Treibhauseffekt

Endspurt im Schneckentempo

Die Vorgespräche für den Klimagipfel in Kopenhagen brachten Anfang Juni in Bonn keinen substantiellen Fortschritt und die Staats- und Regierungschefs der EU machten keine konkreten finanziellen Zusagen. Unterdessen machen kritische Organisationen mit einem eigenen Entwurf für das Kopenhagener Abkommen Druck.

„Man ist sich in keiner der entscheidenden Fragen wirklich näher gekommen“, analysierte Regine Günther das Ergebnis der Bonner Vorgespräche für ein Kyoto-Nachfolgeprotokoll. Günther leitet die Abteilung Umwelt- und Klimapolitik des WWF Deutschland. Doch Kritik kommt nicht nur von Nichtregierungsorganisationen (NRO). Auch Karl Falkenberg meint, dass die Verhandlungen möglicherweise mehr Zeit benötigen werden. Damit stellt der Chef der Generaldirektion Umwelt und Klima bei der Europäischen Kommission in Frage, ob überhaupt noch in diesem Jahr neue CO2-Reduktionsziele beschlossen werden. Die internationalen Gespräche verliefen nicht konstruktiv genug, bemängelt er. Zu schwer täten sich vor allem die USA, deren Vorschläge „noch nicht sehr präzise und nicht ehrgeizig genug“ seien, wie er der Süddeutschen Zeitung sagte.

Blockiert wurden die Klimagespräche aber vor allem dadurch, dass sich die reichen Länder nicht festlegen wollten, wie viel Geld sie den ärmeren Länder für Klimaprojekte, die Abmilderung von Klimaschäden und Technologietransfer geben wollen. Dabei ist klar, dass die Industrie­nationen jährlich mindestens 100 Milliarden Dollar an Schwellen- und Entwicklungsländer zahlen müssen, damit es Fortschritte im Klimaschutz gibt. Davon geht eine aktuelle Studie der Europäischen Kommission aus.

Einen Großteil davon müsste die EU aufbringen. Doch ihre Mitgliedsstaaten können sich intern nicht einigen, wieviel Geld sie zur Verfügung stellen wollen. Zumindest einigte sich die EU auf Kriterien, nach denen die Anteile verteilt werden sollen. Ausschlaggebend sollen demnach die Wirtschaftskraft und der Klimaausstoß der Länder sein. Während einige Länder aber zunächst nur die Finanzkraft betrachten wollten, bestanden andere auf der Berücksichtigung bereits geleisteter CO2-Einsparungen.

Die Bereitschaft der Industrieländer, für von ihnen angerichteten Klimaschäden zu zahlen, wird in Kopenhagen wichtig sein. Von ihrer finanziellen Unterstützung an Schwellen- und Entwicklungsländer hängt auch deren Bereitschaft ab, Emissionen verbindlich zu verringern. Und das Mitwirken der großen Schwellenländer ist dringend notwendig. Vor allem China, Mexiko und Indien tragen inzwischen stark zum weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen bei.

Als zu wenig ambitioniert bezeichnen Experten die Reduktionsziele der Indus­trieländer. Derzeit summieren sich die Zusagen dieser selbst nach optimistischen Schätzungen nur auf 24 Prozent bis 2020 im Vergleich zu 1990. Grund dafür ist auch, dass manche Länder noch keinerlei Zusagen gemacht haben – die USA etwa oder Russland. Weltweit sind Einsparungen von 40 Prozent wünschenswert (siehe auch Kommentar von Hermann Ott auf Seite 307).

Trotz der Schwierigkeiten geben sich WWF, Greenpeace und andere NROs davon überzeugt, dass ein „faires, rechtsverbindliches und wissenschaftsbasiertes Abkommen in Kopenhagen erreicht werden kann“. Gemeinsam legten die Organisationen mit dem „Kopenhagener Klima-Abkommen“ einen Entwurf mit ihren Forderungen für einen funktionierenden Vertrag vor. Um zu überwachen, ob die einzelnen Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen, und um sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel umgesetzt werden, fordern sie darin auch eine neue internationale Institution. Diese müsste ihre Entscheidungen demokratisch treffen, ihre Mitglieder müssten nach einem regionalen Proporz berufen werden.

Außerdem müsste der Clean Development Mechanism (CDM) überarbeitet werden, meinen sie. Der CDM ermöglicht es Unternehmen, durch Investitionen in Projekte zur Minderung von Emissionen im Ausland ihre eigene Schadstoffbilanz zu verbessern. Doch bei der Umsetzung gibt es noch Probleme: Eine Studie des Öko-Instituts für den WWF zeigte kürzlich, dass die Arbeit der Gutachter nicht gut funktioniert. So hätten etwa die fünf untersuchten Gutachterstellen mehr als die Hälfte der Anträge mindestens einmal zurückgewiesen, weil sie nicht den Anforderungen entsprachen.

Claudia Isabel Rittel

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