IWF

Neue Fazilität für solide Kunden

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat eine neue, dreimonatige Kreditfazi­lität eingerichtet, mit der makro­öko­no­misch stabilen Ländern geholfen werden soll, die ohne eigenes Verschulden in den Sog der Finanzkrise geraten. Deren Liqui­ditätsprobleme könnten auf diese Weise schnell gelöst werden.


[ Ellen Thalman ]

Die neue Fazilität markiert einen Wechsel in der Kreditvergabepolitik des IWF. Bislang arbeitete der Fonds mit strengen Auflagen. Verhandlungen zogen sich deshalb oft lange hin. Die neue Fazilität mit wenigen Konditionen ist darauf ausgerichtet, Ländern in Liquiditätsnöten schnell zu helfen, die ihre Probleme nicht mit falscher Wirtschaftspolitik selbst verschuldet haben.

Voraussichtlich kommen nur wenige Länder für das neue Notfallprogramm des IWF in Frage. Dazu gehören dürfte Brasilien, das in den vergangenen Jahren viel getan hat, um das Vertrauen in seine wirtschaftliche Stabilität zu stärken. Viele Regierungen schreckten in der Vergangenheit davor zurück, von der normalen „Stand-By“-Fazilität des IWF Geld zu leihen, weil internationale Anleger das als Signal schwacher ökonomischer Gesundheit gewertet hätten.

Das wird, so die Erwartung, nun anders, da sich nur makroökonomisch solide Länder Geld von der neuen Fazilität beschaffen können. Der IWF setzt zudem darauf, reiche Länder mit hohen Devisenreserven zu ermutigen, an stabile Schwellenländer Kredite zu vergeben. Japan versprach dem IWF im November zusätzliche 100 Milliarden Dollar aus seinen Devisenbeständen, um aufstrebenden Volkswirtschaften zu helfen, die aktuelle Krise zu meistern.

Der IWF verfügt nach eigenen Angaben über rund 250 Milliarden Dollar. Trotz dieser großen Summe gibt es Befürchtungen, die Mittel würden schnell dahin schmelzen, wenn immer mehr Länder Hilfe brauchen. Wirtschaftsexperten warnen, ein einziges großes Land könne bis zu einem Drittel des Gesamtvolumens für Bürgschaften benötigen. Am 15. und 16. November trafen sich die Staats- und Regierungschefs der 20 größten Volkswirtschaften (G20) in Wa­shington, um über die Finanzkrise zu beraten. Sie versprachen unter anderem, dem IWF und anderen internationalen Finanzinstitutionen genug Geld für die Unterstützung aller gefährdeten Länder zu geben (siehe Kommentar S. 483).

Der IWF nutzt nach wie vor seine konventionellen Kreditvergabemethoden, die an strenge Bedingungen gebunden sind. Beobachter merken jedoch an, dass selbst solche Darlehen schneller bewilligt werden und mit weniger Auflagen verbunden sind als früher. So gewährte der IWF etwa der Ukraine in der ersten Novemberwoche einen zweijährigen Kredit über 16,4 Milliarden Dollar. Ungarn bewilligte er Mittel in Höhe von 15,7 Milliarden Dollar mit einer Laufzeit von 17 Monaten. Ungarn erhöhte daraufhin den Leitzins auf 11,5 Prozent, um den Absturz seiner Währung zu verhindern. Die Regierung hat sich verpflichtet, die Bankenaufsicht zu verbessern, die Auslandsschulden abzubauen und seine öffentlichen Ausgaben zu reduzieren. Zusätzlich zum IWF-Kredit hat Ungarn auch Kredite von der EU über 8,1 Milliarden Dollar und von der Weltbank über 1,3 Milliarden Dollar erhalten.
Der IWF stimmte darüber hinaus einer Bürgschaft über 7,6 Milliarden Dollar für Pakistan zu, nachdem dort die Leitzinsen auf 15 Prozent zum Schutz vor weiterer Inflation angehoben wurden. Die Preissteigerungsrate beträgt dort derzeit fast 25 Prozent. Für Brasilien, Mexiko, Südkorea und Singapur wurden schnell abrufbare Kreditlinien von jeweils 30 Milliarden Dollar bereitgestellt.

Die globale Finanzkrise hat dem IWF neue Bedeutung zukommen lassen. Er gilt nicht nur als Hauptgeldgeber für krisengeschüttelte Länder. Darüber hinaus wollen die G20-Länder, dass er eine größere Rolle bei der Überwachung der Finanzstabilität der Länder spielt, und dass Schwellenländer wie China und Indien in IWF-Gremien mehr Einfluss bekommen.

China selbst kündigte im November ein riesiges Konjunkturprogramm in Höhe von 586 Milliarden Dollar an. Vorgesehen sind unter anderem zusätzliche Wohnungs- und Infrastrukturinvestitionen. Beobachter begrüßten den Plan, meinten aber, China müsse den Konsum im eigenen Land anregen, um seine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Export auszugleichen.

Dominique Strauss-Kahn, Generaldirektor des IWF, lobte Chinas Anstrengungen beim G20-Gipfel in Washington und sagte, zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums würde ein großes weltweites Anreizpaket von etwa zwei Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts benötigt. Dessen Wachstum wird für 2009 auf nur noch 2,2 Prozent veranschlagt – nach 3,7 Prozent in diesem Jahr.

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