Hilfszusagen

Unzureichende Finanzierung

Der Bedarf armer Länder an Unterstützung ist durch die Corona-Pandemie massiv gestiegen. Das gilt besonders für Krisenländer. Deutschland und die EU müssen mit ihrer Unterstützung ein klares Signal für Solidarität setzen.
Cholera-Patientin im Jemen. Das Land leidet unter mehreren Krisen gleichzeitig. Mohammed Hamoud/picture-alliance/Anadolu Agency Cholera-Patientin im Jemen. Das Land leidet unter mehreren Krisen gleichzeitig.

Im Zuge der Corona-Pandemie ist der Bedarf an humanitärer und Entwicklungshilfe weltweit stark gestiegen. Vor allem Konfliktländer wie Syrien, Libyen und der Jemen, die schon vor Covid-19 unter humanitären Krisen litten, sind jetzt mehr denn je auf internationale Unterstützung angewiesen. Dementsprechend haben die UN mit dem Global Humanitarian Response Plan (GHRP) den größten Hilfsaufruf ihrer Geschichte gestartet – sein Bedarf liegt inzwischen bei 10,3 Milliarden Dollar.

Die bisherigen Finanzierungszusagen der internationalen Gemeinschaft sind jedoch unzureichend. Die diesjährigen Geberkonferenzen für Syrien und seine Nachbarländer sowie für den Jemen haben ihre Finanzierungsziele deutlich verfehlt. Im Jemen mussten deshalb seit Mitte April bereits 30 der 41 UN-Hilfsprogramme ihre Arbeit stark einschränken oder sogar einstellen. Auch in Syrien werden viele hilfsbedürftige Menschen nicht mehr erreicht.

Corona hat auch wohlhabende Länder schwer getroffen, und offenbar liegt bei vielen die Priorität in der heimischen Krisenbewältigung. Im Vergleich zu den beschlossenen nationalen und europäischen Hilfsprogrammen mutet die Unterstützung für Schwellen- und Entwicklungsländer zurückhaltend an. Auch sicherheits- und geopolitische Überlegungen stehen der notwendigen Hilfe in einigen Krisenregionen im Weg. Der schmerzhafte Kompromiss im UN-Sicherheitsrat zur Verlängerung der Crossborder-Resolution, die die grenzüberschreitende Versorgung für Syrien regelt, zeigt dies deutlich auf. Durch die politisch motivierte Blockadehaltung Chinas und Russlands wurden die Zahl der humanitären Zugänge und damit die Möglichkeiten zur lebensnotwendigen Unterstützung der Bevölkerung weiter eingeschränkt. In Libyen stehen indes das Ringen um eine politische Lösung des Konflikts und die Einhaltung des UN-Waffenembargos im Vordergrund.

Auf der anderen Seite haben sich die humanitären Krisen in Konfliktregionen durch die Pandemie zum Teil drastisch verschlimmert. Das gefährdet die über die vergangenen Jahre und Jahrzehnte hart erkämpften Fortschritte in den Bereichen Armuts- und Hungerbekämpfung sowie Gesundheitsversorgung. Deutschland und die EU tragen hier Verantwortung.

Die Pandemie zeigt wie kaum ein Ereignis unserer jüngeren Geschichte, dass sich in der globalisierten Welt Probleme nur global lösen lassen. Die Weltgemeinschaft ist im Hinblick auf die Bekämpfung des Virus nur so stark wie ihr schwächstes Glied – eine Unterstützung der schwächeren Staaten liegt also auch im Interesse Deutschlands und Europas. Multilaterale Organisationen haben dabei eine wichtige Koordinierungsfunktion, ihre Unterstützung ist gerade jetzt unerlässlich.

Trotz aller Schwächen ist auch in der Krise deutlich, dass Deutschland und die EU führende Geber sind. Deutschland schneidet im Vergleich zu anderen Staaten durch rasches Umwidmen von Mitteln und die Mobilisierung zusätzlicher Gelder für humanitäre und Entwicklungshilfe relativ gut ab. Die EU stellt hingegen kaum neue Mittel bereit, sondern steuert überwiegend bestehende Budgets um. Auch Hoffnungen auf mehr Geld für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit im Mehrjährigen Finanzrahmen für 2021 bis 2027 haben sich nicht erfüllt. Dabei ist es in Zeiten der Pandemie wichtiger denn je, dass Deutschland und die EU durch ihre Unterstützung für Konfliktländer ein klares Signal für Solidarität setzen.


Veronika Ertl ist Referentin für Entwicklungspolitik in der Hauptabteilung Analyse und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung.
veronika.ertl@kas.de

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