Motivation und Eigenverantwortung
Ideen von Einheimischen im Südkaukasus umsetzen

Der Financial Participatory Approach (FPA) ist eine Methode zur Förderung der gemeinschaftsorientierten Entwicklung. Die Mitglieder der Gemeinschaft werden dazu ermutigt, Ideen zur Lösung dringender Probleme selbst zu entwickeln und im Rahmen eines Wettbewerbs einer Jury vorzustellen. Die Gewinner*innen erhalten von Geldgebern Mittel zur Umsetzung ihrer Projektideen.
Eine herausragende Umsetzung des FPA erfolgte im Rahmen des Eco-Corridor Fund (ECF) Projekts in den drei Ländern des Südkaukasus – Armenien, Aserbaidschan und Georgien – finanziert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) durch die KfW Entwicklungsbank und umgesetzt durch den WWF und Gopa Worldwide Consultants in Zusammenarbeit mit den lokalen Regierungen. Der ECF ist ein Instrument, um mittels gemeindebasierter Schutzgebiete Verbindungen zwischen staatlichen Naturschutzgebieten zu schaffen.
Das ECF-Projekt nutzte einen dreistufigen FPA-Wettbewerb – 1. Storytelling, 2. Verbesserung der sozioökonomischen
Lebensgrundlagen und 3. kommunale Infrastruktur –, um zunächst eine vertrauensvolle Beziehung zu den Gemeinden aufzubauen und zu erkennen, welche Akteure motiviert und in der Lage waren, Projekte eigenständig umzusetzen. Der gemeinsam entwickelte Aktionsplan wurde dann durch eine langfristige Finanzierung (normalerweise zehn Jahre) für Naturschutzgebiete unterstützt, die die Gemeinden selbst managen.
Hühnerzucht, solarbetriebene Straßenbeleuchtung und Weidemanagement
In Aserbaidschan gewann beispielsweise ein Vorschlag den FPA-Preis für „verbesserte Lebensgrundlagen“, der vorsah, einen gemeinschaftlichen Brutkasten für Hühner einzurichten. Alle Dorfbewohner*innen sollten ihn nutzen können, um dort Eier ausbrüten zu lassen und die geschlüpften Küken mit nach Hause zu nehmen. Der Brutkasten wurde in einem kleinen Schuppen eines Gemeinschaftsgebäudes eingerichtet, die Stromkosten wurden über eine geringe Gebühr gedeckt. Die gesamte Gemeinde profitiert von der neuen Einrichtung, auch weil sie es ermöglicht, mit verschiedenen Rassen zu experimentieren und so herauszufinden, welche das beste Fleisch und die besten Eier liefern und am widerstandsfähigsten gegen Krankheiten sind.
In einem armenischen Dorf wurde die Idee ausgezeichnet, eine solarbetriebene Straßenbeleuchtung zu installieren. Waren die Dorfbewohner*innen im Dunkeln unterwegs, befürchteten sie Angriffe durch wilde Tiere wie Bären, Wölfe oder Schakale. Das Preisgeld motivierte die Projektteilnehmer*innen und die Gemeinde, weiterhin mit dem Projekt zu kooperieren und Wildschutzzonen einzurichten. Hinzu kamen weitere Maßnahmen, um Konflikten zwischen Menschen und Wildtieren vorzubeugen.
Eine Gemeinde in Georgien erhielt eine Auszeichnung für den Vorschlag, bessere Heugeräte wie Mähmaschine und Ballenpresse anzuschaffen, damit ihr Vieh im Winter länger ausreichend Futter hat, was es dann ermöglicht, dem Gras auf den Weiden im Frühjahr einen entscheidenden Wachstumsvorsprung zu geben. Der im Folgenden mit den Nutzern gemeinsam entwickelte Weidemanagementplan sieht eine nachhaltigere Nutzung der Sommerweiden und strengere Schutzmaßnahmen in einem angrenzenden Hochgebirgsgebiet vor.
„Ownership“ fördern
In so unterschiedlichen Ländern wie Indien, Georgien, Armenien und Aserbaidschan haben FPA-Projekte gezeigt, dass kooperative Wettbewerbe die lokalen Gemeinden dazu anregen können, kreativ zu werden und eigene Ideen vorzuschlagen. Diese gestärkte Eigenverantwortung ist entscheidend für die Bewältigung komplexer Herausforderungen, insbesondere in Kontexten mit vielfältigen Bedürfnissen und begrenzten Ressourcen. Der Ansatz bietet somit wertvolle Erkenntnisse für Biodiversitäts- und Klimaschutzaktivitäten.
Die erfolgreiche Umsetzung von Projektideen sorgt nicht nur für mehr Zufriedenheit und Stolz bei den lokalen Anwohnern, sondern erleichtert auch den Aufbau von Beziehungen zu Regierungsbehörden und Geldgebern. Erfolgreiche Projekte stärken die Chancen eines Dorfes auf weitere Investitionen. Behörden sind oft daran interessiert, Regierungsprogramme in Dörfern umzusetzen, in denen sie eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit motivierten Dorfgemeinschaften erwarten.
Dieser Artikel basiert auf den eigenen Erfahrungen der Autoren im Rahmen des Eco-Corridor Fund (ECF) Projekts und anderer Projekte im Südkaukasus, die von der KfW Entwicklungsbank unterstützt werden.
Links
Eco-Corridors Fund for the Caucasus:
https://www.ecfcaucasus.org/fpa
Nand Kishor Agrawal ist Chief Technical Advisor bei GOPA Worldwide Consultants im Forest and Biodiversity Management Projekt in Nagaland, Indien.
nandkishor.agrawal@gopa.de
Steffen Schülein ist Sozioökonom und Berater für gemeindebasierte Ansätze in den Bereichen Naturschutz, Anpassung an den Klimawandel und nachhaltige Lebensgrundlagen.
steffen.schuelein@posteo.de