Justiz

Streitschlichtung lokal

Rechte haben nur dann einen Wert, wenn sie durchsetzbar sind. Doch in vielen Ländern sind die Justizsysteme überlastet. Lokale Verfahren zur Streitschlichtung bieten vor allem in ländlichen Gebieten eine Alternative.


[ Von Bettina von Dungen ]

In einigen Andenländern haben sich Verfahren zur Konfliktlösung etabliert, die ihre Grundlagen in traditionellen indigenen Kulturen haben. Ursache dafür ist vor allem die Ineffizienz der staatlichen Justiz. Gerichtsverfahren dauern oft zu lange und sind für Laien kaum verständlich. Viele Menschen haben zudem Hemmungen, vor Gericht zu ziehen. Das liegt zum einen an hohen Verfahrenskosten. Zum anderen kommt für Angehörige indigener Gruppen das Problem hinzu, dass ihre Sprachen wie etwa Quechua oder Aimara vor Gericht nicht als Verhandlungssprachen zugelassen sind. Insgesamt haben nach Schätzungen des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) aus dem Jahr 2001 etwa 35 Prozent der Peruaner keinen Zugang zum Rechtssystem.

Die Möglichkeiten, Konflikte auf lokaler Ebene beizulegen, sind zahlreich. Einerseits gibt es mit juristischen Laien besetzte Friedensgerichte und die kommunale Justiz der indigenen Bevölkerung. Andererseits lösen kleine Gemeinden ihre Konflikte aber auch in der Dorfversammlung. Der Vorteil dieser Verfahren ist, dass die Streitparteien auf gleicher Ebene und in ihrer eigenen Sprache miteinander verhandeln können. Außerdem stammen die Laienrichter aus der gleichen Bevölkerungsschicht. Dass sie die Sprache der örtlichen Bevölkerung sprechen und deren Probleme aus erster Hand kennen, erleichtert die Moderation zwischen den Konfliktparteien. Nach einer Studie des Instituto de Defensa Legal behandeln diese Instanzen am häufigsten Konflikte aufgrund von familiärer Gewalt, Diebstahl, Körperverletzung und Eigentumsstreitigkeiten.

Die Streitschlichtung dieser Institutionen entspricht zudem mehr der Lebensrealität der ländlichen Bevölkerungsgruppen. So steht die Gemeinschaft im Vordergrund und nicht das Individuum. Arbeitseinsätze sind daher auch eine gängige Sanktion. Schließlich müssen die Streitenden und auch die Gemeinschaft weiterhin zusam­men­leben. Auch stellen die Lösungen eine normative Richtschnur für das Verhalten der Gemeinschaft dar.

Entsprechend groß ist die Akzeptanz dieser Verfahren. In Peru beispielsweise vertrauen nur etwa 17 Prozent der Bevölkerung der staatlichen Justiz, 80 Prozent aber der Friedensgerichtsbarkeit. Dazu tragen auch die geringen Verfahrenskosten bei. Auch Beschwerden wegen Missbrauchs gibt es kaum. Durch diese Instanzen kann ein großer Teil der interpersonellen Konflikte gelöst werden, ohne den formalen Rechtsweg einschlagen zu müssen.

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