Hochschulen

Ein Studium im Ausland bringt Vorteile für alle Seiten

Ausländische Absolventen deutscher Hochschulen bauen Brücken zwischen den Kulturen – ob sie in Europa bleiben oder in ihre Heimatländer zurückkehren.
Aus aller Welt kommen Studierende nach Köln. Ricarda Bruder Pedroso Aus aller Welt kommen Studierende nach Köln.

Ein Auslandsstudium bringt Studierende nicht nur akademisch weiter. Es schafft auch gute Gelegenheiten, um:

  • sich selbst besser kennenzulernen,
  • die eigene Meinung in Frage zu stellen,
  • bisher unbekannte gesellschaftliche Realitäten zu entdecken,
  • neue Perspektiven einzunehmen und
  • neue Entscheidungen zu treffen.

Studierende aus Asien und Afrika finden Deutschland ziemlich aufregend. Einerseits profitieren sie von neuen Technologien, besserer Laborausstattung, modernen Lehrplänen und großen professionellen Netzwerken. Andererseits erleben sie eine aufgeschlossene Gesellschaft, die unabhängiges, kritisches Denken fördert und Menschen den Raum gibt, scheinbar unverrückbare Realitäten in Frage zu stellen. Pluralismus, religiöse Toleranz und individuelle Freiheit werden hier als selbstverständlich angesehen. Für den eigenen persönlichen und beruflichen Weg eröffnen sich neue Möglichkeiten. Das trifft selbstverständlich auf alle Studierenden zu, die ihre Heimatstadt fürs Studium verlassen. Aber die Auswirkungen sind für jemanden, der aus Afrika oder Asien nach Europa geht, größer.

Deutschland fungiert zudem als Drehkreuz, das internationale Studierende aus verschiedenen Regionen zusammenbringt. Oft bleiben diese Verbindungen auch nach dem Abschluss bestehen. Egal, ob die Absolventen nach Hause zurückkehren, in Deutschland bleiben oder in ein anderes Land weiterziehen – sie beeinflussen in jedem Fall die Entwicklung ihrer Heimatländer. Diese brauchen gut ausgebildete Menschen, die Verantwortung übernehmen und Wandel herbeiführen. Wer Erfahrungen und eine Ausbildung im Ausland mitbringt, eignet sich gut dafür. Doch selbst wer in Deutschland bleibt, ist mit Familie und Freunden in der Heimat in Kontakt, teilt seine Erfahrungen und inspiriert andere. Das gilt auch für Absolventen, die von deutschen Universitäten in ein anderes, oft anglofones Land wechseln.

Ich arbeite als Koordinatorin des internationalen Masterprogramms „Integrated Water Resources Management“ an der TH Köln. Es legt einen besonderen Schwerpunkt auf den Nahen Osten und Nordafrika, wo die Wasserversorgung schon immer eine große Herausforderung darstellte, wegen der Klimakrise aber immer schwieriger wird. Unsere Studierenden bringen unterschiedliche Abschlüsse mit, und wir legen viel Wert auf Interdisziplinarität und Multikulturalität. Die Teilnehmenden entwickeln sich professionell weiter und vertiefen ihr Verständnis der Themen im Austausch mit Kommilitonen. Dabei ist es faszinierend zu beobachten, wie sie sich zunehmend gegenüber anderen Sichtweisen öffnen. Nach dem Abschluss nehmen viele verantwortungsvolle Positionen ein, die meisten in ihrem Heimatland, manche im Auftrag einer deutschen Entwicklungshilfeorganisation. Andere bleiben hier und schließen eine Dissertation an oder arbeiten in einem deutschen Unternehmen.

In jedem Fall profitiert auch Deutschland. Die ausländischen Studierenden inspirieren ihre deutschen Kommilitonen. Sie schaffen Multikulturalität und können zur Integration von Einwanderern beitragen. Studierende aus Entwicklungsländern aufzunehmen und auszubilden ist eine langfristige Investition, die sich besonders in Zeiten auszahlt, in denen immer mehr Themen internationale, ja globale Zusammenarbeit erfordern. Deutschland braucht Leute in anderen Ländern, die Deutschland verstehen, und es braucht Leute in Deutschland, die andere Länder verstehen. Wer an einer ausländischen Uni studiert hat, ist prädestiniert dafür, Brücken zwischen den beiden Ländern zu bauen, die er gut kennt.

Deutschland nutzt diese Möglichkeiten bereits recht umfassend, könnte aber noch mehr tun. Ein leichterer Zugang zu Arbeits- und Aufenthaltserlaubnissen, auch für Angehörige, wäre für viele Ausländer eine Erleichterung. Das Arbeitsumfeld in Deutschland ist für Einwanderer auch nicht immer einfach. Je offener das aufnehmende Land ist, umso besser können Immigranten als Botschafter zwischen den Kulturen fungieren.


Sudeh Dehnavi ist Gründerin der ENRoot GmbH, eines Start-ups für Wissenstransfer, und Programmkoordinatorin am Institute for Technology and Resources Management in the Tropics and Subtropics der TH Köln.
sudeh.dehnavi@th-koeln.de

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