen Stromanschluss im Winter zu prüfen.
Verheerende Überschwemmungen in diesem Jahr
Während die Binnenvertriebenen aus Darkut Colony versuchen, sich in der neuen Heimat ein Leben aufzubauen, mussten einige ihrer pakistanischen Landsleute in Gilgit-Baltistan kürzlich schwere Überschwemmungen durchstehen. Faizullah Faraq, einem Regierungssprecher von Gilgit-Baltistan zufolge, starben zwischen 22. Juni und 15. September 2025 in diesem Verwaltungsgebiet 45 Menschen aufgrund von Extremwetterereignissen, und 41 wurden verletzt. Auslöser waren klimabedingte Gletschersee-Ausbruchsfluten (Glacial Lake Outburst Floods, GLOFs) und Wolkenbrüche. Die Regierung arbeitet laut Faraq daran, die beschädigte Infrastruktur wieder aufzubauen.
Khadim Hussain von GB-EPA warnt, dass die Gefahr wiederkehrender Katastrophen in Gilgit-Baltistan hoch sei. „Ohne umfassende Unterstützungssysteme wird die klimabedingte Migration im Norden Pakistans wahrscheinlich exponentiell zunehmen“, sagt er.
Es ist entscheidend, den Berggemeinschaften in Gilgit-Baltistan Anpassungshilfen zu bieten, damit möglichst viele Menschen widerstandsfähig gegenüber Klimafolgen werden und in ihrer ursprünglichen Heimat bleiben können. Diejenigen, die ihre Heimat verlassen müssen – wie die Gemeinschaft von Darkut Colony – brauchen ausreichende Unterstützung, um ein würdiges Leben in einer neuen Heimat zu beginnen, ohne Diskriminierung oder Marginalisierung.
In der Zwischenzeit können Initiativen wie die vom WWF Pakistan installierte Solarwasserpumpe in anderen Teilen Nordpakistans nachgeahmt werden, in denen die Gemeinschaften Probleme mit dem Zugang zu sauberem Trinkwasser haben.
Link
WWF-Pakistan:
wwfpak.org
Syed Muhammad Abubakar ist ein in Pakistan lebender Umweltjournalist. Er promoviert derzeit im Fachbereich Kommunikation an der George Mason University, USA.
s.m.abubakar@hotmail.com
X: SyedMAbubakar
Dieser Beitrag ist Teil des „89 Percent Project“, einer Initiative der globalen Journalismus-Kooperation „Covering Climate Now“.