Wirkung der EZ

Risikoinvestitionen

Hilft oder schadet die Entwicklungszusammenarbeit? Letzteres legen die Medien gerne und oft nahe. Empirische Belege gibt es für beide Thesen, aber keine eindeutige wissenschaftliche Antwort. Da es letztlich darum geht, komplexe Globalisierungsprozesse zu gestalten, können wichtige entwicklungspolitische Interventionen grundsätzlich auch scheitern.

Die breite Öffentlichkeit verbindet mit dem Schlagwort Entwicklungshilfe oft fragwürdige Projekte, die letztlich den Reichen und Mächtigen dienen, die Korruption begünstigen und den betroffenen Ländern möglicherweise sogar schaden. Derartige Medienberichterstattung erhöht den Druck auf die Entwicklungspolitik, Erfolge aufzuzeigen.

Allerdings ist „Entwicklungszusammenarbeit eine Form von Umverteilung,“ sagt Peter Nunnenkamp vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. „Man weiß nie genau, wie sich das auswirkt.“ Das gelte auch für die Steuerpolitik. Die Wissenschaft habe zu solchen Fragen oft „verdammt wenig zu bieten“. Mit dieser These eröffnete Nunnenkamp ein vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) und Oxfam Deutschland Ende Mai in Berlin ausgerichtetes Symposium über Aid Effectiveness.

Reinhard Hermle von Oxfam Deutschland vergleicht Entwicklungshilfe mit der Pharmaforschung: „Es gibt in der EZ nicht den richtigen Weg, es ist ein ständiger Suchprozess nach der richtigen Wirkung.“ Unerwünschte Nebenwirkungen seien nicht auszuschließen.

Laut Jörg Faust vom DIE lässt sich indessen eindeutig belegen, dass „Entwicklungspolitik ein Instrument des Eigeninteresses und der Außenpolitik der Geberländer“ sei. Besonders deutlich zeige sich das an den USA und der Schweiz; beide unterstützten entwicklungspolitisch Partnerländer, die bei UN-Abstimmungen dieselbe Position beziehen wie sie selbst. Nunnenkamp wirft diese Haltung auch regierungsunabhängigen Organisationen aus Geberländern vor.

Entwicklungsprojekte und -programme haben mittelbare und unmittelbare Effekte. Das macht es zusätzlich schwer, die Wirkung der Entwicklungszusammenarbeit exakt zu messen. Faust nennt aber noch weitere Gründe für das schlechte Image in der Öffentlichkeit:
– EZ-kritische Wissenschaftler vermarkteten ihre Studien geschickt,
– die multilaterale Policy Arena sei trotz der Bemühungen um Geberharmonisierung und Aid Effectiveness zersplittert und schlecht koordiniert, und
– die Ziele der Entwicklungspolitik würden umfangreicher.

Dirk Messner vom DIE betont derweil, dass die anspruchsvolle Agenda sinnvoll und notwendig sei. Es gehe schließlich darum, komplexe Globalisierungsprozesse zu beeinflussen und zu gestalten. Die Möglichkeit des Scheiterns müsse also von vornherein einkalkuliert werden. Er spricht von „Risikoinvestitionen“. Die Fachwelt ist sich beispielsweise darüber einig, dass das Engagement in Post-Konfliktländern zwar oft fehlschlägt, aber im Erfolgsfall zum Frieden beiträgt.

Klar ist, dass es neben der eng verstandenen Entwicklungspolitik viele andere Faktoren gibt, die auf die Entwicklungen einwirken. Diese sind nicht immer direkt kontrollierbar oder gesteuert, wie etwa Umweltkatastrophen. Das beeinträchtigt selbstverständlich die Wirkung. Dorothee Fiedler vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sagt denn auch: „Wir sind davon überzeugt, die Milleniumsziele bis 2015 erreichen zu können – wenn nichts Krasses dazwischen kommt.“

Doch genau das passiert immer wieder. Messner urteilt: „Durch die Lebensmittelkrise sind wir, was Armutsbekämpfung angeht, um fünf bis sechs Jahre zurückgefallen.“ Insbesondere in Afrika habe sich die Lage, die Zahl der Menschen, die von weniger als einem halben Dollar pro Tag leben müssen, deutlich verschlechtert. (eli)

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