Bioenergie

Nachhaltigkeit sichern

Steigende Ölpreise und die Not­wen­dig­keit, auf den Klimawandel zu reagieren, haben der Erzeugung von Bioenergie ei­nen enormen Schub verliehen. Ein internationales Regelwerk ist nötig, um nachhaltige Produktion zu gewährleisten.

Die Bedingungen, unter denen Bioenergie produziert und genutzt wird, sind angesichts des Booms immer schwerer zu steuern. Alexander Müller, Beigeordneter Generaldirektor der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO, fordert deshalb, zunächst zu einem internationalen Konsens über den Begriff der Nachhaltigkeit zu gelangen und anschließend zu klären, wie das Menschenrecht auf Nahrung darin eingebettet werden kann. Auf der internationalen Konferenz „Politik gegen Hunger VI: Bioenergie und Ernährungssicherheit“ des Bundesernährungsministeriums (BMELV) im Dezember in Berlin erinnerte Müller daran, dass die Länder mit niedrigem Einkommen 2007 rund 25 Prozent mehr für Nahrungsmittel ausgeben mussten als noch im Jahr davor. Für die kommenden zehn Jahre prognostiziert die FAO einen Anstieg der Agrarpreise um weitere 20 bis 50 Prozent. Dies sei zwar nicht nur, aber auch eine Folge der steigenden Nachfrage nach Rohstoffen für die Bioenergie. Um die Ernährung sicherzustellen, seien internationale Sicherheitsnetze nötig, sagte Müller. Allerdings bedeute Ernährungssicherheit nicht nur die Produktion von Lebensmitteln; auch die Schaffung von Einkommen durch die Herstellung von Biokraftstoffen könne einen Beitrag leisten.

BMELV-Vertreter Christoph Meyer verwies auf der Konferenz auf die Anfang Dezember 2007 von der Bundesrepublik verabschiedete Nachhaltigkeits-Verordnung für die Erzeugung von Biokraftstoffen. Er sieht darin einen Ansatz zur Sicherstellung einer nachhaltigen Produktion. In der Verordnung sind Umweltanforderungen festgehalten, die Agrokraftstoffe erfüllen müssen, um auf die deutsche Beimischungsquote angerechnet zu werden. Dazu zählt, dass die Biomasse nach den Regeln der „guten fachlichen Praxis“ produziert wird. Außerdem müssen die zugelassenen Agrokraftstoffe einen im Vergeich zu fossilen Kraftstoffen 30 Prozent niedrigeren Treibhausgasausstoß aufweisen; ab 2011 müssen es sogar 40 Prozent weniger sein.

Das Manko der Verordnung: In ihr sind keinerlei soziale Aspekte von Nachhaltigkeit festgehalten, wie Michael Windfuhr, Menschenrechtsreferent des Diakonischen Werks in Stuttgart, kritisiert. Sowohl die Standards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) als auch das Menschenrecht auf Nahrung müssen bei der Regulierung des Agrarenergiemarktes berücksichtigt werden, fordert Windfuhr. Der Agrarexperte warnt zudem vor einer zu engen Auslegung des Begriffs „Nachhaltigkeit“. So wirke sich die Bioenergie-Produktion nicht nur auf die Agrarpreise, sondern auch auf die Preise für landwirtschaftliche Betriebsmittel und auf sonstige Produktionsfaktoren aus. Für Kleinbauern in Entwicklungsländern können schon geringe Preisänderungen erhebliche Auswirkungen haben und sie zu einer Änderung ihrer Produktionsmuster zwingen. Diese Dynamik wird laut Windfuhr in den bisherigen Prognosen und Bewertungen der Bioenergieproduktion kaum berücksichtigt.

Fazit: Ein internationales Regelwerk ist nötig, auf dessen Basis die Bioenergie-Produktion zertifiziert werden kann, um Nachhaltigkeit sicherzustellen. Für die Zertifizierung müssen außerdem das jeweilige nationale Potenzial zur Biomasse-Erzeugung und der sozioökonomische Kontext berücksichtigt werden. Die Herstellung von Bioenergie muss in ein Gesamtkonzept der ländlichen Entwicklung eingebettet werden, das Landrechte gewährleistet und die lokale Bevölkerung einbezieht.

Silvia Richter

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