Unsere Sicht
Psychische Gesundheit weltweit stärken

Psychische Gesundheit ist genauso wichtig wie körperliche, wenn es um individuelle und gesellschaftliche Entwicklung geht. Umso alarmierender sind Schätzungen der WHO, denen zufolge jeder achte Mensch weltweit mit psychischen Problemen lebt. Am häufigsten sind Angststörungen und Depressionen. Eine aktuelle internationale Studie hat ergeben, dass vermutlich jeder zweite Mensch im Laufe seines Lebens mindestens eine psychische Störung entwickeln wird.
Zu den Risikofaktoren zählen Erfahrungen von Armut, Gewalt und Flucht, aber auch globale Katastrophen wie die Covid-19-Pandemie und der Klimawandel. Menschen können beispielsweise nach extremen Wetterereignissen posttraumatische Belastungsstörungen entwickeln oder Ängste und Depressionen, wenn Ernten immer unberechenbarer werden. Um die psychische Gesundheit weltweit zu verbessern, sind also sichere Lebensbedingungen die Grundlage.
Jene, die bereits leiden, benötigen bessere Unterstützung. Fachkräfte für psychische Gesundheit werden weltweit dringend gebraucht, sind aber sehr unterschiedlich verteilt. Der aktuelle WHO-Atlas zur psychischen Gesundheit aus dem Jahr 2020 weist für Afrika 1,6 Fachkräfte für psychische Gesundheit pro 100.000 Einwohner*innen aus, verglichen mit 44,8 in Europa. Ein extremer Unterschied besteht zwischen Ländern mit niedrigen Einkommen (1,4) und solchen mit hohen (62,2). Selbst bei relativ guter Versorgungslage bleiben Fragen offen: Wer kann sich psychologische Betreuung leisten? Ist sie in der Krankenversicherung enthalten? Wer hat überhaupt eine Krankenversicherung?
Professionelle Hilfe suchen
Gesellschaftliche Akzeptanz spielt ebenfalls eine große Rolle. Vielerorts sind psychische Probleme weiterhin ein Tabuthema. Dieses Stigma gilt es aufzubrechen: Je weniger sich Betroffene selbst verurteilen, desto eher suchen sie professionelle Hilfe. Dabei kann mit Blick auf die erwähnten Zahlen auch dieser Gedanke helfen: Sehr wahrscheinlich leiden andere im eigenen Umfeld ebenfalls an psychischen Erkrankungen – auch wenn man es ihnen nicht unbedingt ansieht.
Es ist deshalb entscheidend, psychische Erkrankungen nicht mit Schwäche gleichzusetzen. Sie sind vielmehr menschlich – und Betroffene sollten die nötige Hilfe erhalten.
Die gute Nachricht: Bestimmte Umstände und Eigenschaften, die Resilienz fördern, lassen sich überall auf der Welt finden. Die klinische Psychologin Gladys K. Mwiti hat für E+Z analysiert, wie Jugendliche in Afrika es schaffen, den vielen Widrigkeiten ihres Lebens zu trotzen. Sie nennt etwa die in vielen afrikanischen Gesellschaften traditionell vorhandene Gemeinschaft und gegenseitige Unterstützung, aber auch einen Unternehmergeist, der Selbstwirksamkeit und Motivation stärkt, sowie Spiritualität und Religion, die Kraft geben und Sinn stiften.
Ihre Erkenntnisse können lehrreich sein für moderne Gesellschaften auf der ganzen Welt, die durch Vereinzelung geprägt sind. Einsamkeit ist ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen wie Depression und Angststörungen. Offenbar müssen wir neu lernen, was unseren Vorfahren klar war: Gesund sind wir Menschen nur in guter Gesellschaft.
Maren van Treel ist die Social-Media-Redakteurin von E+Z.
euz.editor@dandc.eu
Wenn Sie darüber nachdenken, sich das Leben zu nehmen, sprechen Sie mit Freund*innen oder Familienangehörigen darüber und suchen Sie sich professionelle Unterstützung. In Deutschland ist beispielsweise die Telefonseelsorge Tag und Nacht erreichbar unter den Nummern 0800 1110111 oder 0800 1110222. Internationale Suizidhotlines finden sich hier:
https://blog.opencounseling.com/suicide-hotlines/