Entwicklung und
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Finanzierung des Gesundheitswesens

Wie Simbabwe von Investitionen in psychische Gesundheit profitieren könnte

Auch weil das simbabwische Gesundheitswesen chronisch unterfinanziert ist, nehmen psychische Erkrankungen zu. Ohne Investitionen wird sich dies langfristig nicht nur auf das Wohlbefinden der Bevölkerung, sondern auch auf die Wirtschaft des Landes auswirken.
Gesprächstherapie in Harare: Psychosoziale Arbeit in Simbabwe ist meist gemeindenah. dpa/ASSOCIATED PRESS/Tsvangirayi Mukwazhi
Gesprächstherapie in Harare: Psychosoziale Arbeit in Simbabwe ist meist gemeindenah.

Psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angstzustände werden in Simbabwe oft unterschätzt – dabei sind sie mit hohen finanziellen und menschlichen Kosten verbunden. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die psychische Gesundheit maßgeblich für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden, wird aber oft vernachlässigt und unterfinanziert – besonders in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen. Armut, politische Instabilität und schlechter Zugang zur Gesundheitsversorgung verschlimmern vermeidbare psychische Erkrankungen.

Im Jahr 2021 kosteten psychische Erkrankungen die simbabwische Wirtschaft schätzungsweise 163,6 Millionen Dollar – fast 0,6 Prozent des BIP. Weniger als fünf Prozent dieser Summe wurden tatsächlich für die psychische Gesundheitsversorgung ausgegeben. Die übrigen Kosten gehen auf Produktivitätsverluste durch vorzeitigen Tod, Arbeitsunfähigkeit und Fehlzeiten zurück. Durch Investi­tionen in die psychische Gesundheit könnten schätzungsweise mehr als 11.000 Todesfälle verhindert, in den nächsten 20 Jahren mehr als 500.000 gesunde Lebensjahre gewonnen und in Simbabwe rund 689 Millionen Dollar gespart werden.

„Ohne Forschung zu schlechter psychischer Gesundheit sowie ihren Risiko- und Schutzfaktoren können wir nicht wissen, was die Menschen brauchen“, sagt Tanatswa Chikaura, Gründer und Direktor der Ndinewe Foundation, einer Organisation für psychische Gesundheit, die sich auf die Arbeit mit Jugendlichen konzentriert. „Basisorganisationen werden dabei immer wichtiger, weil sie mit Risikogruppen und gefährdeten Gemeinschaften zusammenarbeiten.“

Jesca Tapfumaneyi, Koordinatorin für Gemeindearbeit bei Friendship Bench, einer gemeindebasierten Initiative für psychische Gesundheit, betont, wie wichtig passende Ressourcen sind. „Ohne Prävention, frühzeitige Intervention und Behandlung stehen die Menschen unter permanentem Leidensdruck, was ihre Beziehungen und ihre Fähigkeit, im täglichen Leben zu funktionieren sowie einen Beitrag zu ihren Familien und Gemeinschaften zu leisten, beeinträchtigt“, sagt sie. „Dies führt zu Diskriminierung, Stigmatisierung und verminderter Lebensqualität.“

Es kann jeden treffen

Laut Tapfumaneyi führen hohe Armutsraten, Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Instabilität und Ernährungsunsicherheit bei vielen Menschen in Simbabwe zu erheblichem Stress und Unsicherheit. Dies zieht häufig psychische Erkrankungen wie Drogenabhängigkeit nach sich. Geschwächte soziale Sicherheitsnetze und eingeschränkter Zugang zur Gesundheitsversorgung verschärfen das Problem zusätzlich. Bisweilen hat es auch kulturelle Gründe, dass die Menschen keine professionelle Hilfe suchen.

Chikaura hebt hervor, dass jeder psychisch erkranken kann, auch wenn es weitverbreitete kulturelle Vorstellungen darüber gibt, wer davon betroffen ist und wie. „Psychische Erkrankungen unterscheiden nicht, und wir alle müssen uns informieren und Hilfe suchen, unabhängig von Geschlecht, Alter, Hautfarbe oder sonstigen Faktoren“, sagt er. „Und wie körperliche Gesundheit braucht auch die psychische Gesundheit unterschiedliche Arten von Unterstützung. Sie ist Teil unseres emotionalen, psychologischen und sozialen Wohlbefindens. Wir sollten keine Kompromisse eingehen, wenn es um psychische Gesundheit geht.“

Weil sie zu wenig wissen und die Mittel fehlen, wenden sich viele Menschen jedoch an religiöse Heiler*innen, die wenig Erfahrung haben. „Brauchen Sie psychologische Hilfe? Dann gehen Sie zu einer psychologischen Fachkraft und finden Sie heraus, was Sie benötigen“, rät Chikaura. „Psychische Gesundheit ist ein wichtiger Aspekt unseres Lebens, der sich auf alle Bereiche unseres Alltags auswirken kann.“

Investitionen in die psychische Gesundheit müssen, wie in allen anderen Gesundheitsbereichen, von der Politik ernst genommen und gerecht verteilt werden. Sie helfen Gemeinden auch dabei, bessere Unterstützungsmechanismen zu entwickeln, fügt Chikaura hinzu.

Zudem sollten politische Entscheidungen im Bereich der psychischen Gesundheit in umfassendere Gesundheits- und Entwicklungsstrategien integriert werden. „Für den Umgang mit psychischer Gesundheit braucht es einen vielschichtigen Ansatz, der über die reine Behandlung von Krankheiten hinausgeht“, betont Tapfumaneyi. „Es geht darum, ein Umfeld zu fördern, das psychisches Wohlbefinden unterstützt – durch soziale Beziehungen, eine gesunde Lebensweise und das Vermitteln von Lebenskompetenzen.“

Derick Matsengarwodzi ist freiberuflicher Journalist in Harare, Simbabwe. 
derickm01@gmail.com 

Wenn Sie darüber nachdenken, sich das Leben zu nehmen, sprechen Sie mit Freund*innen oder Familienangehörigen darüber und suchen Sie sich professionelle Unterstützung. In Deutschland ist beispielsweise die Telefonseelsorge Tag und Nacht erreichbar unter den Nummern 0800 1110111 oder 0800 1110222. Internationale Suizidhotlines finden sich hier: 
https://blog.opencounseling.com/suicide-hotlines/ 

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