Nicaraguakanal

Das Volk wehrt sich

Der Bau des Nicaraguakanals ist heftig umstritten. Widerstand kommt vor allem von Bürgern, die von den Auswirkungen des Bauvorhabens direkt betroffen sind. So nahm der Protest von Bauern und Dorfbewohnern, die sich gegen die Enteignung ihres Landes wehrten, in den letzten Monaten des Jahres 2014 zu. Dem Großteil der Bevölkerung dagegen scheint nicht bewusst zu sein, was der Bau des Kanals für sie bedeutet – und so gibt es bisher auch keine breite öffentliche Debatte. Von Cecilia Medal Salaverry
Die Einwohner im Süden Nicaraguas, wie diese Jungen aus dem Bezirk Rio San Juan, werden vom Kanalbau besonders betroffen sein. Johanna Kirchner Die Einwohner im Süden Nicaraguas, wie diese Jungen aus dem Bezirk Rio San Juan, werden vom Kanalbau besonders betroffen sein.

Doch der erbitterte Widerstand der ländlichen Gemeinden beginnt, Wellen zu schlagen. Ende letzten Jahres gründeten die Einwohner der Verwaltungsbezirke Rivas, Rio San Juan, Juigalpa und Neuguinea die „Nationale Kommission zur Verteidigung des Landes, des Sees und der nationalen Souveränität“.

Sie organisierten fast 40 Demonstrationen mit rund 70 000 Teilnehmern, die einen Dialog mit den Behörden forderten. Außerdem sammelten sie 60 000 Unterschriften, um die Aufhebung des neu beschlossenen Gesetzes 840 zu fordern, demzufolge Betroffene bei Enteignungen nur den Katasterwert ihres Grundstücks erstattet bekommen, der weit unter dem Marktwert liegt. Mehr als 180 Bürger reichten Unterlagen ein, um die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes zu belegen. Sie wurden jedoch umgehend durch den Obersten Gerichtshof abgewiesen.

Die Regierung reagierte mit Gewalt auf die Protestaktionen. Am 23. und 24. Dezember führten Polizei- und Militäreinheiten Operationen in Rivas und El Tule durch, die laut dem nicaraguanischen Menschenrechtszentrum CENIDH mehr als 70 Verletzte und eine Reihe von Festnahmen zur Folge hatten. Allein am 24. Dezember wurden 46 Menschen festgenommen und ohne Anklage eine Woche lang in Gewahrsam gehalten. Viele zeigten später die Polizeibeamten wegen Misshandlung und Folter an. CENIDH und Amnesty International haben ihre Aussagen gesammelt und dem UN-Hochkommissar für Menschenrechte vorgelegt.

Es sind arme Gemeinden, die bisher am meisten für den Schutz der natürlichen Ressourcen kämpfen. Diese Menschen ziehen zu Fuß los und setzen ihre körperliche Unversehrtheit und ihre Freiheit aufs Spiel, weil sie wissen, dass es sie ansonsten am härtesten treffen wird. (cm)

Cecilia Medal Salaverry ist eine Feministin und Soziologin aus Nicaragua. Sie ist Mitglied des Kollektivs Aula Propia. csalaverry@gmail.com

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