Regierungsführung

Burundi verlegt seine Hauptstadt

Burundi hat seit Anfang dieses Jahres offiziell eine neue Hauptstadt: Gitega. Bujumbura bleibt die wirtschaftliche Hauptstadt. Nach Ansicht von Kritikern ist die Kleinstadt Gitega nicht als Hauptstadt geeignet. Sie sehen in der Verlegung vor allem einen politischen Schachzug von Präsident Pierre Nkurunziza.
Präsident Pierre Nkurunziza hat Gitega schon lange der bisherigen Hauptstadt Bujumbura vorgezogen. Hier unterschreibt er in Gitega im Juni 2018 die neue Verfassung. Evrard Ngendakumana/picture-alliance/Photoshot Präsident Pierre Nkurunziza hat Gitega schon lange der bisherigen Hauptstadt Bujumbura vorgezogen. Hier unterschreibt er in Gitega im Juni 2018 die neue Verfassung.

Innenminister Pascal Barandagiye hat mehrere Gründe für den Umzug der Hauptstadt angeführt. Zum einen entspreche er dem Willen des Volkes, und der Präsident habe ihn schon lange angekündigt. Zum anderen gehe es darum, die Regierungsbehörden näher an die Menschen zu bringen: Gitega liegt im Zentrum des Landes, Bujumbura hingegen ganz im Westen am Tanganjikasee. Aus dieser geografischen Lage heraus könne Bujumbura nicht mehr alle wichtigen Aufgaben erfüllen, zum Beispiel die Sicherheit, da die Armee nahe am See stationiert sei. Und schließlich gehe es um eine Dekonzentration Bujumburas. Barandagiye verwies auch darauf, dass die Verfassung eine Verlegung der Hauptstadt „an jeden anderen Ort in der Republik“ per Gesetz zulasse und auch eine Trennung von politischer und wirtschaftlicher Hauptstadt.

In der Nationalversammlung, die der Gesetzesvorlage zustimmen musste, äußerten zahlreiche Abgeordnete die Bedenken, dass Gitega, eine Kleinstadt mit rund 30 000 Einwohnern, als Hauptstadt nicht geeignet sei. Sie war bereits früher bis zur Unabhängigkeit Burundis im Jahr 1962 die Hauptstadt und traditionell der Sitz der Könige. Die Kritiker führten unter anderem fehlende Infrastruktur und Wassermangel an, verwiesen auf die Folgen für den desolaten Staatshaushalt und für die Familien, die durch die rund 100 Kilometer Entfernung zwischen Bujumbura und Gitega getrennt würden. Einige warfen auch die Frage auf, warum ein solches Vorhaben vor den 2020 anstehenden Wahlen nötig sei. Trotzdem stimmten die Volksvertreter – auch der Opposition – mit großer Mehrheit dafür: Es gab nur eine Neinstimme.

Der Senat ist bereits umgezogen, die Verlegung von fünf Ministerien, mehrerer Regierungskommissionen und des Verfassungsgerichts ist beschlossen. Insgesamt sind für den Umzug drei Jahre angesetzt. Pascal Nyabenda, der Vorsitzende der Nationalversammlung, warnte vor Eile und teilte mit, dass das Unterhaus einen Ausschuss eingesetzt habe, um die Machbarkeit des Umzugs zu prüfen. Auf dieser Grundlage werde man entscheiden.

Um das Problem fehlender Büros, Straßen, Restaurants, Hotels und anderer Infrastruktur anzugehen, wurden eine Kommission gebildet und ein Masterplan erstellt. Die Afrikanische Entwicklungsbank hat beim Besuch einer Delegation in Burundi im Februar finanzielle Unterstützung für das Projekt in Aussicht gestellt.

Kritiker sehen die wahren Motive für den Umzug darin, dass es Nkurunziza in Bujumbura, das als Oppositionshochburg gilt, an Unterstützung fehlt und er sich dort nicht sicher fühlt. Der Präsident hatte schon vor Jahren angekündigt, die Hauptstadt zu verlegen. Seit dem Putschversuch im Mai 2015 hatte er sich nicht mehr bei größeren öffentlichen Veranstaltungen in Bujumbura gezeigt, wohingegen er am 5. Februar dieses Jahres an den Feierlichkeiten zum Tag der Einheit in der Provinz Gitega teilnahm. Dort hatte er auch den Wahlkampf für das umstrittene Verfassungsreferendum im Juni 2018 gestartet (siehe auch meinen Beitrag in E+Z/D+C e-Paper 2018/07, Debatte), die Verfassung schließlich unterzeichnet und öffentlich erklärt, dass er bei den Wahlen 2020 nicht wieder kandidieren werde. Manche Oppositionelle werten die Verlegung der Hauptstadt an den ehemaligen Königssitz sogar als symbolischen Schritt zur Rückkehr zur Monarchie.


Mireille Kanyange ist Journalistin und Reporterin bei Radio Isanganiro in Burundi.
mika.kanyange@gmail.com

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