Afghanistan

Internationale Verantwortung

Die internationale Gemeinschaft ist mit daran schuld, dass sich die afghanische Drogenwirtschaft derartig professionell entwickeln konnte. Viel zu spät haben internationale Beteiligte erkannt, dass die Einbindung von „Drogenbaronen“ in die Regierung vor allem den eigenen Anstrengungen zum Aufbau neuer staatlicher Strukturen und der Sicherheitskräfte zuwiderliefen.
Afghanische Sicherheitskräfte bereiten die Verbrennung beschlagnahmter Drogen vor. picture-alliance/Photoshot Afghanische Sicherheitskräfte bereiten die Verbrennung beschlagnahmter Drogen vor.

Als man halbherzig versuchte, diesen Fehler zu korrigieren und Patronagefiguren aus ihren Ämtern zu entheben, war es zu spät. Es hatte sich längst ein professionell und verdeckt agierendes Schmuggelnetzwerk unter systematischer Protektion von höchster Regierungsebene entwickelt, das bestens an die politischen und wirtschaftlichen Schaltstellen angebunden war.

Allein die USA haben seit 2002 mehr als 7,5 Milliarden Dollar in die Drogenbekämpfung in Afghanistan investiert. Deutschland gibt jährlich 5 Millionen Euro an Hilfsgeldern für die Förderung von alternativem Anbau legaler landwirtschaftlicher Produkte in dem Land aus. Eine gründliche Evaluation der Effekte dieser Maßnahmen bleibt häufig aus. Die Entwicklungen zeigen jedoch, dass Alternativen von den Bauern zwar genutzt werden, aber in ihrer Wirkung nicht ausreichen, um die zum neuen ordnungspolitischen System in Afghanistan gewordene Drogenökonomie zu zerschlagen.

Der Drogensektor ist untrennbar mit den Staatsbildungsprozessen seit 2001 verbunden, weil sich politische Schlüsselakteure darauf verstanden, sich mit Drogen eine Machtbasis zu sichern. Die Drogenwirtschaft lässt sich deshalb nur ganzheitlich bekämpfen: Entwicklungspolitische Maßnahmen müssen zunächst auf strukturelle Ursachen abzielen. Die bisherige Fokussierung auf die Bekämpfung von Drogenanbau, -produktion und -handel im Rahmen der Aufstandsbekämpfung konnte daher nur zum Misserfolg führen. Es wird Jahrzehnte brauchen, um die in mehr als 30 Kriegsjahren gewachsene Drogenindustrie substanziell zurückzudrängen. (jk)