EU-Grünbuch

Aufruf zu Realismus

Andris Piebalgs hat sein Grünbuch zu Europas Entwicklungspolitik vorge­stellt. Die Handschrift des früheren Energiekommissars ist unver­kenn­bar: Neben strenger Folgen­ab­schätz­ung werden neue Energiepartner­schaf­ten in Afrika vorgeschlagen. Die Konsultation läuft noch bis 17. Januar.

Die Wirkung europäischer Programme müsse steigen, in Form konkreter Ergebnisse, und deren Folgen auf das Leben von Bürgern in Entwicklungsländern im Vordergrund stehen, sagte der EU-Kommissar im Rahmen der „Development Days“ im Dezember. Diesem Ziel dient das Grünbuch „Die Entwicklungspolitik der EU zur Unterstützung des integrativen Wachstums und der nachhaltigen Entwicklung". Es lädt bis 17. Januar 2011 zu Vorschlägen darüber ein, wie Europa am besten
1. die Effizienz seiner Entwicklungspolitik erhöht,
2. Wachstum fördert, das gleichzeitig Armut in Partnerländern beseitigt,
3. Nachhaltigkeit zu einem Motor für Fortschritt machen kann,
4. durch Agrarprogramme dauerhafte Ernährungssicherheit erreicht.

Seit Vereinbarung der UN-Millenniumsziele im Jahr 2000 hat sich Europas staatliche Entwicklungshilfe verdoppelt. Trotzdem, erinnerte EU-Entwicklungskommissar Piebalgs in einer Rede vor dem Europä­ischen Parlament, lebten rund 1,5 Milliarden Menschen weiter in extremer Armut, die Hälfte von ihnen in Afrika südlich der Sahara. „Vielen, vielen Bürgern fehlt eine zuverlässige Energieversorgung“, ergänzt Piebalgs.

„High Impact Aid“ soll nicht nur in diesem Bereich die Effizienz europäischer Entwicklungshilfe verbessern. Effizienz hänge eng zusammen mit demokratischer Regierungsführung, Menschenrechten und Korruptionsbekämpfung in Empfängerländern. Durch Budgethilfe könne Europa helfen, die Standards in der Dritten Welt zu verbessern, meint Piebalgs. Auch einer entwicklungsfreundlichen Handelspolitik (Trade for Aid) will seine Behörde mehr Augenmerk schenken.

Ohne zuverlässige und preiswerte Energie könne die Wirtschaft nicht wachsen, betont der ehemalige EU-Energiekommissar. Auch sauberes Wasser für jeden Bürger, gute Ausbildung und medizinische Grundversorgung seien ohne Strom kaum denkbar. „Elektrizität ist eine Voraussetzung für praktisch alle Millenniumsentwicklungsziele“, so Piebalgs.

Wachstumsraten über fünf Prozent wie in vielen afrikanischen Ländern könnten dazu führen, dass bald auch Treibhausgas-Emissionen in Entwicklungsländern erheblich gesteigert würden. Angst findet Piebalgs aber falsch: Es bestehe die Chance zum Aufbau einer klimafreundlichen Energiewirtschaft. Afrikas schnell wachsende Bevölkerung brauche Jobs – sie könne von Investitionen in erneuerbare Energien profitieren.

In Subsahara-Afrika haben weniger als 30 Prozent der Bürger einen Anschluss an Stromnetze. Europäische Regierungen und Hightech-Firmen sieht Piebalgs als ideale Ratgeber. Europäische Investitionsbank, Weltbank und African Development Bank sollen dabei „neue Energiepartnerschaften“ aufbauen helfen. Piebalgs rief zum Realismus auf: „Wenn wir weitermachen wie bisher, selbst wenn wir uns finanziell noch stärker engagieren, verfehlen wir einige Millenniumsentwicklungsziele. Das ist unannehmbar. Wir müssen Lösungen und Antworten darauf finden, statt Aussagen und Wünsche zu formulieren.“ (ph)

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