Chinas Hilfe ist besser als ihr Ruf

Mit viel Geld im Gepäck macht sich China in Afrika breit. Die bisher dominanten Geber macht das nervös. Aber ihre Klagen über das angeblich unverantwortliche Verhalten Pekings klingen doppelzüngig. Afrika könnte von dem neuen Geberwettbewerb durchaus profitieren.

[ Von Helmut Reisen ]

Mit seiner zweiten Afrikareise binnen eines Jahres hat Chinas Präsident Hu Jintao eine neue Runde in Pekings Offensive auf dem schwarzen Kontinent eingeläutet. Schon vor seinem Aufbruch in acht Staaten im Februar hatte Hu Afrika frische Kredite zu Vorzugsbedingungen in Höhe von drei Milliarden Dollar offeriert. Zudem will China über die kommenden drei Jahre die Hilfszusagen und zinsfreien Darlehen verdoppeln. Einzige Bedingung: Zugang zu dringend benötigten Rohstoffen. Zumeist bietet Peking Komplettlösungen für Infrastrukturprojekte an – von der Finanzierung über den Bau bis zur Schulung des Personals. Dies geschieht oft zum Bruchteil der Kosten, die europäische Unternehmen berechnen würden.

Die traditionellen Geberländer verfolgen das chinesische Engagement argwöhnisch. China nutze Vorleistungen des Westens als Trittbrettfahrer, lautet der Vorwurf. Nach zwei Entschuldungsinitiativen seien die armen Länder Afrikas weitgehend schuldenfrei. Dafür habe der Westen auf 43 Milliarden US-Dollar verzichtet. Und jetzt verschuldeten sich einige der begünstigten Länder rasch neu – mit China als wichtigstem Gläubiger.
Zudem engagiere Peking sich ausgerechnet dort besonders stark, wo Diktatur und Korruption vorherrschten. China füttere Regime, mit denen der Westen derzeit bewusst nicht kooperiere, um die Missachtung von Menschenrechten und Demokratie nicht auch noch zu belohnen. Der Volksrepublik gehe es außerdem nicht um eine nachhaltige Entwicklung in Afrika, sondern nur um die Sicherung von Rohstoffen. Peking kümmere sich weder um soziale und ökologische Standards noch um Korruptionsbekämpfung.

Zwar haben alle diese Argumente etwas für sich. Dennoch sind die Klagen der bisherigen Geber übertrieben. Zudem klingen sie doppelzüngig. Denn zum einen macht der Westen ja selbst teilweise bis heute dieselben Fehler, die er China ankreidet. Und zum anderen macht Peking keineswegs alles falsch: Die Rolle des Entwicklungshelfers für Afrika ist der Volksrepublik nicht abzusprechen. So bestand ein wichtiger Zweck des Schuldenerlasses, für den sich der Westen auf die Schultern klopft, doch genau darin, die Kreditwürdigkeit Afrikas wiederherzustellen – um neue Investitionen anzuregen und dringend benötigte wirtschaftliche Kapazitäten aufzubauen. Genau das macht China: Selten wurde in Afrika so schnell und umfassend in Infrastrukturen investiert wie derzeit. Die G8-Länder hätten außerdem damit rechnen müssen, dass China den Schuldenerlass dazu nutzt, neue Kredite anzubieten. Um das zu verhindern, hätten sie Peking in die Schuldenerlassinitiative einbeziehen müssen.

Afrika profitiert von dem Geld aus China. Der Kontinent ist nicht länger die Chasse Gardée der Europäer und Amerikaner. Konkurrenz belebt das Geschäft. Die westlichen Unternehmen und ihre öffentlichen Kofinanzierer schmerzt das natürlich. Aber der Wettstreit mit China dient Afrikas Entwicklung besser als alle wohlklingenden Standards – die ja durch die Korruptionsskandale in westlichen Firmen von British Aerospace über Siemens bis Halliburton und Lahmeyer (siehe Seite 137 in diesem Heft) nicht gerade einen Glaubwürdigkeitsschub erhalten haben. Zudem wird auch China mit wachsendem Engagement künftig stärker auf die Regierungsqualität seiner Partner achten: Im Februar strich Peking Nigeria und Sudan von der Liste rohstoffreicher Länder, in denen die Regierung Investitionen chinesischer Unternehmen fördert.

Chinas Kredite machen es den westlichen Geberländern sowie der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds schwerer, durch Empfehlungen und Konditionen die Wirtschaftspolitik in Afrika nach ihren Vorstellungen zu beeinflussen. Das mag man hierzulande beklagen, viele Afrikaner hingegen dürfte es erleichtern. Ohne Zweifel aber gibt die Entmachtung des bisherigen Geberkartells wieder Raum für einen echten Wettbewerb verschiedener wirtschaftspolitischer Ansätze. Und das ist gut so.

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