Afrika und der Fluch der Ressourcen

Karl Wohlmuth, Chicot Eboué u.a. (Hg.):
Africa – Commodity Dependence,
Resource Curse and Export Diversification.
African Development Perspectives
Yearbook, Vol. 12,
Lit Verlag, Berlin 2007, 664 S., 69,90 Euro, ISBN 978-3-8258-0256-1

Erneut hat die Forschungsgruppe „Afrikanische Entwicklungsperspektiven“ der Universität Bremen ein viel diskutiertes Thema zum Schwerpunkt ihres Jahrbuchs gemacht: Sie hat einen dem Inhalt wie dem Umfang nach schwergewichtigen Band zum „Fluch der Ressourcen“ vorgelegt – erfreulicherweise unter Beteiligung zahlreicher afrikanischer Wissenschaftler.

Der erste Teil des Bandes beschäftigt sich allgemein mit Rohstoff-Ökonomien und deren Schwächen. Fallstudien zu Nigeria und zu den Möglichkeiten einer Diversifizierung von dessen ölabhängiger Wirtschaft stehen im Mittelpunkt des zweiten Teils. Kameruns Versuche, die Abhängigkeit von Primärgütern zu überwinden, sind das Thema des dritten Teils. Es folgen ein umfangreicher Teil mit Rezensionen über Neuerscheinungen zum Thema sowie eine Zusammenstellung von Berichten über diverse damit befasste Institutionen und Initiativen.

Der neue Wettlauf um Afrikas Rohstoffe ist das zentrale Thema vieler Beiträge. Sie tragen nützliche Hinweise zu der Diskussion darüber bei. Allerdings hätte der Band einen einführenden Überblicksartikel gut vertragen, der jenseits der rein ökonomischen Betrachtung auch die (globalen) politischen Rahmenbedingungen genauer beschreibt. Die Behandlung wirtschaftlicher Prozesse unter weitgehender Vernachlässigung politischer Vorgänge ist nämlich ebenso unvollständig wie das umgekehrte Vorgehen.

Neue Einsichten finden sich in dem Buch kaum, eher bestätigt es bestehendes Wissen. Dazu gehört, dass der „Fluch der Ressourcen“ durch gute Institutionen und solide Wirtschaftspolitik minimiert und ins Gegenteil verkehrt werden kann. Hierauf zielt der immer wieder vorgebrachte Hinweis auf Norwegens Ölpolitik, der sich auch in den Beiträgen dieses Bandes mehrfach findet. Inwiefern sich die Bedingungen in Norwegen und die darauf basierende Strategie auf afrikanische Länder übertragen lassen, bleibt aber weitgehend offen.

Ergiebiger scheint die Überlegung, dass angesichts des wachsenden globalen Wettbewerbs insbesondere um die Ölreserven eine wirksamere internationale Regulierung nötig ist. Karl Wohlmuth bemerkt am Ende seiner Einleitung, dass schwache Staaten und Regierungen einerseits, riesige internationale Unternehmen andererseits sehr ungleiche Partner sind. Oft wissen weder die Regierungen noch die Menschen in der Fördergebieten über die mit der Ausbeutung von Rohstoffen verbundenen Geldflüsse Bescheid. Und schon gar nicht ziehen sie (mit Ausnahme der Komplizen) einen Nutzen daraus.

Wer mehr über die Rohstoff-Wirtschaft erfahren möchte, besonders über die Beispiele Nigeria und Kamerun, ist mit den Darstellungen und Analysen in diesem Jahrbuch gut bedient. Es selektiv zur Kenntnis zu nehmen verspricht einen Wissenszuwachs. Leichte Lektüre ist es aber nicht – auch die eifrigsten Leseratten werden die Vielzahl der Beiträge nur etappenweise und kaum vollständig verarbeiten.

Henning Melber

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