Kommentar

Kapitän in unruhigen Gewässern

Präsident Boni Yayi von Benin ist der neue Vorsitzende der Afrika­nischen Union. Fraglich ist, ob das Staatsoberhaupt eines kleinen Landes die großen Probleme dieses Kontinentes in den Griff bekommen kann.

Von Karim Okanla

Benins Präsident Thomas Boni Yayi war guter Laune, als er am 1. Februar 2012 vom Gipfel der Afrikanischen Union (AU) in Äthiopien heimkehrte. Dort hatten ihn die anderen afrikanischen Präsidenten für zwölf Monate zum neuen Vorsitzenden der Konferenz der Staatsoberhäupter der panafrikanischen Organisation gewählt.

In einer Presseerklärung erläuterte Boni Yayi, Benin sei auf dem Kontinent ein Musterbeispiel an Frieden und politischer Stabilität. Diese positiven Werte sollten auch auf andere Länder übertragen werden, die sich im Krieg befänden. Er räumte ein, dass Afrika Probleme habe mit bewaffneten Konflikten, religiösem Fanatismus und Drogenhandel. Er versprach, Konfliktherden Frieden zu bringen und sich für Menschenrechte, Demokratie und einen Kontinent frei von äußerer Einmischung einzusetzen. Darüber hinaus stellte er eine kontinentweite Freihandelszone in Aussicht.

Leon Brathier, Chefredakteur der Be­niner Tageszeitung L’Autre Quotidien, meint, Boni Yayis Wahl mache Benin zum demokratischen Aushängeschild Afrikas: „Nun ist er der Sprecher des gesamten Kontinentes in künftigen Diskussionen mit den UN und der EU.“

Nicht alle in Benin sind jedoch glücklich mit der Wahl. Aka Mfon John, Dozent für Afrikanische Politische Ökonomie und Integration der Houdegbe North American University in Cotonou, befürchtet, Boni Yayi habe nicht genug politische Schlagkraft und Charisma: „Er ist eher Technokrat als Politiker. Ihm fehlen die Qualitäten eines Weltdiplomaten.“

Die AU besteht aus 54 Staaten; Südsudan ist das jüngste Mitglied. Die Organisation hält alljährliche Meetings ab und trifft unzählige Entscheidungen, aber viele Afrikaner glauben nicht, dass darauf auch Handeln folgt, das vor Ort etwas bewirkt. Kritiker halten die Afrikanische Union für eine leere Hülle, die den wirklichen Problemen des Kontinentes nicht beikommen kann. Ein typisches Beispiel dafür war die Hungersnot der letzten Monate in Ostafrika, die Millionen Menschen betraf – und zwar direkt vor der Nase der AU, die jedoch nicht imstande war, den Hungernden Nahrung zukommen zu lassen.

Niemand kann die Absichten der AU wohl besser benennen als die Website dieser panafrikanischen Organisation selbst. Demnach wurde die AU gegründet, „um den Integrationsprozess des Kontinentes zu beschleunigen, damit er seine recht­mäßige Rolle in der globalen Ökonomie spielen könne. Gleichzeitig sollen die vielfältigen sozialen, wirtschaftlichen und po­li­tischen Probleme angegangen werden, die bestimmte negative Aspekte der Globalisierung verstärken.“

Als neuer AU-Vorsitzender kann Boni Yayi außerordentliche Treffen einberufen und leiten, um auf Notsituationen wie Hunger oder politische Gewalt zu reagieren. Er kann Sondergesandtschaften losschicken, um zu schlichten oder zu ermitteln. In seiner neuen Funktion kann Benins Präsident Konsultationen mit seinen Amtskollegen einleiten; er ist aber nicht zu unilateralem Handeln berechtigt. Zudem ist er dafür zuständig, dass AU-Programme reibungslos laufen.

Boni Yayi steht also vor enormen Herausforderungen, wie den verheerenden Krieg und den Hunger in Somalia zu beenden und die steigenden Spannungen im Senegal beizulegen. Er muss Terrorgruppen in den Griff bekommen wie Al-Qaida im islamischen Maghreb oder Boko Haram in Nigeria. Eine weitere schwierige Aufgabe ist die Bewahrung des Friedens in der Demokratischen Republik Kongo.

Optimisten sagen, der neue AU-Vorsitzende könne auf alle Fälle auf die Unterstützung von China und der Europäischen Union, die die AU finanziell unterstützt, zählen. Den Afrikanern aber muss er beweisen, dass die AU mehr kann als nur Versprechungen machen.

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