Tiergesundheit

Innovatives Gutscheinsystem

Eine der größten Herausforderungen für basisnahe Tiergesundheitshelfer (CAHWs – Community-based Animal Health Workers) in der äthiopischen Region Afar ist der Mangel bei der Versorgung mit benötigten Medikamenten.
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Außerdem wären Kurse nötig, damit die Tiergesundheitshelfer ihr Wissen auffrischen können. Angesichts dieser  Schwierigkeiten haben Tierärzte ohne Grenzen  ein Gutscheinsystem entwickelt. Es ermöglicht, dass Tiere rechtzeitig vor einer Dürre behandelt werden. Es wurde entwickelt, um insbesondere die schwächsten Mitglieder der ländlichen Gemeinschaften zu unterstützen. Das System stützt sich auch auf andere Gemeinschaftsmitglieder, nichtstaatliche Organisationen, Behörden, CAHWs und Arzneimittelhändler.

Zum Management dieses Systems wurden Komitees zur Intervention bei tiermedizinischen Notfällen eingerichtet. Ihnen gehören Gemeindeälteste, lokale Beamte und andere Entscheidungsträger an. Die Komitees wählen aus, welche Haushalte von dem Programm profitieren und Gutscheine im Wert von umgerechnet etwa 15 Euro erhalten, um CAHW-Dienste zu bezahlen.

Alle CAHWs sind nach den äthiopischen Richtlinien geschult. Tierärzte ohne Grenzen stellen sicher, dass sie Auffrischungskurse belegen, und erklären ihnen das Gutscheinsystem. Sie werden beim Kauf der wichtigsten Tierarzneimittel bei einer privatwirtschaftlichen Apotheke unterstützt, die ihrerseits mit Tierärzte ohne Grenzen kooperiert. Die CAHWs nutzen die Medikamente, um die Viehbestände armer Haushalte zu behandeln, und erhalten als Bezahlung Gutscheine, die sie bei der Apotheke einlösen können. 80 Prozent des Geldes decken die Medikamentenkosten, die übrigen 20 Prozent behalten die CAHWs.

Damit das System läuft, muss einiges geschehen:

  • Das System wird zunächst gemeinsam mit Beamten des Bezirks (Woreda) und Mitgliedern der begünstigten Gemeinschaften geplant.
  • Darauf basierend, werden die Ortschaften (Kebeles) für die Intervention ausgewählt.
  • In einer Absichtserklärung zwischen Tierärzte ohne Grenzen und einer privatwirtschaftlichen Apotheke vor Ort wird die Menge, Qualität und Art der benötig­ten Medikamente festgelegt.
  • Komitees werden gebildet, die in einem partizipativen Prozess die Begünstigten auswählen.
  • Nach nationalen Leitlinien ausgebildete CAHWs werden zu Auffrischungskursen eingeladen und über das Gutscheinsystem informiert.
  • Die ausgewählten Haushalte werden über die Tiergesundheitsdienste und deren Bedeutung informiert.
  • Die Haushalte erhalten Gutscheine, mit denen sie die benötigten Dienstleistungen bezahlen können.
  • Tierärzte ohne Grenzen beaufsichtigen das Programm und die CAHWs in Kooperation mit einem staatlichen Tierarzt.

Auf dieser Basis können arme Familien in die Lage versetzt werden, Dienste zu nutzen, die sie sich sonst nicht leisten könnten.

Auch in einigen sehr abgelegenen Woredas, wo es keine lokalen Apotheken gibt, verwenden Tierärzte ohne Grenzen dieses System. Dort übernehmen dann Woreda-Bedienstete die Aufgaben der privaten Apotheke. Allerdings ist die Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Partnern einfacher und weniger bürokratisch. Obendrein ist sie nachhaltiger, denn wenn das Geschäft einmal etabliert ist, kümmern sich private Betreiber darum, dass es weiter läuft.

Bislang sind 126 CAHWs in das Gutscheinsystem von VSF Deutschland eingebunden und darin unterwiesen. Sie haben fast 800 000 Tiere in Afar behandelt. Finanziert wurde die Arbeit vom UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs  (UN OCHA) und ECHO (EU Humanitarian Aid and Civil Protection Department). Das System hilft, die Lebensgrundlage armer Familien zu verbessern, und stärkt sie in Krisen. (gr/et/nb/ch)