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Pflegefachkraft in Deutschland: „Die Unterstützung im Gastland ist wichtig“

Pflegefachkräfte werden in Deutschland dringend gesucht. Htoo Myat Khin aus Myanmar wurde am Universitätsklinikum Marburg dafür ausgebildet. Sie hat durch das Integrationsprogramm viel Unterstützung erfahren. Andernfalls, sagt sie, hätte sie es schwer gehabt. Sie sprach mit Eva-Maria Verfürth.
Htoo Myat Khin hat in Myanmar als Reiseleiterin gearbeitet. Htoo Myat Khin
Htoo Myat Khin hat in Myanmar als Reiseleiterin gearbeitet.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie, in der Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt ihre Migrationsgeschichte nach Deutschland erzählen, darunter ein Bauingenieur aus Kenia, eine Frau aus der Ukraine und ein Journalist aus Syrien.

Wann und wie sind Sie nach Deutschland gekommen?

Ich bin 2022 aus Myanmar nach Marburg gekommen. Zusammen mit 22 anderen Kolleg*innen wurde ich für ein pflegerisches Integrationsprojekt am Universitätsklinikum Marburg ausgewählt. Es handelt sich um ein Pilotprojekt des Klinikums, das für uns Teilnehmende kostenfrei ist – wir bekommen den Deutschkurs, die Ausbildung und die Unterkunft bezahlt. Vorkenntnisse in der Pflege waren nicht erforderlich, allerdings mussten wir in Myanmar mehrere Vorstellungsgespräche absolvieren. Mittlerweile haben fast alle von uns die Ausbildung abgeschlossen und trotz der Sprachbarriere überwiegend gute Noten erhalten.

Es war sicher keine einfache Entscheidung, aus Myanmar wegzugehen. Wieso haben Sie Ihr Heimatland verlassen?

Ich habe in Myanmar als Reiseleiterin gearbeitet und war deshalb auch schon vorher einige Male in Deutschland. Frühere Reiseteilnehmer*innen hatten mich eingeladen, sie in Berlin und Bayern zu besuchen. Doch dann kamen 2020 Corona und 2021 der Militärputsch – die Tourist*innen blieben aus und kamen nicht wieder. Ich war zwei Jahre lang arbeitslos. Zwischendurch habe ich zwar in einer kleinen Digital-Marketing-Firma gearbeitet, in der ich aber sehr wenig verdient habe. Ich wusste nicht, wie lange ich mich noch über Wasser halten könnte. Da habe ich auf Facebook diesen Beitrag gesehen, in dem gefragt wurde, ob man Deutsch lernen und in Deutschland arbeiten möchte – und habe die Gelegenheit ergriffen. Mittlerweile habe ich meine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen und arbeite seit Anfang September als Pflegefachkraft in der Hämatologie, Onkologie und Immunologie.

Was ist für Sie die größte Herausforderung in Deutschland?

Am schwierigsten sind die Einsamkeit und das Heimweh. Auch wenn ich hier Freund*innen habe und die Lehrer*innen und Kolleg*innen alle sehr nett sind, macht es mich immer noch traurig, dass meine Familie und Freund*innen nicht da sind. Für die Jüngeren aus unserer Gruppe, die noch nie in Deutschland waren, waren die Herausforderungen am Anfang größer. Da kamen auch die Kultur, das Essen und das Wetter dazu. Inzwischen sind sie aber sehr zufrieden hier. Einige haben neue Partner gefunden und einen sicheren Job. Die meisten wollen in Deutschland bleiben. Ich wollte zwar möglichst bald nach Myanmar zurück, aber aufgrund der aktuellen politischen Situation ist das zu unsicher. Ich werde also sicher noch ein paar Jahre in Deutschland bleiben.

Was oder wer hat Ihnen beim Ankommen geholfen?

Die Ausbilder*innen haben uns geholfen, sie waren immer hilfsbereit, und wir durften sie jederzeit anrufen. Auch die Praxisanleiter*innen im Krankenhaus haben uns sehr unterstützt. Ohne diese Leute hätten wir es nicht geschafft, die Ausbildung abzuschließen und uns etwas aufzubauen. Jetzt fühle ich mich gut angekommen. Die Gruppe aus Myanmar, mit der ich hierhergekommen bin, ist mir bis heute wie eine zweite Familie. Ich habe ein Einkommen, das für mich ausreicht. Ich gehe ins Fitnessstudio, ins Kino, oder wir feiern abends. Nur meine Familie fehlt mir. Aber ich versuche, einmal im Jahr nach Hause zu fliegen.

Was braucht es, damit man in Deutschland gut ankommen kann?

Die Unterstützung und Gastfreundschaft der Deutschen sind wichtig, damit wir uns wohlfühlen und mehr Selbstvertrauen gewinnen. Manchmal ist es für uns schwierig, und wir fühlen uns klein. In unserem Fall haben die Ausbildenden uns geholfen und unser Selbstvertrauen gestärkt. Diskriminierung hingegen haben wir selten erlebt. Ich denke aber auch, dass man es sich selbst einfacher machen kann, wenn man sich bemüht und an sich arbeitet – und zum Beispiel die Sprache gut lernt.

Htoo Myat Khin war Reiseleiterin in Myanmar. Heute arbeitet sie als Pflegefachkraft am Universitätsklinikum Marburg.
euz.editor@dandc.eu 

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