Müttergesundheit

Gezahlt wird später

Ein Gutscheinsystem hat bewirkt, dass kenianische Frauen häufiger professionelle medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Mit den Gutscheinen können sich auch die Armen wichtige Behandlungen leisten. Dadurch steigen die Patientenzahlen, die medizinischen Einrichtungen nehmen mehr Geld ein, und sie können ihre Leistungen verbessern. Fünf Jahre Erfahrung zeigen, dass Output-based-Aid sinnvoll ist.

Von Nancy Ndungu

Deutschland unterstützt den kenianischen Gesundheitssektor schon seit langem. Die Regierungen beider ­Länder haben beschlossen, den Ansatz der Output-based-Aid (Entwicklungshilfe­gelder werden erst ausgezahlt, wenn die Leistung ­erbracht wurde) im Bereich ­reproduktive Gesundheit, kurz: RH/OBA, zu testen. Das RH/OBA-Programm wird von der KfW Entwicklungsbank im Auftrag der Bundesregierung finanziert. Zunächst wurde es in fünf Regionen getestet: in drei ländlichen Gebieten und zwei städtischen Slums. Das Programm steht mit den Plänen der kenianischen Re­gierung im Einklang, die einen nationalen Krankenversicherungsfonds einrichten möchte.

In den Test-Regionen wurden drei verschiedene Gutscheine für medizinische Leistungen ausgegeben:
– Der Gutschein „Sichere Mutterschaft“ deckt professionelle Schwangerschaftsvorsorge ab, Geburtshilfe, wenn nötig Kaiserschnitt, Nachsorge für Mutter und Kind bis zu sechs Wochen nach der ­Geburt, Sonderbehandlung bei Komplikationen, eventuell notwendige Krankenhausaufenthalte sowie medizinische Beratung und Information.
– Der Gutschein „Familienplanung“ finanziert langfristige Verhütungsmethoden sowie Beratung, Krankenhausaufent­halte und Behandlungen. Zur Wahl ­stehen Implantate (Norplant/Jadelle), intrauterine Verhütungsmittel wie die Spirale (IUCD) sowie die freiwillige Sterili­sie­rung der Frau (bilaterale Tuben­ligatur) oder des Mannes (Vasektomie).
– Der Gutschein „Geschlechtsspezifische Gewalt“ ermöglicht Opfern medizinische und chirurgische Versorgung sowie Beratung.

Jeder, der unter der Armutsgrenze lebt, kann diese Gutscheine erhalten. Das sind 46 Prozent der Bevölkerung in den Programmgebieten. Die Arbeitslosigkeit ist groß und der Bildungstand niedrig. Zumeist haben die Menschen keinen Zugang zu guter Infrastruktur und angemessenen Sanitäranlagen. Viele Frauen sind selbständig oder arbeitslos; sie haben deshalb meist niedrige und unregelmäßige Einkommen. Der Gutschein subventioniert ihnen einen Großteil der Gesundheits­kosten – einen ­geringen Teil müssen die Patienten jedoch auch selbst tragen, ausgenommen nur Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt.

Die Gutscheine werden von bestimmten ausgesuchten Gesundheitseinrichtungen akzeptiert, darunter verschiedene staatliche Krankenhäuser und Krankenstationen nichtstaatlicher Organisationen. Erst wenn sie die Behandlungen durchgeführt haben, bezahlt das RH/OBA-Programm ihnen die Kosten. Seit der Einführung des Programms sind die Patientenzahlen in den Einrichtungen gestiegen. Dadurch nehmen sie mehr Geld ein und können ihre Leistungen verbessern.

Kosten und Leistungen

Gutschein-Berechtigte müssen 200 kenianische Schillinge (2,50 US-Dollar) für ­einen „Sichere Mutterschaft“-Gutschein zahlen. Er deckt alle Kosten rund um die Geburt ab. Ist ein Kaiserschnitt notwendig, können Kosten in Höhe von bis zu 20 000 Schilling entstehen. Bei Komplikationen liegen sie meist noch weitaus höher.

Dieser Gutschein ist sehr beliebt. In der ersten Phase des Programms (Juli 2006 bis Oktober 2008) nutzten ihn 66 820 Frauen. In der zweiten Phase (November 2008 bis Januar 2011) fiel die Zahl auf 54 416. Der Rückgang war zu einem Großteil darauf zurückzuführen, dass dank des Familienplanungsgutscheins mehr Paare Verhütungsmittel nutzten. Die Zahlen sind also als Fortschritt zu interpretieren.

Die Familienplanungsgutscheine kosten 100 Schilling, decken aber medizinische Leistungen von bis zu 3 000 Schilling ab. In der ersten Phase nutzten ihn 8 835 Personen, in der zweiten Phase stieg die Zahl auf 13 795. Dabei war vor Programmbeginn der Gebrauch von Verhütungsmitteln in den Programmgebieten zurückgegangen.

Interessant ist, dass mehr Gutscheine verkauft als genutzt wurden. In der ersten Phase wurden 25 746 Familienplanungsgutscheine vergeben, aber nur 16 911 davon eingelöst. Die Diskrepanz zeigt, dass die Menschen sich nur zögerlich auf langfristige Verhütungsmethoden einlassen, aber sie diskreditiert nicht das Programm. Der Zugang zu Familienplanungsmethoden sollte als eine Art Menschenrecht ­betrachtet werden. Offenbar sind die ­Menschen bereit, in die Möglichkeit zur Verhütung zu investieren, selbst wenn sie sich noch nicht entschieden haben, ob sie sie nutzen wollen.

Der Gutschein für Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt ist kostenlos. In der ersten Phase wurde dieser Gutschein nur 352 Mal in Anspruch genommen, in der zweiten Phase stieg die Zahl bereits auf 1115. Da geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt traumatisieren, ist es nicht einfach, die Opfer zu erreichen. Die steigende Zahl der eingelösten Gutscheine zeigt jedoch, dass das Programm es trotzdem geschafft hat, viele von ihnen zu versorgen.

Die beteiligten Kliniken und Gesundheitsstationen erfüllen die Standards der beiden kenianischen Gesundheitsministerien (Ministry of Medical Services und ­Ministry of Public Health and Sanita­tion). Regelmäßig werden sie auf Personal, Ausstattung, Medikamente und Leistung hin geprüft. Die Kontrollen zeigen Mängel auf und helfen den Einrichtungen, diese zu beheben.

Die Gutscheine werden nicht von den medizinischen Einrichtungen verteilt. Unabhängige Ausgabestellen übernehmen den Verkauf, um einer Veruntreuung von Geldern vorzubeugen. Unabhängige Beobachter überwachen zudem die Leistungen der Krankenstationen und befragen Patienten. Regelmäßig besuchen sie die medizinischen Einrichtungen sowie die Gutscheinverkaufsstellen. Alles in allem ist dieses Output-based-Aid-Programm erfolgreich. Die ­Akzeptanz ist so hoch, dass die Menschen zunehmend auch die Leistungen des Familienplanungsgutscheins und des Gutscheins zur Behandlung nach geschlechtsspezifischer Gewalt in Anspruch nehmen.

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