Kaffee

Gemeinsame Sache

Über Jahre hinweg haben mehrere deutsche Röster die Preise für Kaffee untereinander abgesprochen. Direkte Auswirkungen auf die Produzenten hat das nicht gehabt. Es wirft aber ein Schlaglicht darauf, dass eine Handvoll Unter­nehmen die Preise diktiert.

Einen „Gesprächskreis“ nennt das deutsche Kartellamt die Gruppe. Vom Kaffee-Kartell hingegen sprechen Beobachter und Medien. Dazu gehörten vier der größten Kaffeeröster auf dem deutschen Markt: Tchibo, Melitta, Dallmayr und Kraft Foods. Die Runde aus Geschäftsführern und Vertriebsleitern soll Höhe, Umfang und Zeitpunkt von Preiserhöhungen des Kaffeepreises festgelegt haben, meint die oberste deutsche Wettbewerbsbehörde. Mindes­tens fünfmal sei das geschehen. Die Konsumenten kostete das laut Presseberichten rund 4,8 Milliarden Euro.

Weil Preisabsprachen verboten sind, hat das Bundeskartellamt den drei deutschen Röstern nun Strafen von knapp 160 Millionen Euro auferlegt. Kraft Foods bleibt verschont, weil der US-Konzern der Wettbewerbsbehörde den entscheidenden Hinweis gab. Tchibo und Melitta sowie fünf betroffene Personen haben gegen die Bußgeldbescheide Einspruch eingelegt.

„Die Schere beim Kaffee geht immer weiter auseinander“, meint derweil Brigitte Binder, die sich beim evangelischen Entwicklungsdienst (eed) um das Thema Fairer Handel kümmert. Obwohl die Endverbraucher immer mehr zahlten und der Weltmarktpreis in den vergangenen Jahren gestiegen sei, verdienten die Kaffeebauern immer weniger. Oftmals bekämen sie nicht einmal mehr die Produktionskos­ten herein.

Marken, die beim fairen Handel mitmachen, versprechen, dass die Produzenten und ihre Mitarbeiter menschenwürdig leben können. Sie zahlen derzeit pro Pfund Arabica-Bohnen einen Mindestpreis von 1,20 Dollar plus Prämien.

Das entspricht grob dem Preis, auf den sich Produzenten und Konsumenten im Kaffeeabkommen geeinigt hatten, das von 1963 bis 1989 galt. Danach gab es zunächst starke Preisschwankungen, zeitweise unter 60 Cent. Seit 2007 liegt der durchschnittliche Weltmarktpreis wieder ungefähr auf dem Niveau von 1989. Allerdings bekommen laut Binder die Produzenten bei traditionell gehandeltem Kaffee davon „einen immer geringeren Anteil“ ab.

Kaffee ist eines der wichtigsten internationalen Handelsgüter. Die größten Abnehmer sind die USA und Deutschland – beide Länder importierten allein monatlich mehr als 100 000 Tonnen Rohkaffee. Haupt­produzenten sind Brasilien, Vietnam und Kolumbien. Doch der weltweite Handel mit Kaffee wird von wenigen großen Akteuren dominiert: dazu gehören Konzerne wie Nestlé, Kraft, Sara Lee und Procter&Gamble sowie sehr große Kaffeeröster wie Starbucks, Tchibo und Lavazza.

Geröstet und gemahlen wird meist in den Konsumentenländern. Das hat zwei Gründe:
– Das Aroma ensteht beim Rösten und verfliegt schnell. Deshalb ist es sinnvoll, den Rohkaffe in Endverbrauchernähe zu verarbeiten.
– Zölle und Steuern machen es den Anbauländern schwer, eigene Wertschöpfungsketten auszubauen. „Während Rohkaffee zollfrei in die EU eingeführt werden darf, fallen für gerösteten Kaffee Einfuhrzölle an“, sagt Binder. In manchen Ländern muss zudem bei der Einfuhr Kaffeesteuer gezahlt werden. In Deutschland sind das noch mal gut zwei Euro für jedes Kilo Röstkaffee. Ungeröstete Bohnen sind davon befreit.

Insgesamt kultivieren rund 25 Millionen Bauern Kaffee. Als internationale Marke aus einem Produzentenland hat sich bisher nur Juan Valdez vom Verband kolum­bianischer Kaffeeproduzenten durchsetzen können.
Grundsätzlich wird der Preis von Rohkaffee durch Handel an der Londoner und New Yorker Börse über Angebot und Nachfrage festgelegt. Spekulationen mit Terminkontrakten verursachen jedoch oft Preisschwankungen. Zusätzlichen Preisdruck üben inzwischen auch Billigproduzenten aus, die immer größere Marktanteile haben.

Indessen haben die Deutschen in den vergangenen Jahren immer mehr fair gehandelten Kaffee gekauft. Auch große Handelsfirmen und Röster haben Kaffees im Angebot, die mit dem Fairtrade-Siegel der Rainforest Alliance oder über andere Fair-Handels-Marken zertifiziert sind. Der Anteil von fair gehandeltem Kaffee mit zwei Prozent des verkauften Kaffees in Deutschland ist gering, doch der Trend ist eindeutig. Inzwischen wird sogar ein Großteil der mit dem Fairtrade-Siegel ausgezeichneten Produkte in Supermärkten verkauft.

Dass die Preiskluft zum „anderen Kaffee“ in den letzten Jahren geringer geworden ist, hat dem Fairen Handel sicherlich nicht geschadet. Antje Edler vom Forum Fairer Handel erklärt sich den Erfolg dennoch „eher damit, dass sich die Menschen heute mehr für Produktionsbedingungen interessieren“. (cir)

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