Kenia

Ungewisse Zukunft

Am Ende war der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan erfolgreich: Nach langem Tauziehen verkündete er, dass sich die politischen Kontrahenten in Kenia geeinigt haben. Präsident Mwai Kibaki und Oppositionsführer Raila Odinga unterschrieben ein Abkommen, in dem sie sich verpflichteten, die Macht im Staat zu teilen. Doch wie dies aussehen könnte, ist offen. Die Krise in Kenia ist deshalb noch lange nicht beendet.

Die International Crisis Group (ICG) warnt vor neuer Gewalt durch die Milizen und Extremisten, die sich entlang ethnischer Linien formiert haben. Sie gehören den Kikuyu oder Kalenjin, Luo oder Luhya an und sind zum großen Teil seit Jahren schon verboten. Bei den jüngsten Übergriffen gegen die jeweils als Feind empfundene ethnische Gruppe bildeten sie jedoch die treibende Kraft. Sie heißen Mungiki Sekte, Kalenjin Warriors, Taliban oder Bagdad Boys und kontrollieren ganze Landstriche oder Slumviertel, teilweise mit Unterstützung von lokalen Würdenträgern, Politikern oder deren Verwandten. Die ICG glaubt, dass sie weiter auf Gewalt setzen und für den Fall, dass eine politische Einigung scheitert, neue Überfälle vorbereiten.

Auch die Menschenrechtorganisation Human Rights Watch (HRW) sieht pessimistisch in die Zukunft Kenias. Zwar begrüßt sie die Einigung zwischen Kibaki und Odinga. Gleichzeitig aber erhebt sie schwere Vorwürfe. In ihrem jüngsten Bericht schreibt die Organisation, dass die ethnisch motivierte Gewalt nach den umstrittenen Wahlen im Dezember 2007 politisch motiviert und akribisch geplant war. Verantwortlich seien lokale Entscheidungsträger, die Jugendliche zur Gewalt gegen andere angeleitet haben. Politiker – sowohl von der Regierungspartei als auch von der Opposition – sollen Hetzreden gehalten haben. Die Nationale Kommission für Menschenrechte in Kenia (KNCHR) bestätigt das. Ihr zufolge haben auch lokale Radiosender Hassparolen verbreitet – so wie Radio Mille Collines 1994 in Ruanda.

Seit Dezember 2007 wurden in Kenia etwa 1200 Menschen bei ethnisch motivierten Angriffen getötet. Bis zu 300 000 wurden vertrieben. Was mit ihnen geschieht, ist nach wie vor unklar. Viele können nicht zurück, weil ihre Häuser niedergebrannt wurden. Viele aber trauen sich auch nicht zurück. „Es ist gut zu sehen, dass sich unsere politischen Führer die Hände schütteln und zusammenarbeiten wollen“, sagt dazu ein Vertriebener in einem Interview mit der Nachrichtenagentur IRIN. Für ihn aber habe sich nichts geändert. Wie er zurückgehen und neben denjenigen leben könne, die ihm all dieses Leid angetan haben – das müsse man ihm vorher erst erklären. (sz)

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