Ergebnisorientierung

Neuland

„Results-based Aid“ heißt ein inno­vativer Ansatz der Entwicklungsfinanzierung. Die möglichen Vorteile faszinieren Geberregierungen. Pilot­projekte wurden auf den Weg gebracht.

Das britische Department for International Development (DfID) arbeitet an drei Pilotvorhaben, um ergebnis­abhängige Entwicklungsfinanzierung zu testen. In Äthiopien und Ruanda wird es Mittel für Bildungsvorhaben nur auszahlen, wenn die Partnerländer bestimmte Einschulungsraten erreichen. Ein weiteres Pilotprojekt wird in Uganda auf die Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit abzielen. Es gehe darum zu testen, wie das Konzept funktioniere, sagt Ellie Cockburn vom DfID. Bisher sei nur ein „kleiner Teil unserer bilateralen Mittel“ für solche Zwecke vorgesehen.

Auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) interessiert sich für solche Möglichkeiten. Gudrun Kopp, die Parlamentarische Staatssekretärin, spricht von „Handlungsbedarf bei der Ergebnisorientierung“. Die entwicklungspolitische Diskussion kreise zu oft nur ums Geld. Sie fordert sicht- und messbare Ergebnisse, was auch der Transparenz diene. Politiker in Geberländern sind daran interessiert, den Steuerzahlern zu zeigen, was sie mit Entwicklungsgeldern erreichen.

Deutschland ist derzeit an zwei Vorhaben beteiligt, bei denen der Mittelfluss von den Ergebnissen abhängt, wie Kopp ausführt:
– In Kenia werden schwangeren Frauen subventionierte Gutscheine für medizinisch betreute Geburten angeboten (siehe auch Nancy Ndungu: „Gezahlt wird später“ in E+Z/D+C 2011/5, S. 210 f.).
– Brasilien bekommt von Norwegen und Deutschland Geld, wenn es die Entwaldungsrate unter eine bestimmte Marke senkt. Beide Geberländer beteiligen sich auch am Aufbau des Monitoringsystems, das den Forstbestand präzise erfassen soll.

Ergebnisabhängige Finanzierung ist ein neues Konzept. Im Kern gehe es um ein neues Vertragsverhältnis zwischen Gebern und Empfängern, erklärt Stephan Klingebiel vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE). Das angestrebte Ergebnis muss klar definiert werden, und bezahlt wird nur, wenn es tatsächlich erreicht wird. Entsprechend hängt das Konzept von zuverlässigen Daten ab sowie von stimmigen Entwicklungsindikatoren, die als sinnvolle Zielgrößen dienen können.

Klingebiel weist darauf hin, dass die Budgethilfe, mit der mehrere Geber gemeinsam die nationalen Haushalte ausgewählter Entwicklungsländer unterstützen, den Prinzipien von ergebnisabhängigenn Finanzierungen entspricht: Schließlich sehen Geber von Zahlungen ab, wenn vereinbarte Ziele nicht erreicht werden.

Offensichtliche Vorteile

Finanzierung auf der Basis nachgewiesener Ergebnisse hat aus Klingebiels Sicht einige klare Vorteile. So gebe es etwa eine unmittelbare Verbindung von Handeln und angestrebtem Ergebnis. Das erleichtere unter anderem die Evaluierung (siehe auch Seite 433). Zugleich warnt Klingebiel aber, die neue Methode sei kein Allheilmittel, denn sie passe nicht zu allen relevanten Aufgaben. Während es recht einfach ist, die Müttersterblichkeit zu messen, gibt es für den Erfolg einer Justizreform keine ähnlich eindeutigen Indikatoren – es kommt schließlich auch auf die Qualität von Urteilen an.

Klingebiel schlägt vor, Results-based Aid von Results-based Service Delivery zu unterscheiden. Bei Letzterem gehe es darum, dass Regierungen von Entwicklungsländern soziale Dienstleistungen in Kooperation mit Akteuren der Zivilgesellschaft oder des Privatsektors erbringen. Geberregierungen haben solche Ansätze in den vergangenen zehn Jahren auch unter dem Etikett „Output-based Aid“ unterstützt, erläutert Klingebiel.

Afrikanische Sorgen

Ronald Nkusi aus Ruandas Finanzministerium erkennt zwar die möglichen Vorteile ergebnisabhängiger Finanzierung, aber er äußert auch Skepsis. Entwicklungsländer müssten investieren, um ihre Ziele zu erreichen. Um die Grundbildung zu stärken, müssten sie beispielsweise Schulen bauen. Bisher bekamen sie dafür von den Gebern Geld. Wenn künftig nur nach erwiesenem Erfolg bezahlt wird, müssen arme Staaten möglicherweise Kredite aufnehmen, um die nötigen Investitionen zu tätigen. Wird Results-based Aid dann so großzügig ausfallen, dass auch die Zinsen abgedeckt sind?

Nkusi betont zudem, dass die Institutionen der Entwicklungsländer mit ihren eigenen Methoden die Ergebnisse messen müssten. Denn andernfalls diene die Entwicklungshilfe nicht dazu, die Kapazitäten zu schaffen, die arme Staaten brauchten, um sich aus der Abhängigkeit von den Gebern zu befreien. Nkusi erläuterte diese Sorgen auf einer Podiumsdiskussion Ende September in Berlin. Sie fand im Rahmen eines internationalen Workshops statt, den die GIZ im Auftrag von BMZ und OECD zur Vorbereitung des multilateralen Aid-Effectiveness-Gipfels Ende November in Busan veranstaltete.

Mit Blick auf Results-based Aid stellte Rui Conzane, ein Parlamentsabgeordneter aus Mosambik, eine weitere relevante Frage: Was geschieht mit dem Geld, wenn es ausgezahlt ist? Offensichtlich werde es zur Leistungserbringung doch nicht gebraucht. Um Missbrauch zu verhindern, fordert Conzane einen intensiveren internationalen Dialog über Entwicklungs­fragen und mehr öffentliche Rechenschaftspflicht.

Aus Sicht von Joelle Tanguy ist ergebnisabhängige Finanzierung sinnvoll. Tanguy gehört zur Leitung von GAVI, der Global Alliance for Vaccines and Immunisation. Sie sagt, die gesamte Institution sei auf Ergebnisse ausgerichtet, denn GAVI stelle Startkapital für Impfkampagnen bereit und zahle danach Mittel pro geimpftem Kind aus. In den vergangenen zehn Jahren habe GAVI so dazu beigetragen, dass rund 270 Millionen Kinder vor Krankheiten geschützt wurden. Results-based Aid funktioniere, sagt Tanguy, und ermögliche gerade armen Ländern schnellen Fortschritt. Ein Nachteil sei aber, dass es sehr schwer sei, auch die letzten 20 Prozent, die noch keinen Impfschutz haben, zu erreichen, weil der Aufwand dafür sehr groß sei und Anreize entsprechend teuer würden.

Hans Dembowski

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