Beschäftigung

Ländlicher Raum braucht Aufwertung

Die wachsende Bevölkerung Afrikas muss mit Nahrung versorgt werden, gleichzeitig sind Millionen junger Leute auf der Suche nach Jobs und Zukunftsperspektiven. Der ländliche Raum bietet durchaus Beschäftigungschancen, leidet jedoch unter fehlender Attraktivität.
Viele Afrikaner finden Jobs in der Landwirtschaft nicht attraktiv: Teeproduktion in Kenia. Koene/Linear Photography Viele Afrikaner finden Jobs in der Landwirtschaft nicht attraktiv: Teeproduktion in Kenia.

Gerade gut ausgebildete junge Afrikaner zieht es weg vom Land in die großen Städte. Ein Job in der Landwirtschaft erscheint ihnen einfach nicht attraktiv. Nana Adjoa Sifa Amponsah, die einen landwirtschaftlichen Inkubator in Ghana gegründet hat, versucht es daher mit einem sprachlichen Trick: Sie redet von „Agribusiness“, um den Menschen die Potenziale dieses Beschäftigungsbereichs zu vermitteln.

In ihren Augen ist staatliche Unterstützung vonnöten, um die Landwirtschaft attraktiver zu machen. Zum Beispiel kaufe die kenianische Regierung Produkte von Kleinbauern auf, um Gefängnisse und öffentliche Einrichtungen zu versorgen. „Die Menschen müssen sehen, dass es Käufer für ihre Produkte gibt“, sagte Amponsah auf einer Podiumsdiskussion des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Ende März in Bonn.

Laut BMZ-Abteilungsleiter Gunther Beger wird sich die Zukunft der Menschheit im ländlichen Raum entscheiden. Dort lebten die meisten Hungernden. Zudem würden in Afrika bis 2030 eine halbe Milliarde Menschen auf den Arbeitsmarkt strömen. Sein Kollege Stefan Schmitz kritisiert: „Die ländlichen Räume sind weltweit viel zu lang vernachlässigt worden.“ Nun mangele es an Straßen, Elektrizität, Schulen und Krankenhäusern. Unternehmen und gut ausgebildete Leute schreckten daher vor Investitionen im ländlichen Raum zurück.

Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass Bauern besseren Zugang zu Finanzdienstleistungen brauchen. Einen Kredit für Konsumgüter wie Kühlschränke oder Fernseher zu erhalten sei kein Problem. Doch wenn es um Kredite im landwirtschaftlichen Bereich gehe, seien Banken häufig skeptisch.

Besonders wichtig ist die Unterstützung von Frauen. Halatou Dem aus Mali hatte dem Getreide verarbeitenden Betrieb ihrer Mutter zunächst selbst den Rücken gekehrt und in einer Stiftung gearbeitet, bevor sie die Notwendigkeit der Landwirtschaft erkannte. Heute leitet sie den Betrieb und ist Arbeitgeberin von mehr als 20 festangestellten Frauen. Sie habe zu Beginn als junge Frau häufig Probleme gehabt, sich durchzusetzen, sagt Dem. Mittlerweile lägen diese Zeiten aber hinter ihr. Amponsah sagt: „In Ghana arbeiten viele Frauen in der Landwirtschaft, allerdings befinden sie sich am unteren Ende der Einkommensleiter.“ Das wolle sie mit ihrem Unternehmen ändern.

Lutz Hartmann, der seit drei Jahren ein landwirtschaftliches Unternehmen in Äthiopien führt und im Vorstand des Afrikavereins der deutschen Wirtschaft ist, beklagt bürokratische Hürden. Selbst kleinste administrative Vorgänge müssten meist in der acht Autostunden entfernten Hauptstadt Addis Abeba erledigt werden. Außerdem sei es schwierig, qualifiziertes Büropersonal auf dem Land zu finden.

Gut ausgebildete Menschen, die die Stadt für einen Job im ländlichen Raum verlassen, stellen die Ausnahme dar. Einer von ihnen ist Gabriel Litunya Akali aus Kenia. Er arbeitete bis vor kurzem in der Hauptstadt Nairobi im Schnittblumengewerbe, berät aber nun für ein Unternehmen Bauern auf dem Land. Seine Frau, die im Bankensektor beschäftigt ist, und seine zwei Kinder leben jedoch weiterhin in Nairobi, wo die Lebensbedingungen besser sind. Daher pendelt er nun zwischen Stadt und Land – zu Lasten der Familie.

Die Podiumsdiskussion des BMZ war Teil des dreitägigen Workshops „Rural Future Lab“, der den Auftakt für die Ende April in Berlin stattfindende G20-Konferenz „The Future of the Rural World. Innovation – Youth – Employment“ bildete. Daraus soll die „Berlin-Charta“ hervorgehen mit dem Ziel, Beschäftigungschancen für junge Leute im ländlichen Raum zu schaffen.

 

 

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