Entwicklungsfinanzierung

Lokale Lieferketten und digitale Angebote ausbauen

Die Corona-Pandemie beeinträchtigt die wirtschaftliche Lage in vielen Entwicklungsländern erheblich. Umso wichtiger ist es, eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas weiter zu unterstützen. Entwicklungsfinanzierer wie die DEG sind dabei besonders gefordert.
Der regionale Onlineshop Copia in Kenia liefert den Endkunden ihre Produkte in bereits bestehende Kioske wie hier im Umland Nairobis. dem Der regionale Onlineshop Copia in Kenia liefert den Endkunden ihre Produkte in bereits bestehende Kioske wie hier im Umland Nairobis.

Die DEG, ein Tochterunternehmen der KfW Bankengruppe, finanziert und berät private Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern. Dabei steht sie in engem Dialog mit ihren Kunden und Partnern, um passende Lösungen für deren jeweilige Situation und Herausforderung zu finden. Zur Messung der Entwicklungswirkung der mitfinanzierten Vorhaben hat die DEG das Development Effectiveness Rating (DERa) entwickelt. Als Kriterien für nachhaltige Entwicklung werden für jedes Unternehmen quantitative und qualitative Indikatoren erhoben. Diese sind:

  • gute und faire Beschäftigung,
  • lokales Einkommen,
  • Entwicklung von Märkten und Sektoren,
  • umweltverträgliches Wirtschaften und
  • Nutzen für lokale Gemeinden.

Die DEG analysiert jährlich, wie jedes ihrer Unternehmen in diesen Kriterien abschneidet und kann anhand der Daten die Dynamik der Entwicklung und den Fortschritt abbilden. So kann der Finanzierer Entwicklungen über die Jahre sichtbar machen und mit seinen Kunden gezielt an den Nachhaltigkeitskriterien arbeiten (siehe Interview mit Christiane Rudolph im Monitor des E+Z/D+C e-Papers 2020/09).

Aktuell im besonders schwierigen Umfeld arbeitet die DEG daran, die Unternehmen weiter zu unterstützen und mit eigens entwickelten Maßnahmen die Covid-19-Folgen abzumildern. Gefördert werden diese auch vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Es gibt zum Beispiel Programme im Bereich Gesundheit und für Lohnfortzahlung, etwa in der Textilbranche in Bangladesch oder in Tunesien. Die DEG bietet auch Liquiditätsunterstützung an, mit der das Unternehmen in der Lage ist, Lohnfortzahlung zu leisten oder Ähnliches abzufedern.

Unabhängig von Corona sind Finanzierungsangebote für das produzierende Gewerbe ein wichtiger Ansatz. Lokale Wertschöpfungs- und Lieferketten müssen weiter ausgebaut werden. Im Dienstleistungsbereich kommt dem Lebensmitteleinzelhandel eine besondere Bedeutung zu. So ist etwa die kenianische Supermarktkette Naivas mit mehr als 60 Filialen und rund 6000 Angestellten ein wichtiger Auftraggeber für Zulieferer: Mehr als 90 Prozent ihrer Waren kommen von lokalen und regionalen Lieferanten. Die DEG beteiligte sich im April 2020 an dem Unternehmen, um die Erweiterung der stationären Läden und Online-Angebote sowie den Ausbau lokaler Lieferketten zu ermöglichen. Im Zuge der Expansion will Naivas zahlreiche Arbeitsplätze schaffen.

Aktuell besonders wichtig ist auch die Finanzierung und Begleitung von innovativen Unternehmen, die sich für den Ausbau neuer Technologien und vor allem für digitale Vernetzung engagieren. Diese Branchen waren schon in den vergangenen 10 bis 15 Jahren in Asien und Afrika Treiber für Entwicklung: Einige Entwicklungsländer haben bereits in den Ausbau ihrer Infrastruktur investiert, vor allem in Breitbandnetze und Telekommunikation, aber auch in den Energiesektor.

Digitale Finanzdienstleistungen sind in Entwicklungs- und Schwellenländern gefragt, weil die wenigsten Menschen dort ein klassisches Bankkonto oder anderweitig Zugang zu Bankdienstleistungen haben. Mit Hilfe digitaler Technologien entstehen seit über einem Jahrzehnt neue Geschäftsmodelle, zum Beispiel „Mobile Money“, also das Abwickeln von Bankgeschäften per Handy. Mit anderen Digital-Finance-Produkten, etwa für Kredite, können Nutzer per Handy alle Schritte vom Kreditangebot über den Genehmigungsprozess bis zur Rückzahlung in digitaler Form abwickeln. Fintech-Unternehmen, wie das von der DEG finanzierte indische LivFin, erreichen auch Einzelunternehmer, die bislang keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen hatten oder auf Geldverleiher angewiesen waren, die oft sehr hohe Zinsen verlangen.

Auch digitalisierte Gesundheitsangebote sind gefragt. So ist zum Beispiel die frühe Information von Patienten mit Verdacht auf eine Corona-Infektion gerade in Entwicklungsländern wichtig, da diese nur sehr wenige Intensivbetten haben. Penda Health, einer der größten privaten Gesundheitsdienstleister Kenias, setzt deshalb auf seine starke Präsenz in den sozialen Medien. Das Unternehmen informiert dort sowie mittels Callcentern verstärkt über Corona und Präventionsmaßnahmen, um möglichst viele Menschen zu erreichen und die Patientenzahlen in den medizinischen Versorgungszentren besser zu steuern.

Ein weiteres Geschäftsfeld für digitale Vernetzung ist die Versorgung mit Konsumgütern auch auf dem Land. Mit vernetzten Bestell- und Transportsystemen in Handel und Logistik können Händler Vertriebskosten reduzieren und Bauern wie auch andere Produzenten ihre Absatzmärkte erweitern. Regionale Onlineshops wie Copia in Kenia liefern Endkunden ihre Produkte in bereits bestehende Kioske und lösen so das „Last Mile“-Problem auch in ländlichen Regionen ohne klassische Postzustellung (siehe Interview mit Sophia Waweru im Schwerpunkt des E+Z/D+C e-Papers 2019/09). Wie wichtig der digitale Handel ist, zeigt sich gerade jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie, in denen etwa Copia seine Umsätze deutlich steigern konnte.

Industrieländer, die nicht zu den „Early Adopters“ zählen, könnten sich weniger entwickelte Länder wie Kenia, Tansania, Indien oder Indonesien zum Vorbild nehmen, in denen digitale und vernetzte Kommunikationsmittel oft schnell in betriebliche Prozesse eingebunden und bereits mit Selbstverständlichkeit genutzt werden. In Entwicklungsländern wiederum könnten europäische Investoren Themen wie Daten- und IT-Sicherheit, Verbraucherschutz oder Schutz des geistigen Eigentums stärker voranbringen. Ein verstärkter Austausch würde somit zu noch besseren Lösungen führen.


Monika Beck ist Mitglied der Geschäftsführung der DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH.
presse@deginvest.de

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