Gaza
Nur Mindestmengen an Nahrung kommen in Gaza an

Die derzeitige Lage in Gaza ist nach wie vor äußerst schwierig. Die Vereinten Nationen verfügen über genügend Nahrungsmittel in der Region oder auf dem Weg dorthin, um die gesamte Bevölkerung Gazas mindestens drei Monate lang zu versorgen. Doch die Zugangsbeschränkungen haben dazu geführt, dass mindestens 14.000 Tonnen Nahrungsmittelhilfe von hungernden Menschenmengen entladen wurden, bevor sie die Lagerhäuser erreichten. Die Vereinten Nationen hatten die Güter über ihren koordinierten Hilfsmechanismus beschafft und im Juli an den Grenzübergängen zu Gaza übernommen.
Die Vereinten Nationen schätzen, dass monatlich mehr als 62.000 Tonnen benötigt werden, um den grundlegenden humanitären Bedarf an Nahrungsmitteln zu decken. Die Nahrungsmittelhilfe, die im Juni und Juli nach Gaza gelangte, betrug jeweils weniger als ein Viertel dieser Mindestmenge.
Die Vereinten Nationen haben wiederholt auf die zahlreichen Zugangsbeschränkungen hingewiesen und diese umfassend dokumentiert. Dazu zählen die Schließung von sechs der sieben Landübergänge, erhebliche Verzögerungen bei der Erteilung israelischer Genehmigungen sowie die Einschränkung sicherer Routen für humanitäre Konvois. Diese Feststellungen sind keine bloßen Behauptungen: Sie werden durch Videoaufnahmen und Augenzeugenberichte belegt, die eindrücklich die Bedingungen dokumentieren, unter denen UN-Konvois versuchen, Hilfsgüter zu transportieren. Selbst dort, wo noch Routen bestehen, sind diese oft überfüllt – aufgrund wiederholter Räumungsbefehle und langer Wartezeiten an israelischen Kontrollpunkten. Die Konvois treffen auf großen Menschenmengen, die, kurz vor dem Verhungern stehend, verzweifelt auf Hilfslieferungen warten. Für sie geht es nur um eines: endlich etwas zu essen zu bekommen.
Dringend benötigte Hilfsgüter stecken fest
CARE leistet weiterhin lebensrettende Hilfe, sowohl in seinem Zentrum für primäre Gesundheitsversorgung in Deir al-Balah als auch durch die Lieferung von Wasser per Lastwagen in Gemeinden, die nur eingeschränkten oder gar keinen Zugang zu Wasser haben. Am 2. März verhängte Israel eine elfwöchige vollständige Abriegelung, bevor es einen einzigen Übergang auf dem Landweg wieder öffnete – unter strenger Kontrolle, welche Güter wann eingeführt werden dürfen. Seitdem können wir keine neuen Hilfsgüter mehr nach Gaza bringen. Das gilt auch für dringend benötigte Medikamente, Babyausstattungen, Hygieneartikel und Lebensmittelpakete, die in Lagern im Westjordanland, in Jordanien und in Ägypten feststecken.
Im Juli mussten wir unsere Klinik aufgrund von Räumungsbefehlen in den umliegenden Gebieten für eine Woche schließen. Davon betroffen waren auch der Großteil unserer Mitarbeitenden sowie unser Büro und Gästehaus. Aufgrund der extrem begrenzten Vorräte waren wir gezwungen, die Verteilungen bis August auszusetzen. Kürzlich stellte uns UNICEF kleinere Mengen an Nahrungsergänzungsmitteln wie energiereiche Kekse und gebrauchsfertige Spezialnahrung zur Verfügung. Dadurch konnten wir die Verteilungen an Frauen wieder aufnehmen, bei denen ein erhöhtes Risiko für Komplikationen bei der Geburt besteht. Ihr Ernährungsstatus war zuvor durch Messungen des Oberarmumfangs bestimmt worden. Diese Nahrungsergänzungsmittel sind für viele Frauen und Kinder derzeit überlebenswichtig: Sie haben keinerlei Zugang zu Geld, um sich Lebensmittel zu kaufen. Falls diese überhaupt auf dem Markt erhältlich sind, werden sie zu unerschwinglichen Preisen angeboten.
Vorräte sind erschöpft
Die Vereinten Nationen betonen, dass Lieferengpässe eine der Herausforderungen für die Aufrechterhaltung der Nahrungsmittelhilfe darstellen. Seit dem 2. August sind die Vorräte für das flächendeckende Ernährungsergänzungsprogramm in Gaza vollständig erschöpft. Die derzeitige unsichere Lage erlaubt es nicht, weitere Nahrungsmittellieferungen an den Übergängen zu Gaza abzuholen und in dem Umfang zu verteilen, der erforderlich wäre, um alle Kinder unter fünf Jahren sowie schwangere und stillende Frauen zu versorgen.
CARE verurteilt den brutalen Angriff der Hamas auf Israel und fordert die Freilassung aller Geiseln. Wir fordern zudem weiterhin die Öffnung aller Landübergänge sowie den uneingeschränkten und dauerhaften Zugang zu Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, medizinischer Versorgung, Unterkünften und Treibstoff durch einen prinzipienbasierten und koordinierten Hilfsmechanismus unter Führung der Vereinten Nationen. Ebenso fordern wir die Beendigung der Blockade und eine sofortige sowie dauerhafte Waffenruhe. Ohne diese Maßnahmen wird der Zugang zu humanitärer Hilfe in diesem äußerst instabilen und unsicheren Umfeld weiterhin eine Herausforderung bleiben. Schon jetzt führen Hunger, Verzweiflung und fast zwei Jahre tägliche Gewalt und Zerstörung Gaza an den Rand des völligen Zusammenbruchs der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.
Jolien Veldwijk ist Länderdirektorin von CARE International in Palästina (Gaza und Westjordanland).
medien@care.de